Sich mit Ansage „abschießen“…(to)


Mit einer Tagesordnung, die den „Jugendschutz“ zum Schwerpunkt hatte, lud der Arbeitskreis Jugend & Soziales die Vertreter der Polizei, der Inseldisco „Kniepe“, der Öömrang Skuul, des Jugendamtes sowie Interessierte ein.

Strenge Kontrollen beim Einlass in die Disco...
Strenge Kontrollen beim Einlass in die Disco...

Hierbei galt das Hauptinteresse dem Dauerbrenner: Übertragung der Personensorgeberechtigung an jeweils eine dann „erziehungsbeauftragte Person“, zur Wahrnehmung der Erziehungsaufgaben im Rahmen der Aufsichtspflicht. Damit eng verbunden steht auch das Thema des Alkoholkonsums bei Minderjährigen.

Seit Anfang des Jahres wird die Erziehungsbeauftragung nach den Vorfällen auf der Nachbarinsel Föhr von den dortigen Veranstaltern und Gastronomen in Absprache mit Jugendamt und Polizei nicht mehr anerkannt.
Auf Amrum haben sich hingegen  Disco-Betreiber, Polizei und Jugendamt darauf geeinigt, auch weiterhin die Erziehungsbeauftragung zuzulassen. Es ist der Versuch, den Jugendlichen den Zutritt zu einem „beaufsichtigten“ Veranstaltungsort zu ermöglichen und so dem völlig unkontrollierten Alkoholkonsum entgegen zu wirken, so der Tenor.
Der Betreiber der Diskothek Kay Seesemann, schilderte den Anwesenden die derzeitige Handhabe an der Abendkasse ausführlich. Diese stellt sich zu der bisherigen, schon als scharf empfundenen Kontrolle, als noch kompromissloser dar. Die von den Eltern leider oft mit einer Blankounterschrift auf den Elternverfügungen entlassenen Minderjährigen, suchen sich erst unmittelbar vor dem Eintritt in die Halle eine unterschriftswillige Person über 18 Jahre. Hierbei ist es für die Jugendlichen augenscheinlich belanglos in wie weit diese volljährige Person überhaupt die vom Jugendschutzgesetz definierten Anforderungen erfüllt. Eben diese Verantwortung, die sich die erziehungsbeauftragte Person mit der eigenen Unterschrift aufbürdet, scheint für Viele gar nicht klar zu sein, resümiert Kay Seesemann. Wie anders ist es sonst zu erklären, dass zum Beispiel die Personen nach Hause gehen wollen, selber zum Teil schwer alkoholisiert sind, ohne dann auch ihre „Schützlinge“ mit aus der Veranstaltungshalle mitnehmen zu wollen.

Unschöne Begleiterscheinungen der Veranstaltung zum 1. Mai...
Unschöne Begleiterscheinungen der Veranstaltung zum 1. Mai...
„Hier wird nun akribisch darauf geachtet, dass in dem Moment auch die minderjährige Person die Veranstaltung verlässt. Bei einem früheren Vorfall zum Beispiel lag die erziehungsbeauftragte Person bereits tief schlafend im Bett, als der Minderjährige eine Schlägerei anzettelte. Die Mithilfe der Eltern ist besonders wichtig und erfordert die eigene Aufklärung und wohl auch die eine oder andere unliebsame Diskussion mit den Heranwachsenden. Dieses Thema wird mit dem nächsten Elternbrief der Öömrang Skuul an die Eltern detailliert dargestellt.
Die Tanzveranstaltung am Vortag des ersten Mai hat auch in diesem Jahr der Kniepsandhalle in Nebel eine große Schar von Besuchern beschert. Sicherlich waren die primären Ziele des Abends bei den 539 zahlenden Gästen in der „Kniepe“ verschiedenster Natur. So gab es Besucher, denen aufgrund des mitgeführten meist hochprozentigen Alkohols unterstellt werden dürfte, dass der übermäßige Alkoholkonsum sehr wichtig war. Andere hatten sich nicht die Mühe gemacht den Alkohol mitzuschleppen. Sie hatten ihn schon vorher konsumiert. Bei der Atemalkoholkontrolle am Einlass führte ein Jugendlicher den traurigen Rekord mit 2,17 Promille an und zeigte sich zudem noch uneinsichtig, als er abgewiesen wurde.

