Mord kennt keine Saison…(st)


Von wegen ruhiger November: Mit „Mörderische Nachsaison“ ließ Volker Streiter, Polizist und Amrum-Fan, seinen neuesten Krimi ausgerechnet auf Amrum im (diesmal) kein bisschen tristen Herbst spielen.

Volker Streiter
Volker Streiter

„Wenn Sie da rüberfahren, kommen Sie dieses Jahr von dort kaum mehr hierher nach Sylt zurück“, ist einer der ersten Sätze, die zumindest Amrum-Kenner wohl wissend sofort nach Hörnum an den südlichsten Punkt Sylts verschlägt. Den Hafen bekanntermaßen, an welchem Adler-Schiffe nach Wittdün ablegen. „Es war anders geplant, aber ich füge mich der friesischen Seefahrt“, ergibt sich Kriminaloberkommissarin Elke Hundgeburth ein paar Stellen weiter, die Hauptfigur, die Streiter bereits seinem ersten Roman entnimmt. Allerdings ist das die einzige Gemeinsamkeit. Der Handlungsort könnte unterschiedlicher kaum sein. Volker Streiters Romandebüt „Fressen ihn die Raben“, ein Alpen Krimi, spielte im Berchtesgadener Land, dem anderen „magischen Ort“ wie der Krimiautor seinen anderen persönlichen Lieblingsplatz bezeichnet – neben Amrum.

Es sollte einer der heißesten Tage des Jahres werden, als Volker Streiter ins Hotel Friedrich in Nebel zur Lesung lädt. Bei Weinschorle und Prosecco Aperol lauschte dann doch ein Restaurant voller Krimi- und Amrumbegeisteter Streiters Worten, die er professionell und amüsant mit Wortwitz wählt. „Dieser Krimi ist mein bislang unblutigster“, gesteht der 1961 geborene Soester gleich zu Beginn, was der Spannung, wie man später merkt, keinen Abbruch tut. Eine weibliche Leiche im Hotelzimmer, eine Kommissarin auf Amrum-Urlaub, notgeile Polisten und jede Menge Spuren im kniehohen Dünengras lassen bei den Zuhörern nicht nur Gänsehaut entstehen, sondern liefern Bilder, die Vor-Ort-Leser auf Amrum gleich in ihren eigenen Urlaub einbauen – und genüsslich mit dem Rad abfahren könnten. „Ich selbst bin gerade noch einmal die Handlungsplätze abgefahren, um mir ein Bild von der Richtigkeit meiner Erinnerungen und Beschreibungen zu machen“, erzählt Streiter und plaudert ein wenig aus dem Nähkästchen. Wie man diese kleinen Orte auf Amrum so genau im Gedächtnis behalten könne, fragte eine begeisterte Zuhörerin, als Streiter die ersten Seiten vortrug. Erinnerungsfotos habe er gemacht, entgegnet der Selfmade-Autor. Doch im Gegensatz zu seinen Urlaubsbildern, die er gerne nach seiner Vorstellung „schön und ohne Menschen“ fotografiert, knipste er hierfür detailliert und unverschönt Eindrücke, Menschen, Orte, Häuser und entlegen Plätze.

Plätze, die Streiter namentlich und originalgetreu in seinem 213 Seiten starken Amrum Krimi beschreibt. Bis auf das Hotel „Ual-Tüs“ in Norddorf, in welchem die Leiche gefunden wird, geraten die Leser ins Hotel Friedrich, ins Haus Burg, ins Cafe Schult und viele andere Winkel und Sehenswürdigkeiten von Amrum, die einem (eigentlich) bestens vertraut sind. So fällt es leicht, Inselpolizist Nanning Tadsen bei seinen Ermittlungen über die Insel zu begleiten. Es gilt einen Mord aufzuklären, keine Routinearbeit auf einer kleinen Nordseeinsel. Durch den Mord wird Tadsen unvermittelt aus seinem heruntergefahrenen Polizeialltag auf Amrum gerissen. Damit nicht genug, er kennt die Tote. Doch aus gutem Grund hält er dieses Wissen vorerst geheim.  Zeitgleich tritt Kriminaloberkommissarin Elke Hundgeburth ihren Urlaub auf der Insel an. Doch statt sich dem aktuellen Mord anzunehmen, stolpert Hundgeburth über einen längst vergessenen, immer noch ungelösten Fall.

Ein Jahr schrieb Volker Streiter an „Mörderische Nachsaison“. Entgegen den Erwartungen aber nicht in einem verträumten Dachzimmer des Hotel Friedrichs, das namentlich in seinem Krimi Erwähnung findet. Nein, die Terrasse seines Kölner Appartements diente Streiter als idealer Ort, um zu Schreiben. „Autohupen“, erzählte er dann nebenbei, riss Streiter immer wieder aus seinen Gedanken. „Ich konnte so tief in den Ort meiner Erinnerung eintauchen, dass ich in dem Moment des Schreibens auf Amrum war“, erzählt er und wie nur der Straßenlärm ihn wieder daran erinnerte, dass Amrum hunderte Kilometer weit weg ist. Na, ja, zumindest bis Volker Streiters nächsten Amrumurlaub.

Volker Streiter „Mörderische Nachsaison“. Verlag Prolibris, Kassel 2012, 213 Seiten, Taschenbuch, 12 Euro. ISBN 978-3-935263-95-5

Für diesen Artikel verantwortlich: Sabine Streitel

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Über Peter Lückel

Peter Lückel wurde 1961 in Duisburg geboren und ist in Mülheim an der Ruhr und Essen-Kettwig aufgewachsen. Seine Affinität zum Wasser hat ihn schon immer an das Meer gezogen. 1983 konnte er dem Sog nicht mehr widerstehen und ist sozusagen nach Amrum ausgewandert. Heute arbeitet er als freier Grafiker auf der Insel, ist verheiratet und hat 2 Kinder. Im Jahr 2000 hat er Amrum-News mit gegründet und ist dort Chefredakteur.

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