Meter für Meter frisst sich die Nordsee durch die Amrumer Dünen…(to)


 

Die häufigen Stürme in diesem Herbst und Winter haben ganze Arbeit geleistet und zeigen derzeit überdeutlich auf, dass die dynamische Sandküste Amrums „nichts“ mehr hinzuzusetzen hat.

Beachtliches Stück verloren gegangen...
Beachtliches Stück verloren gegangen...

Überdeutlich sind die enormen Sandverluste an der gesamten Westküste zu beobachten. Durch die enorme Abflachung des natürlichen Bollwerks, dem Kniepsand, können die nagenden Fluten immer weiter an die schützenden Dünen heranlaufen und dort die, den Dünenfuß sichernden, Sandpuffer abräumen. Dokumentiert werden diese Abträge zum Beispiel durch schon lange versandete Fragmente der alten Inselbahntrasse auf dem Kniepsand, die Ende Dezember während einer nur „leichten“ Sturmflut freigelegt wurden.

Der Norddorfer Jan Ruth, der selbst langjähriges Mitglied im Gemeinderat war, prangerte nun öffentlich die bedrohliche Situation im Bereich westlich des Schullandheimes „Ban Horn“ an und forderte Norddorfs Bürgermeister Peter Koßmann zum Handeln auf. „Dort hat die Dünenkette bereits einen Abtrag erfahren, der die Gefahr birgt, dass auch noch der Rest der schützenden Düne zum Spielball der Naturgewalten wird“, zeigt sich Ruth besorgt. „Durch den noch südwestlich gelegenen Ausläufer des Kniepsandes erfahren die herandonnernden Fluten regelrecht eine Richtungsweisung, sodass an dieser Stelle der Strom bis an die Dünen heranläuft und den Bereich stark auskolkt. Jede Flut, die über dem mittleren Hochwasser liegt und von Sturm begleitet wird, reißt derzeit Meter für Meter Stranddüne in die Tiefe“, zeigt Ruth bei einem Ortstermin auf. Zu diesem hatte Bürgermeister Koßmann auch Norbert Gades vom Amt Föhr-Amrum hinzugebeten. Letzterer organisiert die Finanzmittel, die für den alljährlich durchgeführten biotechnischen Küstenschutz eingesetzt werden.

Beängstigender Anblick...
Beängstigender Anblick...

In Anbetracht der sich wahrlich schauerlich darstellenden Abbruchsituation an der Dünenkette vor dem Landschulheim „Ban Horn“ waren sich Koßmann, Ruth und Gades einig, dass hier Handlungsbedarf besteht. Im Juni 2010 hatten sie an dieser Stelle unter anderen mit dem für Küstenschutz zuständigen Ministerialdirigenten Dietmar Wienholdt, MLUR gestanden. Im Frühjahr 2010 hatten Stürme ein ähnliches Szenario bereitet. Während der turnusmäßigen Deichschau im Juni wurde dieser Stelle dann besondere Beachtung geschenkt. Abwägungen der Küstenschutzexperten sahen weitere Maßnahmen des Sandfangs für den Aufbau eines sicheren Puffers vor den Dünen als sinnvollste Maßnahme an. Einen halben Kilometer weiter nördlich zeigte sich das Setzen von Buschfangzäunen als geeignete Maßnahme um einen optimalen Aufbau durch Sandfangmaßnahmen zu erzielen, fühlte sich Wienholdt bestätigt. Heute ist von den Sandpuffern vor „Ban Horn“ nichts mehr zu sehen und die Düne vor dem Landschulheim hat deutlich an Substanz verloren, beweisen Vergleichsbilder.

Gades, Ruth und Koßmann an der Abbruchkante, Buhnen kommen wieder zu Tage...
Gades, Ruth und Koßmann an der Abbruchkante, Buhnen kommen wieder zu Tage...

Es ist für Ruth offensichtlich, dass die Maßnahmen des biotechnischen Küstenschutzes und die immer wieder gelobten „Selbstheilungskräfte“ derzeit nicht ausreichen, um einen Durchbruch der Nordsee sicher zu verhindern. „Eine richtige hohe Sturmflut haben wir glücklicherweise schon lange nicht mehr gehabt, doch darauf dürfen wir uns nicht ausruhen. Wenn die Dünenbarriere durchbrochen ist, hat die Nordsee freien Zugang, um die tiefer gelegene Norddorfer Marsch und die angrenzenden Häuser zu überfluten“.