Netter Versuch...
Netter Versuch...
Rund 150 vornehmlich volljährige Personen waren zudem von Föhr angereist, um auf Amrum zu feiern. Hier zeigten sich die Polizeibeamten durch Insiderinformationen vorbereitet und zeigten durchgehende Präsenz bis zur Abfahrt der ersten Fähre nach Föhr. Schon vor Beginn des Einlasses trafen die Beamten unter anderem eine nicht mehr ansprechbare Person dieser Gruppe an. Zudem musste ein Föhrer mit dem Verdacht auf Schlüsselbeinbruch ins Krankenhaus eingeliefert werden. In den umliegenden Dünen wurden zum Schutze der Minderjährigen, die dort versteckten Unmassen an Alkoholvorräten durch die Polizei und den Betreiber sichergestellt. „Ganz abgeklärte Personen standen mit ihren Alkoholflaschen, in Umhängetaschen und Rucksäcken verstaut, an der Kasse. Die Empörung über die Konfiszierung vor dem Eintritt in den Tanzbereich war nicht zu überhören.
„Eben dieser Alkohol, der außerhalb der Discoräumlichkeit und ohne jegliche Altersgrenze verzehrt wird, bereitet uns enorme Probleme. Hier entwickeln sich speziell in der wärmeren Jahreszeit regelmäßig Nebenschauplätze, auf denen auch Jugendliche unter16 Jahren anzutreffen sind. Diese Bereiche können nicht von unserem Sicherheitspersonal aufgrund des weitläufigen Dünengeländes mit überwacht werden, allerdings werden nun am Einlass immer wieder Promillemessungen durchgeführt.“, so Seesemann.

