Orkantief „Christian“ wütete in Norddeutschland und richtete schwere Schäden auch auf Amrum an…(to)


Schwere Schäden auf der ganzen Insel...
Schwere Schäden auf der ganzen Insel...

Die Amrum-News hatten gestern Morgen noch vor dem herannahenden Sturm gewarnt und die vom Wetterdienst herausgegebenen Empfehlungen, das Haus während des Orkans nach Möglichkeit nicht zu verlassen, weitergegeben. Heute können wir nur eine als vorläufig anzusehende Zusammenfassung des Sturmgeschehens veröffentlichen. In der frühen Dunkelheit blieben viele Schäden noch unentdeckt und ein genaueres Bild von den entstandenen Schäden wird es sicherlich erst heute und in den nächsten Tagen geben.

Bis zum Mittag ließen gestern nur einzelne Sturmböen erahnen, was da noch kommen könnte. Dann ging es rasend schnell, als wenn jemand eine Höllenwindmaschine angestellt hätte. Mit Orkanböen bis zu 170 Stundenkilometer (oder mehr) fegte Orkantief „Christian“ am Nachmittag über die Insel und hinterließ eine Spur der Verwüstung. Der immense Winddruck machte den Aufenthalt im Freien zum unangenehmen „Sandstrahlerlebnis“.

Eine Giebelwand die in Wittdün zu Boden stürzte, eröffnete die Windschädenstatistik und alarmierte die Kameraden der Feuerwehr. Für sie sollte es ein langer Einsatztag werden. „Wir können derzeit nichts am Dach machen und hoffen nur, dass nicht der Dachstuhl abgehoben wird“, erklärte Wittdüns Wehrführer Dietmar Hansen, selbst bemüht nicht umgeweht zu werden. „Meine Kinder sind noch zwei Minuten vorher durch die Tür ins Haus gegangen“, zeigte sich der Vater beim Blick auf den Haufen Rotsteine erschrocken.

Die Leitung der Öömrang Skuul hatte sich glücklicherweise entschlossen, alle Kinder vorsorglich um 12.00 Uhr nach Hause zu schicken. Und wie am späten Abend bekannt wurde, fällt zum glaubhaften Bedauern der Kinder auch am heutigen Dienstag die Schule aus.

Ansonsten hatten die Einsatzkräfte zwischenzeitlich den Eindruck, dass die Vernunft bei vielen Leuten ausgesetzt hat. „Wie viele Autofahrer wir heute gesprochen haben, die auf keinen Fall hätten zu Hause bleiben können und unbedingt die Straße passieren mussten, auf die gerade im Minutentakt die Bäume gestürzt waren, war schon gruselig“, zeigte sich ein Kamerad der Amrumer Feuerwehren verständnislos. Dabei sprach er das aus, was viele dachten, die derweil Sorge hatten beim Einsatz umgefahren zu werden. Dass nach den vorliegenden Erkenntnissen glücklicherweise keine Personen zu Schaden gekommen sind, hatte da nicht immer was mit Vernunft zu tun.

„In der Wittdüner Inselstraße rauschen die Dachziegel auf die Straße und wir können über die Leitstelle nicht die Polizei erreichen“, zeigte sich Dietmar Hansen genervt. „Die Sicherheit ist nicht zu gewähren und die Straße muss gesperrt werden“.

Wie sich später rausstellte, gab es für die Polizeibereitschaft auf Amrum bis dahin generell keinerlei Alarmierung.

Derweil flog fast alles, was nicht niet- und nagelfest war, durch die Gegend. Die Mitarbeiterinnen einer Mutter-Kind-Klinik in Norddorf hatte Mühe die betreuten Kinder ohne „Dachschaden“ zu ihren Müttern zurückzubringen. Unzählige Bäume, egal ob frei stehend oder im Wald geschützt stehend hielten der enormen Windlast nicht stand. Komplett mit Wurzelteller umgedrückt oder einfach in großer Höhe abgebrochen. Den Einsatzkräften blieb nur die Vollsperrung der verschiedenen unpassierbaren Abschnitte der Landesstraße, um mit unzähligen Kettensägen die Knäule zu entwirren und anschließend mit Radladern und Baggern Stämme und Buschwerk beiseite zu drücken.