Eine ähnliche Maßnahme, wie sie die Deutsche Bank vor ihrer Immobilie „Kliffende“ auf Sylt 1990/91 durchführen ließ, könnte sich Jan Ruth auch für die Küste vor „Ban Horn“ gut vorstellen. Sandvorspülungen  hatten das Haus in Kampen nicht davor schützen können, dass es plötzlich an der Abbruchkante stand. Mit großen Geotextilsäcken wurde die Abbruchkante auf Kosten des Hauseigentümers am Strandsockel verbaut. Ob sich solch eine Maßnahme auch auf Amrum als sinnvoll darstellen könnte, wird sicherlich nicht zuletzt an der Frage nach der Finanzierung dieser Maßnahme gemessen werden müssen. Erfahrungen auf Sylt zeigen auf, dass es ohne eine Übersandung und Bepflanzung und dem speziellen Fall ohne Sandvorspülung anscheinend nicht nur Vorteile gibt. Erst im Januar 2012 wurden die Geotextilsäcke vor dem Kliffende total freigespült. Im Küstenfachplan Sylt ist gar zu lesen, dass es ohne eine Übersandung der Barriere zu einer regelrechten Ausräumung des vorgelagerten Strandes kommt.

Pendelverkerhr...
Pendelverkerhr...

Als Beobachter der Geschehnisse am Strand zeit seines Lebens, weiß Naturschutzbeauftragter Georg Quedens, dass es nördlich des Strandübergangs in Norddorf derzeit nicht gut aussieht. Speziell westlich von “Ban Horn” ist der Sandabtrag beängstigend. Es wandert zwar ein gewaltiger Kniephaken auf diese abgeflachte Stelle von Südwesten heran, erklärt Quedens, doch wie viele Jahre das noch genau dauern wird, bis der gefährdete Küstenabschnitt wieder Schutz bekommt, weiß auch er nicht. Was er allerdings als Unfug abtut, ist der Vorschlag eines leitenden Mitarbeiters des LKN, der die Abfuhr der Dünen auf dem Kniepsand in Höhe des Quermarkenfeuers vorschlug, um mit diesem Sand den gefährdeten Bereich zu schützen. Mit dieser Einschätzung liegt er gleichauf mit dem Vorsitzenden des Öömrang Ferians Jens Quedens. Der Verein ist auf Amrum für den Dünenschutz verantwortlich. „Solch eine Maßnahme würde nur zu einer Zeit einen Nutzen erzielen, wenn sich der abgelagerte Sand auch verfestigen könnte, bevor die Fluten wieder daran nagen. Ansonsten würden die Wellen den losen Sand schneller abtragen, als das Er dort hingefahren würde. Also käme nur der Sommer in Frage. In Anbetracht der dann laufenden Saison wäre das unvorstellbar, wenn die Boliden mehrere Kilometer weit über den Strand Tausende von Fuder transportieren müssten“, erklärte Quedens.

Sandladung für Sandladung werden herangefahren...
Sandladung für Sandladung werden herangefahren...

Die Mitarbeiter des Außendienstes der AmrumTouristik Norddorf und des Landesbetrieb Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz (LKN) nutzten die zu räumenden Sandmassen, die im Herbst und Winter den Parkplatz am Strandübergang komplett übersandeten und nun abgefahren werden mussten, um dem gebeutelten Dünenfuß wenigstens ein wenig Polster zu verschaffen. „An zwei Tagen fuhren die Trecker im Pendelverkehr“ erklärte Bürgermeister Koßmann. „Es müssen schnell weitere Sicherungsmaßnahmen erfolgen um Schlimmeres zu verhindern. Diesbezüglich habe ich mit Ministerialdirigenten Dietmar Wienholdt gesprochen und ihm die nun besonders brisante Situation geschildert. Er steht bei mir im Wort, dass er die nötigen Schritte einleitet, um eine Lösung für dieses Problem zu finden. Neben den Gesprächen mit seinen Fachleuten stellte er auch eine Begutachtung vor Ort in Aussicht“, berichtete Koßmann von seinem Telefonat. Diese müsse aber bitte kurzfristig erfolgen, mahnte er den Küstenschutzfachmann zur Eile.

In Anbetracht, dass jüngste Luftaufnahmen zeigen, dass die Sandbank „Jungnamensand“ bei den vergangenen Stürmen ziemlich „zerlegt“ wurde, wird es für die Norddorfer Küste nicht gerade sicherer. Bei einem mittleren Hochwasser wurde die als Bollwerk geltende Sandbank vor der Küste Amrums nunmehr überflutet. Vor 20 Jahren ragte die Sandbank bei einem mittleren Hochwasser noch 1,5 Meter aus den Fluten. Welche Auswirkungen dies für das Rastverhalten, der dort anzufindenden Kegelrobben und Seehunde zukünftig haben wird, werden wir in einem gesonderten Artikel erörtern.

Verantwortlich für diesen Artikel: Thomas Oelers

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Über Peter Lückel

Peter Lückel wurde 1961 in Duisburg geboren und ist in Mülheim an der Ruhr und Essen-Kettwig aufgewachsen. Seine Affinität zum Wasser hat ihn schon immer an das Meer gezogen. 1983 konnte er dem Sog nicht mehr widerstehen und ist sozusagen nach Amrum ausgewandert. Heute arbeitet er als freier Grafiker auf der Insel, ist verheiratet und hat 2 Kinder. Im Jahr 2000 hat er Amrum-News mit gegründet und ist dort Chefredakteur.

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