Wie aus dem wahren Leben – Theno begeistert an drei Abenden…


“Bi a Dochter” (Beim Arzt), titelte das friesische Theaterstück von Theno, der Norddorfer Theatergruppe. Jan Ruth begrüßte die Zuschauer an drei Abenden im Strand 33, stellte die Schauspieler/innen vor und informierte, dass die Spenden am Ende der Vorstellungen der Sozialstation zukommen werden.

Szenen aus dem Leben, hatte Annegret Bachmann wieder zu Papier gebracht und ein Skript mit gewohnt spitzen Humor und kleinen Fundstücken aus 2014 geschrieben.

In diesem Jahr spielten die insularen Schauspieler rein in friesischer Sprache. So wurde manch Zuschauer doch bewusst, dass das Amrumer Friesisch “öömrang”, eine eigenständige Sprache ist und kein Dialekt, in den man sich eventuell reinhören könnte.

Der erste Akt spielt in der Kurverwaltung und der Zuschauer wird Zeuge von ganz normalen Inselproblemen. Wann und wie gebe ich die Kurkarte ab, wozu und wofür sind die Kurkarten überhaupt da und braucht man wirklich für jeden Gast eine Kurkarte.

Braucht man wirklich eine Kurkarte...?
Braucht man wirklich eine Kurkarte…?

Wann zählt der Gast als Gast oder haben alle einfach schrecklich viele Verwandte? Überzeugend und ausdrucksstark spielten die Darsteller schon in dieser Szene und sorgten für Schenkelklopfer und Lachpausen. Auch die Wyker Dampfschiffsreederei wird aufs Korn genommen und die Problematik des “Stellplätze fürs Auto buchen” hart diskutiert. Carmen, gespielt von Maren Gerrets-Blome, trumpft erst als Vermieterin mit ihrer spitzen, sehr fordernden Art auf und hat anschließend im zweiten Akt auch als Arzthelferin in der Praxis das Zepter in der Hand.

"auerluf faan alas" (überdrüssig von Allem)
“auerluf faan alas” (überdrüssig von Allem)

Barbara Motzke alias Rosine, tritt bestimmend als Mitarbeiterin der Kurverwaltung auf, doch mit einem burn out und “auerluf faan alas” (überdrüssig von Allem), ist sie auch Stammgast im Wartezimmer der Arztpraxis und teilt ihr gesundheitliches Leid mit anderen Patienten. Eine von ihnen ist Marie, die ebenfalls in der Kurverwaltung arbeitet, jedoch mit ständiger Übelkeit zu tun hat, die sie lautstark kund tut und so, das Publikum teilhaben lässt.

Tewe, in Szene gesetzt von Kai Quedens, hingegen, weiß noch gar nicht welch eine Krankheit er eigentlich hat und mit seinem leicht städtischen Auftreten fühlt er sich im ersten Akt fast unnahbar, was “Fährebuchen und Kurkarten” angeht. Die volle Quittung dafür bekommt er jedoch im zweiten Akt. Ungeahnt mietet sich die Steuerfahndung bei ihm ein und natürlich bekamen sie keine Kurkarten von Tewe, doch dafür wird er ausführlich etwas von ihnen bekommen, eine Steuerprüfung.

Stimmung im Wartezimmer
Stimmung im Wartezimmer

Die beiden Streithähne Udo (Jens Winkler) und Johnny (Ole Rief) haben sich nur in den Haaren und gehen sich an den Kragen. Ob es um die Arbeit geht, einer arbeitet bei Wasserwerk, der andere bei der Gemeinde, oder um die hübsche Marie, um die sie beide herum schlawenzeln, Hauptsache es wird gerangelt, geschubst und gestritten. Am Anfang noch harmlos, landen sie durch ihre Reibereien mit Platzwunde und fast gebrochenem Bein auch im Wartezimmer des Doktors.

Begleiten tut sie Hannes, schenkelklopfend gespielt von Dieter Bachmann, der jede Krankheit und jedes noch so kleine Wehwehchen selbst schon hatte und beweist, dass auch eine leere Flens Flasche noch nützlich sein kann: “Det hed ik uk ans, det as gans geferlag” (Das hatte ich auch schon einmal, das ist ganz gefährlich).

Annegret Bachmann spielt hingegen Neetje, die auch über leichte Schmerzen klagt, die jedoch schnell von fast alleine verfliegen. Wendelin, Jan Ruth, sorgt mit seinen Auftritten immer für eine Stimmung zwischen Stirnrunzeln, Sagrotan Spray und mitfühlenden Blicken. Als er dann noch mitten im Wartezimmer die Hosen herunter lässt kann das Publikum sich kaum noch halten vor Lachen.

Wozu eine Flasche Flens alles gut ist...
Wozu eine Flasche Flens alles gut ist…

Olga, die von Barbara Schult gespielt wird, versucht hingegen nicht nur den Bürgermeister und die Gemeinde zu verklagen, sondern denkt auch immer noch, dass ihre Tochter Marie kein Interesse an Männern hat. Wobei dem Publikum die ewige Übelkeit nicht entgangen ist und die Gerüchte einer Schwangerschaft sich verdichten, obwohl man nicht darüber spricht und die Arzthelferinnen absolute Schweigepflicht haben “Det mut ik ei sai” ( das darf ich nicht sagen).

Gerda, gespielt von Hilke Friedrichs, hat jedoch mit ihrer immer positiven, fröhlichen und beschwingten Art keinen leichten Stand bei ihrer Kollegin Carmen. Absolute Pünktlichkeit, Gehorsam, immer eine spitze Zunge und die Priese nordische Freundlichkeit verkörpert Maren Gerrets-Blome in ihrer Rolle und reißt das Publikum mit sich.

TheNo
TheNo

Eine Story mit Happy End, denn endlich, in den letzten 5 Sekunden taucht auch der Doktor, Marc Motzke, noch auf. Er wird in Flagranti mit seiner schwangeren Marie beim Knutschen erwischt. Schallendes Gelächter, tosender Applaus, ein voller Erfolg. Erstmalig spielten Kirsten Tadsen, Ole Rief und Marc Motzke bei Theno mit und bestanden diese erste Bühnenerfahrung mit tosendem Beifall. Rainhard Boyens, der sonst auch auf der Bühne stand, hatte dieses Mal die Technik in der Hand und war so der Mann hinter den Kulissen. Marianne Martinen hatte als Souffleuse zum Glück nicht soviel zu tun, denn textsicher waren sie, die Elf auf der Bühne. Alle drei Abende waren ausverkauft und die Schauspieler wuchsen über sich hinaus, eine mitreißende Stimmung und ein friesisches Theaterstück, welches wieder “so richtig aus dem wahren Inselleben erzählte”, humorvoll verpackt und künstlerisch auf die Bühne gebracht. Applaus!

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Über Kinka Tadsen

Kinka Tadsen erblickte 1972 in Hamburg das Licht der Welt. Aufgewachsen ist sie dann auf Amrum. Abitur hat sie auf Föhr gemacht und sich für eine Fotografenlehre in Bad Oldesloe entschieden. Fotografen- und Lebenserfahrung hat sie in der großen weiten Welt auf diversen Kreuzfahrtschiffen als Bordfotografin gesammelt. 2003 folgte dann die Rückkehr nach Amrum. Seit 2008 gehört sie als freie Journalistin zum Amrum-News Team.

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