Der stetige Wandel des Seeheims…(to)


Im Herbst 2012 endete die Geschichte des „Seeheims“ in Norddorfs Dorfmitte mit dem Abbruch.

Letzter Zustand vor dem Abriss...
Letzter Zustand vor dem Abriss...

Rückbauexperten machten in kurzer  Zeit aus dem 1896 erbauten Gebäude eine Anzahl Haufen aus akribisch getrennten Materialien. Unter anderem galt es recycelbare Stoffe wie Metalle, Elektrokabel, Steine und Beton, sowie dem Sondermüll zuzuführende Materialien, wie zum Beispiel  Isolierungen und  Dachpappe, zu selektieren. Die Zeiten, wo die Abrissbirnen komplette Gebäude in Schutt und Asche legten und anschließend alles auf die Deponie gefahren wurde sind schon lange vorbei. Mit dem Abbruch endete auch die schon über viele Jahre, gar Jahrzehnte, dauernde Diskussion über die nötige Erneuerung des stark abgängigen Hauses.

Die Planung für den Neubau...
Die Planung für den Neubau...

Mittlerweile sind Handwerker emsig damit beschäftigt, ein neues Gebäude in Norddorfs Dorfmittelpunkt entstehen zu lassen. Hierin werden sich auf alle Fälle das insulare Kino, ein Veranstaltungsbereich, eine Automatenfiliale der Föhr-Amrumer Bank und Wohnungen wiederfinden. Klares Ziel der Maßnahme ist, das bestehende Freizeit- und Versorgungsangebot durch eine zeitgemäße Erneuerung zu erhalten und durch weitere neue Angebote zu verbessern. Mit dem Neubau erwarten die Kommunalpolitiker zudem eine Verbesserung der Lebensqualität sowohl für die Einheimischen als auch für die Touristen.

Das ehrgeizige und von Bürgermeister Peter Koßmann erklärte Ziel ist es, bereits zum Sommer 2013 das Gebäude seiner Bestimmung übergeben zu können. Die Bausumme liegt bei rund 2,4 Millionen Euro. Bei der Auswahl der Außendarstellung des Dorfgemeinschaftshauses wurde von der Gemeindevertretung besonderer Wert auf die Erhaltung des Bäderstils gelegt. Der Planentwurf  stammt aus der „Feder“ von Architekt Peter Heck-Schau aus Norddorf, der sich mit seinen Zeichnungen bei einem Ideenwettbewerb unter verschiedenen Architekten durchsetzen konnte.

Postkarte mit Vollmondstimmung...
Postkarte mit Vollmondstimmung...

Laut einem ausführlichen Bericht über das „Seeheim“ in der Jahreschronik 2002 von Georg Quedens, konnte in einem Protokoll des Norddorfer Gemeinderats vom 30. November 1895 nachgelesen werden, dass der definitive Beschluss über den Verkauf von zwei benachbarten Baugrundstücken im Westen des Dorfs gefasst wurde. Hierbei handelte es sich um die positiven Bescheide über die Kaufanträge von Hugo Tantau Jannen (Seeheim) und Ferdinand Stender (Stenderhaus). Letzteres wurde bereits im Herbst 2002 erstazlos abgebrochen. Hier etablierte die Gemeinde später einen gemütlichen Verweilbereich mit Strandkörben und Bänken. Das „Seeheim“ in seiner ursprünglichen Bauweise, entsprach dem damals in Norddorf einzugehaltene Bäderstilbauweise. Hierbei sorgte die flache Dachneigung und ein erhöhter Drempel für mehr Höhe im Dachgeschoss.Gleichzeitig distanzierte sich dieser Baustil von dem des typischen Friesenhaus, das eher mit niedrigeren Mauern und einem hohen Dach dasteht.

Seeheim aus der Ferne...
Seeheim aus der Ferne...

Die Konzeption des „Seeheims“ war die eines Gasthofs und Pensionats. Schon bald nach der der Jahrhundertwende verwandelte sich das Gebäude durch das Aufstocken und den Anbau einer abgerundeten Veranda. Die eigentliche Silhouette erhielt der Gasthof schon bald durch den Anbau eines geräumigen Saals mit Tresen, Restaurant und Tanzfläche. In diesem Anbau war bis zum Abbruch das Kino untergebracht. Der zweigeschossige Bau hatte an Nord- und Südseite Balkone und wurde zur heutigen Lunstruat durch einen Turmbau mit Zwiebeldach als Eingangsportal eingerahmt. Fortan wurde das Gebäude als „Hotel Seeheim“ benannt, so die Inselchronik.