Im Umfeld der Halle sichergestellt...
Im Umfeld der Halle sichergestellt...
Polizeihauptmeister Ralf Klein von der Polizeistation Nebel, der mit seinen Kollegen  regelmäßig die Discoveranstaltung auf seiner Nachtstreife am Wochenende anfährt und dort Präsenz zeigt, rät den Beteiligten, sprich Eltern, Jugendliche und Erziehungsbeauftragte, sich anhand des zur Verfügung stehenden Informationsmaterials des Jugendamtes eingehend zu informieren. Zumal die Volljährigen mit ihrer Unterschrift eine enorme Portion Verantwortung übernehmen, die die eigene erzieherische Kompetenz, ausreichende Nüchternheit und nötigenfalls auch die situationsbedingte Maßreglung des/der Schutzbefohlenen voraussetzt. Beispielsweise bei der Gestattung unerlaubten Konsums von hochprozentigem Alkohol, handelt der oder die Volljährige gesetzeswidrig. Aufsichtspflichtverletzungen können für den Verantwortlichen zivil- und strafrechtliche Folgen haben.
Wie schwerwiegend enthemmt die Besucher und Besucherinnen sich geben, wird am Ende der Veranstaltung überaus deutlich. Das Reinigungspersonal des Veranstalters, zu dem er auch persönlich gehört, trifft unangenehm zugerichtete Toilettenräume an, hier und da Erbrochenes und außerhalb der Halle Unmengen an achtlos hingeworfenen Müll und zerschmissenen Flaschen. Am vergangenen Freitag gesellte sich dann noch im erheblichen Maß Sachbeschädigungen an Werbeplakataufstellern des Veranstalters und den Plakatwänden eines Infostandes am Strandübergang dazu.
Unverständliche Zerstörungswut...
Unverständliche Zerstörungswut...
Verantwortlich für diesen Artikel: Thomas Oelers
Wichtige INFO:
Ausgehen ohne Eltern – dafür mit “erziehungsbeauftragter Person”
Wer oder was ist eine erziehungsbeauftragte Person?
Eine „erziehungsbeauftragte Person“ ist eine dritte Person, die durch die Zustimmung der Personensorgeberechtigten (i.d.R. Eltern; Ausnahme: Vormund/ Pfleger), die rechtliche und moralische Verantwortung gegenüber dem Kind oder Jugendlichen übertragen bekommt. Diese „erziehungsbeauftragte Person“ übernimmt für einen bestimmten Zeitraum stellvertretend für die /den Personensorgeberechtigten Erziehungsaufgaben im Rahmen der Aufsichtspflicht.
Wer darf erziehungsbeauftragte Person sein?
Grundsätzlich kann jeder „erziehungsbeauftragte Person“ werden, sobald bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind:
·      zwischen der „erziehungsbeauftragten Person„ und dem Kind/Jugendlichen besteht ein sogenanntes Autoritätsverhältnis;
·      die „erziehungsbeauftragte Person“ ist in der Lage, ihrem übertragenen Erziehungsauftrag und den damit verbundenen Aufsichtspflichten nachzukommen, d.h. den anvertrauten jungen Menschen zu leiten und zu lenken (z.B. Einhaltung der weiteren Jugendschutzbestimmungen);
·      Volljährigkeit der erziehungsbeauftragten Person;
·      Sie muss räumlich anwesend sein und jederzeit Einfluss auf das Verhalten des Kindes/Jugendlichen nehmen bzw. Gefahren abwehren können;
Mögliche erziehungsbeauftragte Personen können sein:
·      Lehrer, Erzieher, sonstige pädagogische Fachkräfte aus der Jugendarbeit;
·      Jugendleiter, Vereinsbetreuer;
·      Verwandte (volljährige Geschwister Großeltern, Tante…);
·      Freunde der Eltern;
·      Personen Ihres Vertrauens
·
Achtung: Nicht jeder kann als „erziehungsbeauftragte Person“ auftreten, davon betroffen ist:
·      (bloße) Freunde und Bekannte des/ der Minderjährigen;
·      Veranstalter/ Gastwirte;
·      Personen, die aufgrund ihres Verhaltens (z.B. Alkoholeinfluss) nicht mehr in der Lage sind ihren Erziehungsauftrag auszuführen;
Erziehungsbeauftragung zum Besuch der Disco bedeutet für:
Die Eltern:
·      die erziehungsbeauftragte Person sollte Ihnen persönlich bekannt sein und Ihr Vertrauen haben;
·      gerade 18jährige haben nach Ansicht des Jugendamtes häufig nicht die nötige Autorität
·      die Erziehungsbeauftragung erfolgt in schriftlicher Form;
·      keine Blankounterschriften vorab geben;
·      klare zeitliche Regelung und konkrete Vereinbarungen, auch zum Alkoholkonsum;
·      die Rückkehr nach der Veranstaltung muss gesichert sein;
·      keine „pauschalen“ Erziehungsbeauftragungen erteilen;
·      die Person muss reif genug und in der Lage sein, Ihrem Kind in jeder Situation verantwortungsvoll die notwendige Unterstützung anbieten zu können;
·      die Verantwortung für Ihr Kind liegt weiterhin auch bei Ihnen. Dies gilt insbesondere für Haftungsfragen
Die Jugendlichen:
·      die Eltern vertrauen Euch mit der Erziehungsbeauftragung
·      die erziehungsbeauftragte Person muss Euren Eltern bekannt sein. Ihr müsst den Vordruck mit der Unterschrift der Eltern und des Erziehungsbeauftragten dabei haben. Es kann zusätzlich eine Kopie des Ausweises der Eltern verlangt werden.
·      gefälschte Unterschriften lassen einen beim Einlass ziemlich blöd aussehen, außerdem ist dies eine Straftat (§ 267 StGB Urkundenfälschung, § 281 StGB Missbrauch von Ausweispapieren)
·      wenn der Erziehungsbeauftragte die Disco verlässt, ist der Abend für Euch ebenfalls zu Ende
·      die Erziehungsbeauftragung kann nicht an eine andere Person weitergegeben werden
Die Erziehungsbeauftragte:
·      Sie müssen volljährig sein
·      Die Eltern des Jugendlichen kennen Sie und vertrauen Ihnen.
·      Übernehmen Sie nicht leichtfertig vor der Disco eine sogenannte Erziehungsbeauftragung ohne persönlichen Kontakt mit den Eltern.
·      Sie tragen an dem Abend die Verantwortung für den Jugendlichen: Rauchen ist für Jugendliche grundsätzlich tabu. Bier, Wein und Sekt sind erst ab 16 Jahren erlaubt. Verhindern Sie übermäßigen Alkoholkonsum.
·      Die Verantwortung für einen Jugendlichen schließt den eigenen übermäßigen Alkoholkonsum aus.
·      Wenn Sie die Disco verlassen, muss der Jugendliche mit. Sie können die Erziehungsbeauftragung nicht an andere Personen weitergeben.
·      Sollte der Jugendliche zu Schaden kommen können Sie mit haftbar gemacht werden.
Die Veranstalter/ Gewerbetreibende:
·      Berechtigung und/oder Pflicht die Erziehungsbeauftragung in Zweifelsfällen nachzuprüfen ggf. telefonisch bei den Eltern;
·      kein Zutritt gestatten, wenn die erziehungsbeauftragte Person aufgrund ihres Verhaltens (z.B. Alkoholisierung) nicht in der Lage ist, ihrem Erziehungsauftrag nachzukommen;
·      keine Erziehungsbeauftragungen selbst übernehmen, aufgrund eines möglichen Interessenskonflikts;
Infoflyer unter: http://bag-jugendschutz.de/PDF/baj-EJ-dt.pdf
oder
Kreis Nordfriesland
Amt für Jugend und Soziales
Ulrike Fetköter
04671-9192135
ulrike.fetkoeter@nordfriesland.de
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Über Peter Lückel

Peter Lückel wurde 1961 in Duisburg geboren und ist in Mülheim an der Ruhr und Essen-Kettwig aufgewachsen. Seine Affinität zum Wasser hat ihn schon immer an das Meer gezogen. 1983 konnte er dem Sog nicht mehr widerstehen und ist sozusagen nach Amrum ausgewandert. Heute arbeitet er als freier Grafiker auf der Insel, ist verheiratet und hat 2 Kinder. Im Jahr 2000 hat er Amrum-News mit gegründet und ist dort Chefredakteur.