„Ob wir noch die waldreichste Insel sind?“, überlegten wir und versuchten zwischenzeitlich zu überschlagen, wie viele Bäume wohl umgebrochen sind. „Ich habe jetzt Halligblick“, stellte ein Bewohner im Süddorfer Wald sarkastisch beim Anblick des Windbruchs fest.

Bis tief in die Nacht waren die Feuerwehren der Insel unterwegs um mit vereinten Kräften die Wege in Nebel freizuschneiden und somit die anliegenden Häuser für den Notfall erreichbar zu machen. Auf unter Bäume begrabene Autos, Häuser und auch Boote konnte die Feuerwehr in der Dunkelheit nicht eingehen. „Die umgebrochenen Bäume stehen unter gewaltiger Spannung und unsere Einsatzkräfte brauchen eine intensive Ausleuchtung am Einsatzort“, verdeutlichte der stellvertretende Amtswehrführer Klaus-Peter Ottens die Brisanz.

Nebels Bürgermeister sprach im Telefonat am Abend allen Einsatzkräften der Feuerwehren auf Amrum seinen von Herzen kommenden Dank für die schnelle und unermüdliche Hilfe auch im Namen der Bürger aus. „Ich kann derzeit überhaupt noch nicht sagen, wie es weiter gehen soll und wie hoch die Schäden sind. Die Bestandsaufnahme bei Tageslicht wird erst zeigen, wie viele Bäume umgebrochen sind und wie viele Instabile in der nächsten Zeit noch gefällt werden müssen“, fasste Dell-Missier den Ausnahmezustand zusammen.

Die angekündigte Sturmflut erreichte zwar nicht die kritischen Wasserstände, doch den Fahrplan der Wyker Dampfschiffs-Reederei brachte der Orkan doch erheblich durcheinander. Wie Reederei-Chef Axel Meynköhn mitteilte, mussten die Fähren auf See den Sturm „abwettern“. Bei diesem Seegang konnten die Schiffe einfach nicht anlegen, hieß es. Der Busbetrieb wurde ab 14.30 Uhr eingestellt.

Bürgermeister Bernd Dell-Missier informierte gerade noch unsere Redaktion, dass die Biike-Plätze in Nebel (Kläranlage) und Norddorf ab sofort geöffnet sind. Des weiteren bat Dell-Missier alle Vermieter ihre Gäste zu informieren, dass der gesamte Wald auf Amrum gesperrt sei.

Thomas Oelers

Fotos Kinka Tadsen, Thomas Oelers, Axel Meynköhn

 

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Über Peter Lückel

Peter Lückel wurde 1961 in Duisburg geboren und ist in Mülheim an der Ruhr und Essen-Kettwig aufgewachsen. Seine Affinität zum Wasser hat ihn schon immer an das Meer gezogen. 1983 konnte er dem Sog nicht mehr widerstehen und ist sozusagen nach Amrum ausgewandert. Heute arbeitet er als freier Grafiker auf der Insel, ist verheiratet und hat 2 Kinder. Im Jahr 2000 hat er Amrum-News mit gegründet und ist dort Chefredakteur.

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4 comments

  1. barbara-strauss@t-online.de

    Meine Güte,war das ein Wetter gestern.Das Sturmfoto Nr.4ist bei mir.Tja,leider sind bei mir auch viele Bäume umgefallen.Es ist ein Glück,daß bei diesem Orkan kein Mensch zu Schaden gekommen ist.Ich danke auch der Feuerwehr für ihren unermütlichen Einsatz.Es wird sicher noch dauern,bis wieder alles aufgeräumt ist.MfG B.Strauss

  2. Hallo, was macht die muehle, soweit ich weiß wurde sie doch gerade erst fuer viel Geld restauriert? Hoffentlich alles heil?

  3. barbara-strauss@t-online.de

    Die Mühle ist stehen geblieben,wie ich aus meinem Fenster sehen kann.Ich hoffe,daß alles an ihr noch ok ist.

  4. Unsere Amrumer Windmühle steht noch.
    Genaueres zu den Auswirkungen des Sturmes erfährt man auf unserer Internetseite unter Aktuelles:
    http://www.amrumer-windmuehle.com/aktuell.html
    Wer ständig auf dem Laufendem sein möchte kann sich uns auf Facebook anschließen:
    https://www.facebook.com/pages/Amrumer-Windm%C3%BChle/399041230193313?ref=hl

    Grüße,
    Lennard Langfeld, stv. Vors. Verein zur Erhaltung der Amrumer Windmühle e.V.

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