One-Way-Ticket nach Amrum – Asta Isemann erzählt…(st)


Unsere neue Kollegin Sabine Streitel wird unsere Rubrik “Insulaner” mit neuem Leben füllen. Berichte über junge- und alte Amrumer, gebürtige- und Neuamrumer – einfach über Menschen mit ihrer ganz persönlichen Amrumgeschichte. Für das erste Gespräch besuchte sie Asta Isemann in Wittdün.

Peter Lückel, Chefredakteur Amrum-News

„Es war kurz nach dem Krieg und mein Mann arbeitete als Radiomonteur in einem kleinen Ort bei Flensburg als er das Angebot bekam nach Amrum zu gehen.

Asta Isemann
Asta Isemann

Beruflich! Ein Jobangebot war in dieser Zeit unvorstellbar. Mein Mann hatte dazu eigentlich nur eine Frage: „Amrum, wo ist dieses Amrum?“ Das ist jetzt 66 Jahre her. 

Ich bin Norwegerin, ich komme aus Stavanger. Dort lernten der damalige Oberleutnant Günter Isemann und ich uns auch kennen. Wenig später verschlug es uns nach Goldebeck. Das muss man auch heute noch nicht kennen. Dort gab es aber dieses kleine Elektrogeschäft, bei dem Günter Stammkunde war. Der Inhaber sprach meinen Mann eines Tages an und bot ihm die Leitung seiner Werkstatt auf Amrum an. Günter überlegte nicht lange. Ich blieb noch mit unserem Erstgeborenen Gunnar in Goldebeck. Günter bezog also erst einmal alleine eine kleine Bude bei Familie Götze in der Strandstrasse in Wittdün. Die Hauptstrasse sah damals schon fast so aus wie heute. Obwohl es zu der Zeit noch keine Restaurants oder ähnliches gab. Es gab ein kleines Milchgeschäft von Herrn und Frau Braasch. 
Wir haben seitdem immer nur in Wittdün gelebt. Bis heute. Günters Zimmer hatte damals weder Strom noch fließend Wasser. Kaum zu glauben, dass wir darin später zu dritt zwei Jahre leben sollten. Ende 1948 kam ich dann endgültig zu ihm auf die Insel – und bin hier geblieben.

Damals waren wir beide, Günter und ich, Ende 20. Heute bin ich über 90 Jahre alt und lebe hier mit meinen zwei Söhnen, meinen vier Enkel- und sechs Urenkelkindern. Alle leben auf Amrum. Was sagen Sie dazu?

 

Asta und Günter Isemann auf dem Weg zur Hochzeit des damaligen Schulleiters im Jahr 1959 vor ihrem Haus in Wittdün
Asta und Günter Isemann auf dem Weg zur Hochzeit des damaligen Schulleiters im Jahr 1959 vor ihrem Haus in Wittdün


Unser erstes Grundstück in Wittdün bezahlten wir mit Lampen für das Hotel „Vier Jahreszeiten“. 600 Quadratmeter Baugrund. Der Schwiegersohn von Karl Quedens, Hermann Hartmann, hatte es uns überraschend angeboten. Aber es war das Jahr 1949 und an Bauen war nicht zu denken. Wenn man als Familie fünf Mark am Tag zum Leben hatte, war das viel. 


Glühbirnen, Kupplungen, Schrott und Stecker – Günter investierte alles Geld, das vom Lohn dann doch noch übrig blieb in Ware für seinen ersten eigenen kleinen Laden. Das Geschäft lief gut. Gut genug, um im Jahr 1953 doch noch zu bauen. Wenig später stand ich an der Mischmaschine und goss Wasser, Zement und Sand zusammen. Günter klopfte daraus die Ziegel. Zu der Zeit konnte man noch bauen fast ohne Geld. 5000 Mark für den Keller. Alle halfen mit. Ein Freund hob uns den Keller aus. Ja, das waren andere Zeiten. Uwe Martinen tischlerte uns als Gesellenstück die Eingangstür – für 200 Mark. Sie sieht heute noch ganz gut aus. Das war auch so ziemlich das Einzige, was fertig war, als wir Ende August desselben Jahres einzogen. Unser zweiter Sohn Per war da gerade einmal drei Jahre alt. 
Tja, das ist unsere kleine Amrumgeschichte.“

Verantwortlich für diesen Artikel: Sabine Streitel

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Über Peter Lückel

Peter Lückel wurde 1961 in Duisburg geboren und ist in Mülheim an der Ruhr und Essen-Kettwig aufgewachsen. Seine Affinität zum Wasser hat ihn schon immer an das Meer gezogen. 1983 konnte er dem Sog nicht mehr widerstehen und ist sozusagen nach Amrum ausgewandert. Heute arbeitet er als freier Grafiker auf der Insel, ist verheiratet und hat 2 Kinder. Im Jahr 2000 hat er Amrum-News mit gegründet und ist dort Chefredakteur.

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One comment

  1. Liebe Frau Isemann!
    Diese köstliche kurze Geschichte scheint viele kurze Fortsetzungen zu haben, es wirkt wie ein kleines Kapitel.
    Hören wir noch mehr davon?
    Ihre Familien Annies und Bremer (die Schwestern)

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