Offener Brief vom ehemaligen Amtsvorsteher Peter Martinen


Peter Martinen

Liebe Amrumerinnen, liebe Amrumer,

sind 100 Jahre Trennung genug?
Im Jahre 1912 wurde die „Kolonie Wittdün“ in die Selbständigkeit entlassen, weil der Christliche Gemeinderat der Insel Amrum das „sündige Treiben“ nicht weiter mit verantworten wollte. Es fanden dort am heiligen Sonntag Tanzveranstaltungen statt.
Im Jahre 1925 erstritten sich die Norddorfer die Selbständigkeit wegen eines Steuerstreites. Die Grundsteuer B wurde gegen den Willen der Gemeindevertreter aus Norddorf beschlossen. Diese konnten wegen eines starken Schneetreibens an der besagten Sitzung nicht teilnehmen.
Können das heute noch die Gründe sein gegen ein Zusammengehen der Gemeinden der Insel Amrum?
Ich meine nein.
Wenn auch manche Entwicklung auf der Insel in den Gemeinden unterschiedlich gesehen wurde.
Die 1968 verantwortlichen Gemeindevertreter schafften zur Sicherung des damaligen Aufbauzuges (Mittelschule) die Dörfergemeinschaftsschule „Amrum“. Damit verbunden war auch bei einigen Gemeindevertretern der Gedanke an eine Rückkehr zur Inselgemeinde Amrum. Optimisten glaubten damals, dass es eine Generation (25 Jahre) dauern könnte.  Sie waren wohl zu optimistisch.
Der Tourismus erforderte schon vor über 30 Jahren den gemeinsamen Wohnungsanzeiger für ganz Amrum. Auch bei einem hohen Anteil an Stammgästen braucht die Insel Amrum jedes Jahr neue Gäste, die den Urlaub auf der „Perle der Nordsee“ verbringen wollen. Nur gemeinsam hat die Insel Amrum im Konzert der Anbieter die Möglichkeit neue Gäste für die Insel anzuwerben.
Wir haben zum Beispiel die St. Clemens Kirchengemeinde Amrum, den TSV Amrum, den Hegering Amrum, den Amrumer Yachtclub, den Amrumer Mühlenverein und den Öömreng Ferian.
Wäre es da nicht an der Zeit auch über eine Gemeinde Amrum verstärkt nachzudenken? Die Kommunalwahl 2013 könnte ein guter Zeitpunkt sein für eine Gemeinde Amrum mit den Orten Norddorf, Nebel, Süddorf, Steenodde und Wittdün. Eine kluge Wahlkreiseinteilung würde die Beteiligung der ganzen Insel an den notwendigen Entscheidungen für die Insel Amrum sicherstellen. Auch die Bildung von Ortsbeiräten könnte hilfreich sein.  Dann könnten die „Anstalten öffentlichen Rechts“ (AöR)  aufgelöst und die Verantwortung wieder bei der Gemeindevertretung Amrum angesiedelt werden. Von den Bürgerinnen und Bürgern direkt gewählte Gemeindevertreter tragen dann wieder die Entscheidungen für die gesamte Insel Amrum.
Freundliche Grüße
Peter Martinen
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Über Peter Lückel

Peter Lückel wurde 1961 in Duisburg geboren und ist in Mülheim an der Ruhr und Essen-Kettwig aufgewachsen. Seine Affinität zum Wasser hat ihn schon immer an das Meer gezogen. 1983 konnte er dem Sog nicht mehr widerstehen und ist sozusagen nach Amrum ausgewandert. Heute arbeitet er als freier Grafiker auf der Insel, ist verheiratet und hat 2 Kinder. Im Jahr 2000 hat er Amrum-News mit gegründet und ist dort Chefredakteur.

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7 comments

  1. Selten war ich während meier kommunalpolitischen Arbeit auf Amrum mit Peter Martinen einer Meinung. Diesem Artikel kann ich nur mit voller Überzeugung zustimmen. Als SPD Mitglied machen wir uns schon jahrelang für eine Gemeinde Amrum stark. Wir wollen Amrum nicht gleich machen. Der Unterschied der Dörfer macht doch die Liebenswürdigkeit unserer Insel aus, jeder Ort hat
    seinen eigenen Reiz. Im Werben nach außen ist es unwichtig welcher Gast Nebel Norddorf Steenodde Süddorf oder Wittdün
    bevorzugt. Gerade die Touristen verstehen nicht, das es bei gut 2ooo Einwohnern noch drei eigenständige Gemeinden gibt.
    Sie fahren nach Amrum, Ich hoffe Peter Martinens Artikel löst bei den Insulanern eine große Diskussion aus. Wir sollten uns von kompetenten Menschen die Vorteile und eventuell auch die Nachteile erklären lassen und mit Sachlichkeit darüber nachdenken.

    Danke an Peter Martinen

  2. Dieter Janssen

    Als Eigentümer einer Wohnung auf Amrum bin ich sehr
    überrascht und erfreut, daß dieses heiße Eisen von einem
    Kenner der Amrum-Szene angefasst wird. Es ist mehr als
    nötig, daß sich Amrum als eine Einheit präsentiert und nicht
    jede Gemeinde ihr eigenes “Süppchen” kocht. Um alle
    Synergie-Möglichkeiten zu nutzen, muss allerdings Wittdün
    vorher das defizitäre Schwimmbad aus dem Haushalt
    durch Schliessung oder Veräußerung entfernen. Wie es
    jetzt läuft, wird Wittdün immer mehr zum Ort der An- und
    Abfahrt und zum Einkaufszentrum. Bei einem Gesamtkonzept
    müsste man als erstes eine Strandlösung für Wittdün ent-
    wickeln, die dazu beiträgt, daß die Wittdüner Gäste tagsüber
    vor Ort bleiben. Der jetzige Strand mit DLRG – Aufsicht usw.
    bietet viel zu wenig.
    Dank an Herrn Martinen.

