Das Spielzeug ist im Urlaub…(sk)


Wie spielen die Kinder im Kindergarten Flenerk jongen in der spielzeugfreien Zeit? Und womit?

Viel Platz für die Flenerk jongen - Schmetterlingskinder
Viel Platz für die Flenerk jongen - Schmetterlingskinder

Eine Zweijährige beantwortet diese Frage ganz selbstverständlich mit: „Wir rollen!“ Und tatsächlich sind die Kinder vor allem in Bewegung. Sie rollen, klettern und springen. Für Eltern und Besucher bietet sich ein ungewohnter Anblick: Tische,  Stühle und leere Schränke sind umfunktioniert zu  Klettergerüsten und Turngeräten. So werden die Kindergartenräume zu Bewegungsbaustellen.

Das Konzept des dreimonatigen Projekts scheint aufzugehen. In der zweiten Woche ganz ohne Spielzeug ist den Kindern überhaupt nicht langweilig. Das Gegenteil scheint der Fall. Sie entdecken neue Spiel- und Bewegungsmöglichkeiten und erobern den Raum neu. Als ein Beitrag zur Suchtprävention sollen die Kinder in der spielzeugfreien Zeit angeregt werden, eigene Spielideen zu entwickeln und ihre Phantasie einzusetzen. Wichtige Lebenskompetenzen entwickeln sich, wenn Kinder ihre Möglichkeiten und Grenzen erproben und auch mal Frustrationen ertragen müssen.

Dazu ist es notwendig, dass die Erzieherinnen sich deutlich zurückhalten und den Kindern „Spielraum“ für ihre eigenen Initiativen geben. Anfangs fanden die Erzieherinnen diese neue Rolle ungewohnt und schwierig: „Wir sind irgendwie noch ständig in Hab-Acht-Stellung. Mehr Bewegung bringt auch mehr Zusammenstöße und Unfallgefahr mit sich.“

Auch die Kleinsten sind ohne Spielzeug glücklich...
Auch die Kleinsten sind ohne Spielzeug glücklich...

Aber da die Kinder immer sicherer und vorsichtiger werden, können die Erzieherinnen sich Zeit nehmen für Beobachtungen. Dabei stellen sie fest, dass die Kinder deutlich mehr miteinander kommunizieren. Sie sprechen sich ab, wer zuerst auf den Tisch klettern darf, wie sie die Tische anordnen wollen und ob der Nebenraum heute die Räuberhöhle oder das Schlafzimmer ist. Auch das soziale Verhalten scheint sich zu verändern. Kinder, die wenig miteinander zu tun hatten, spielen jetzt ganz intensiv zusammen.

 

„Und wir üben uns darin, nicht immer die Ideen vorzugeben und neue Vorschläge zu machen. Gegenseitig ermahnen wir uns, den Kindern die Entscheidungen zu überlassen,“ berichtet eine Erzieherin.  Das Team hatte sich intensiv auf das Projekt vorbereitet und die einzelnen Schritte geplant. Die Eltern wurden schon im September informiert. Das Ausräumen des Spielzeugs erfolgte gemeinsam mit den Kindern. In den ersten zwei Wochen durften die Kinder täglich entscheiden, welches Spielzeug zuerst in Urlaub geschickt wurde.

Abstimmung Was machen wir morgen
Abstimmung Was machen wir morgen

Die spielzeugfreie Zeit ist so auch eine Übung in Mitbestimmung und Demokratie. Jeden Tag im Morgenkreis wird diskutiert, was passieren soll. Abgestimmt wird z.B. mit Papierstreifen. Wer drinnen bleiben möchte, legt seinen Papierstreifen zu dem Hausschuh. Wer draußen spielen möchte, wählt die blaue Kerze. Die Mehrheit entscheidet sich für drinnen, obwohl die Erzieherin lieber nach draußen möchte…

In einer anderen Gruppe zeigen die Kinder ihre wachsende Selbstständigkeit: sie organisieren den Morgenkreis in Eigenregie.  Jeden Tag hat ein anderes Kind die Gesprächsleitung und die Erzieherinnen dürfen nur am Rand zuschauen.

 

Am Ende des Vormittags, bevor die Eltern sie abholen, besprechen die Kinder, was ihnen gut gefallen hat an diesem Tag ohne Spielzeug. Gar nicht so leicht, seine eigenen Gefühle und Bedürfnisse in Worte zu fassen. Aber den meisten gelingt es. „Wir sind zusammen auf die Matte gesprungen, das fand ich gut.“

Noch bis Weihnachten flattern die Schmetterlingskinder durch ihren spielzeugfreien Kindergarten und ab Januar kommt das Spielzeug dann Stück für Stück aus dem Urlaub zurück…

Verantwortlich für diesen Artikel: Susanne Kühn

 

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Über Peter Lückel

Peter Lückel wurde 1961 in Duisburg geboren und ist in Mülheim an der Ruhr und Essen-Kettwig aufgewachsen. Seine Affinität zum Wasser hat ihn schon immer an das Meer gezogen. 1983 konnte er dem Sog nicht mehr widerstehen und ist sozusagen nach Amrum ausgewandert. Heute arbeitet er als freier Grafiker auf der Insel, ist verheiratet und hat 2 Kinder. Im Jahr 2000 hat er Amrum-News mit gegründet und ist dort Chefredakteur.

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