Immer schon ein Postkartenmotiv gewesen...
Immer schon ein Postkartenmotiv gewesen...

Die Betreiber verstanden es Insulaner und Gäste anzusprechen, sodass sich ein großer Teil des Gesellschaftslebens und der Geselligkeit im „Hotel Seeheim“ abspielten. Die nur wenige Jahre dauernde Wirtschaftsblüte der goldenen 1920er Jahre brachten den Nordseebädern nur kurzzeitig wachsende Fremdenverkehrszahlen. Hugo Tantau Jannen und seine Frau Ida zogen sich 1929 in ihr Altersdomizil zurück und überließen 1929 ihren Kindern die Regie des Seeheimes. Diese mussten in der Zeit der Wirtschaftskrise den Betrieb einstellen und der damalige Bürgermeister Martin Paulsen war der neue Besitzer. Fortan hieß es „Christliches Erholungshaus“. Allerdings nur bis 1935 als die Westfälische Diakonissenanstalt das Gebäude übernahm. Sommergäste bewohnten das Seehospitz.  Anscheinend riss die glücklose Zeit des Gebäudes nicht ab. Der zweite Weltkrieg brachte den Fremdenverkehr zum erliegen. Die Gemeinde hatte das „Seeheim“ mittlerweile gekauft.

Flüchtlinge und Heimatvertrieben mussten nach der Kapitulation untergebracht werden und fanden auch im „Seeheim“ Unterkunft. Aufgrund der hohen Schülerzahlen wurde auch dort bis um 1950 ein Teil der Schüler unterrichtet.

Zwiebelturm und Balkon...
Zwiebelturm und Balkon...

Verschieden Flachdachanbauten im Norden und Osten und den witterungsbedingten Wegfall der Balkone trugen nicht besonders zur  Außendarstellung des ehemaligen Pensionats bei. Als reine Zweckbauten wurden die Anbauten im Laufe der Jahre durch die Kurverwaltung, der Blaskapelle, einer Gepäckabfertigung und einer Bankfiliale genutzt.
Das Gebäude stand im Zeichen eines durch die Gemeinde belegten Vielzweckbau. Unterrichtsräume und eine Apotheke gehörten ebenfalls zu den „Gästen“ in diesem Haus, in dem nach dem Zweiten Weltkrieg ein Kino eingerichtet wurde. Bis zum Schluss befanden sich im Obergeschoss Wohnungen, die unter anderem von Angestellten der Gemeinde bewohnt wurden.

Die Vertreter der Gemeindevertretungen der letzten Legislaturperioden waren sich im Prinzip einig, dass es sich nicht lohne, das „Seeheim“ aufwendig zu sanieren und so zu erhalten. Einige Pötte Farbe konnten schon lange nicht mehr den abgängigen Zustand kaschieren. Durch den Wechsel der Mehrheiten in der Norddorfer Vertretung zur Kommunalwahl 2003 wurde das in der Planung stehende Ersatzgebäude auf  Eis gelegt. Der Bürgerblock argumentierte mit einem am Bedarf vorbei geplanten Konzept und einem zu befürchtenden Kollaps für die die Gemeindefinanzen. So dauerte es, bis ein neues Konzept erarbeitet wurde und im letzten Jahr der Beschluss gefasst wurde, das geschichtsträchtige Gebäude im Dorfmittelpunkt dem Erdboden gleichzumachen.

Thomas Oelers

 

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Über Peter Lückel

Peter Lückel wurde 1961 in Duisburg geboren und ist in Mülheim an der Ruhr und Essen-Kettwig aufgewachsen. Seine Affinität zum Wasser hat ihn schon immer an das Meer gezogen. 1983 konnte er dem Sog nicht mehr widerstehen und ist sozusagen nach Amrum ausgewandert. Heute arbeitet er als freier Grafiker auf der Insel, ist verheiratet und hat 2 Kinder. Im Jahr 2000 hat er Amrum-News mit gegründet und ist dort Chefredakteur.

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