  3. Schade, dass Peter Martinen seine lange Amtszeit nicht selber genutzt hat, diesen schon immer guten Gedanken auf den Weg zum Ziel zu bringen. Gelegenheiten dazu gab es doch genug. Aber nun wird’s wirklich Zeit. Finanznot der Gemeinden, riesiger Investitionsstau, Neuanfang zu einer professionellen, erfolgsorientierten AmtumTouristik, Zusammenführung aller Wirtschaftsbetriebe, das sind nur einige der brennenden Amrumer Probleme. Nur wenn die Insel mit einer Stimme spricht, wird sie dafür von außen die nötige Hilfe bekommen. Darum müssen wir unsere Kräfte bündeln, denn nur gemeinsam sind wir Kleinen stark. Gemeinsam müssen wir auch nach geeigneten Wegen suchen. Jetzt geht es nicht mehr um das “ob”, sondern um das “wie”.

  4. Schon längst überfällig,diese Entscheidung.
    Es wird Zeit ,liebe Amrumer.

    Viele Grüße aus der Ferne.
    Raimund Beerwerth

  5. Es kommt wieder Bewegung in die Sache. Als Gast, der nun viele Jahre nach Amrum kommt, war es für mich nicht nachvollziehbar, das ein kleines, schönes Eiland nicht mit einer Stimme nach außen spricht. Aber man sollte sich nichts vormachen: Was nur zwischen den Zeilen steht, heißt, dass es statt drei nur noch eine Gemeindevertretung mit Bürgermeister/Vorsteher gäbe. Es geht auch um Posten, die besetzt werden/sein wollen. Aber wie schon angemerkt worden ist: Vor- und Nachteile sorgfältig abwägen und bereit sein auch zum Verzicht. Ob das einzige Schwimmbad nun dazugehört, sei dahingestellt. Aber es gehört dazu. Gutes Gelingen bei diesem Vorhaben, es wird schwierig genug.

  6. Chapeau Petje,
    dem ist nichts hinzuzufügen. Schade nur, dass diese Auffassung meist nur von Gästen und Außenstehenden vertreten wird. Eben die, die über den „Tellerrand hinausblicken“. Aber die Befürworter mehren sich, vermutlich auch auf Amrum. Es findet eben ein Generationenwechsel statt, der hoffentlich weiter in die korrekte Richtung tendiert. Denn jeder Wahlberechtigte Befürworter muss sich doch fragen: Wer hat denn den Verantwortlichen die Stimme gegeben, die eine Realisierung der politischen Vereinigung der drei Gemeinden bislang erfolgreich zu boykottieren wussten? Auch ich sehe bei der nächsten Kommunalwahl für Amrum die Riesenchance, sich politisch neu zu strukturieren und somit durch gebündelte Stärke der touristischen Konkurrenz zukunftsorientierter und wirtschaftlicher zu begegnen. Am Ende würden Besucher und Insulaner gleichermaßen profitieren.
    Ralf Klein, Gemeinde Wittdün

  7. Hallo zusammen,
    mit Interesse habe ich als Amrumurlauber den Artikel und die Kommentare gelesen und möchte hier ein paar Anmerkungen aus Bayern machen.
    Bei uns gab es 1974 eine gesetzliche Gebietsreform, in der kleine Gemeinden zwangszusammengeführt wurden. Wir haben also hier einen Erfahrungshorizont von rd. 36 Jahren.
    Es hat sich gezeigt, dass
    1. Viele Gemeinden vor dem Zusammenschluss nochmals kräftig auf Pump investiert haben (Hallen, Sportplätze, Gemeinschaftshäuser, Schwimmbäder etc.) nach dem Motto, was wir haben haben wir und die Schulden zahlen die anderen mit.
    2. Auch heute noch bei den freiwilligen Leistungen und den Investitionen, die aus der freien Spanne bezahlt werden können, die kleineren Ortsteile untergebuttert werden, weil sie halt nicht so viele Gemeindevertreter stellen, die ihre Interessen mangels Mehrheit durchsetzen können. Ein Beispiel aus unserer Gegend: Nächstes Wochenende findet hier in einem “Doppelort” am Main ein Bürgerentscheid über den Erhalt einer kommunalen Flussfähre statt. Investitionssummer ca. o,8 Mio. Euro. Die eine Gemeinde liegt am Fluss und hat Interesse am Erhalt (auch aus wirtschaftlichen Gründen) und stellt 40% der Wahlberechtigten, die größere Gemeinde liegt im Hinterland und setzt natürlich andere finanzielle Prioritäten: Der Ausgang des Bürgerentscheides dürfte wohl zu keiner Überraschung führen.
    Summa summarum: Zusammenschlüsse sind prinzipiell gut, aber man braucht dazu unbedingt die Gewissheit, unabhängige Kommunalpolitiker zu bekommen, die nach objektiven Gesichtspunkten entscheiden und nicht nur das subjektive Interesse ihres Ortsteiles (und wohl auch ihrer örtlichen Wähler) zu vertreten, sonst geht der Schuss nach hinten los.
    Beste Grüsse aus dem Süden.

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