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3 comments

  1. Leute,
    feiert friedlich,und trinkt nicht zuviel.Macht nichts kaputt,zertrampelt nicht die Dünen und werft euren Müll in die Papierkörbe….
    Am 13.7.1991 ging das doch auch ( ganz gut ) ;-)))

  2. katja hoffmann

    …mal ganz im ernst …ich werd mir das wohl das nächste mal genauer anschauen…seit wann laufen diese alkoholkontrollen???und sorry früher war auch nicht immer alles so harmlos 😉 ich kann mich da noch an so manche feiern erinnern…aber wo kriegen die jugendlichen denn den alk her ..wie wirken die amrumer geschäftsleute da gegen an ???oflmals verstehe ich aber auch nicht die eltern!!!was haben teilweise schon 14/15 jährige auf so ner veranstalltung zu suchen ..also zu meiner zeit gabs das nicht da war ich dann auch gegen23.00 h spätestens zuhause( in dem alter jedenfalls !!! ;)aber so wirklich viel wird den jugendlichen ja auch leider nicht geboten auf amrum…also ich bin auf jedenfall mit viel interesse wieder dabei…in der disse..mit erlaubnis meiner tochter;) und meiner eltern ;)) viel spass beim feiern und hände weg vom alkohol;)

  3. Jugendschutz? Wer schütz das Umfeld? Ist man auf Amrum endlich in der Realität angekommen?

    Die oben beschriebenen Probleme mit alkoholisierten Jugendlichen, deren Trinkgewohnheiten zu einem Mittel der Selbstverwirklichung und -Darstellung aufgestiegen sind, sind in deutschen Großstädten schon lange bekannt. Sehr erstaunt bin ich über die Auslegung des Jugendschutzes und die Möglichkeit der Übertragung von “Erziehungsauftrag” zum Zwecke eines Diskobesuches! Diese Form der Weiterreichung von Verantwortung war wohl ursprünglich für wirklich sinnvolle Angelegenheiten vorgesehen, oder? Die Anwendung des Jugendschutzgesetzes ist leider nicht länderübergreifend geregelt, sodaß das Judgendamt des Kreises NF hier sehr viel Spielraum hat.
    Wir leben in einer westdeutschen Großstadt, hier werden Jugendliche unter 18 Jahren, auch wenn sie in Begleitung ihrer Eltern in der Disko sind, nach 24 h freundlich aber bestimmt veranlasst, die Räumlichkeiten zu verlassen. Nach 22 h haben alleinreisende Jugendliche überhaupt keinen Einlass mehr. Die Kontrolle erfolgt über die “Aufbewahrung” des Ausweises am Eingang, bis zu den Grenz-Uhrzeiten nicht abgeholte Personalpapiere von Minderjährigen werden durch öffentlichen Ausruf in den Räumen der Diskothek als “abholbereit” angesagt. Diese Nummer finden Pubertierende i.d.R. “megapeinlich”. Bei Nichteinhaltung dieser Regeln aus dem Jugendschutz droht Betreibern nicht selten die Stilllegung der Veranstaltung, was je nach Ausmaß auch schon mal den nächsten Tag betreffen kann.

    Die Gepflogenheiten im Umfeld von Veranstaltungsorten sind hier ähnlich wie auf Amrum, jedoch werden Betreiber hier von den Ordnungämtern stärker in die Pflicht genommen, ebenso wie der Betreiber eines Jahrmarktes hinterher für ein sauberes Umfeld verantwortlich ist, sprich: Die Stadtwerke reinigen, der Betreiber beteiligt sich an den Kosten. Die behördenrechtliche Genehmigung einer Diskothek fällt doch wohl in den Sachbereich der Gemeinde/Stadt, oder?
    Es ist beruhigend zu wissen, daß auch in einer Inselgemeinde, die zusammen mit anderen keine Gelegenheit auslässt, ein “Friede, Freude, Eierkuchen”-Image zu touristischen Zwecken zu transportieren, die Realität angekommen ist.

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