Trinkwasser könnte wegen zu hohen Nitratgehalts teurer werden – aber nicht auf Amrum


Die Meldung sorgte für viel Wirbel: „Zu viel Dünger: Trinkwasser könnte bis zu 45 Prozent teurer werden“ meldete das Bundesumweltamt vor einigen Tagen. Auf allen Karten, die durch die Medien gingen, war Amrum leuchtend rot gekennzeichnet, ganz so als gehöre das Amrumer Trinkwasser zu den am stärksten durch Nitrat belasteten Wassern in Deutschland. In Wirklichkeit liegt die Nitratbelastung des Amrumer Trinkwassers 86 Prozent unter dem zulässigen Grenzwert.

Amrum hat in Bezug auf die Trinkwasserversorgung eine Ausnahmestellung in Deutschland. Anders als in vielen Gegenden auf dem Festland bezieht Amrum sein Trinkwasser nicht aus einem Grundwasser, das durch Landwirtschaft, Industrie und Verkehr belastet ist. Das Trinkwasser wird aus einer Süßwasserlinse in etwa 40 bis 50 Metern unter der Insel gewonnen, und auch hier nur innerhalb einer Schutzzone, in der kaum belastende Einträge stattfinden.

Dies ist das Wasserschutzgebiet im Bereich Nebel und Westerheide, aus dem die gesamte Insel ihr Trinkwasser bezieht.

Die Überprüfung der Trinkwasserqualität ist wie überall in Deutschland auch auf Amrum fest vorgeschrieben: mehrmals im Jahr werden an bestimmten Stellen auf der Insel Proben entnommen und vor allem auf ihren Keimgehalt überprüft.

„Und einmal im Jahr muss eine umfassende Analyse vorgenommen werden“, erklärt Christoph Hagenbruch, der Vorstand der Amrumer Versorgungsbetriebe. „Bei dieser Vollanalyse wird das Wasser entsprechend der Trinkwasserverordnung nach den wichtigsten chemischen, bakteriologischen und physikalischen Parametern untersucht. Also auch auf den Nitratgehalt.“

Wassermeister Tewe Thomas zeigt, wo im Wasserwerk jährlich die vorgeschriebenen Wasserproben entnommen werden

Diese Vollanalyse fand zuletzt im August 2016 statt. Das Ergebnis: bei einem gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter liegt der Nitratgehalt des Amrumer Trinkwassers bei gerade einmal 7,1 Milligramm pro Liter.

Den Nitratgehalt im Trinkwasser zu messen ist deshalb so wichtig, da Nitrat ab einer gewissen Aufnahmemenge gesundheitsschädlich ist. Bei Säuglingen kann es, so das Bundesinstitut für Risikobewertung, zu Sauerstoffmangel im Blut führen, und bei Erwachsenen kann es krebserregend wirken. Doch auch die Natur leidet unter zu viel Nitrat – Böden können saurer werden, und im Meer kann es zu einer verstärkten Algenblüte führen, die wiederum zu einer Reduzierung der Artenvielfalt im Meer beitragen kann.

Deutschland, das sich weltweit seit Jahren als Vorreiter eines ökologischen, nachhaltigen Lebens darstellt, wird aktuell von der EU aufgrund seiner viel zu hohen Nitratwerte sogar verklagt. Die Debatte rund um den Nitrateintrag vor allem durch die Landwirtschaft muss also dringend geführt werden – längst nicht nur, weil der Europäische Gerichtshof Deutschland zu einer Strafe von bis zu drei Milliarden Euro verurteilen könnte.

Wie kommt es aber, dass in Karten, die unter anderem das schleswig-holsteinische Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und Ländliche Räume veröffentlicht hat, der Insel Amrum ein Wert über der zulässigen Grenze von 50 Milligramm pro Liter bescheinigt wird?

Christoph Hagenbruch erklärt das so: „Bei diesen Studien wird der gesamte Grundwasserkörper der Insel betrachtet. Der ist auf Amrum aber erheblich größer als der Bereich, in dem wir Trinkwasser fördern. Außerhalb der Trinkwasser-Schutzzone befinden sich tatsächlich Gebiete, in denen die zulässigen Werte weit überschritten werden. Nur ist das für unser Trinkwasser nicht relevant, da der Bereich, in dem wir das Wasser fördern, keine Verbindung zu diesen Stellen hat.“

 

Vorstand Christoph Hagenbruch (rechts) und Wassermeister Tewe Thomas (links) sind mit der Amrumer Wasserqualität hochzufrieden.

Hagenbruch erklärt weiter: „Wir haben auf Amrum ein ganz besonders gutes Trinkwasser. Hier gibt es keine Industrie, sondern Waldböden und Dünen. Da kann das Regenwasser ohne schädliche Einflüsse versickern. Wir haben ein sehr weiches Wasser, das in der Handhabung wunderbar ist: es verkalkt keine Kaffeemaschine, es hinterlässt keine Spuren an den Badfliesen. Und der Geschmack, das sagen nicht nur die Teetrinker hier im Norden, ist ganz ausgezeichnet.“

Nach den vielen Meldungen von möglicherweise bis zu 45 Prozent steigenden Trinkwasserpreisen kann Hagenbruch also Entwarnung geben: „Weil der Nitratgehalt nachweislich weit unter dem vorgeschriebenen Grenzwert liegt, sind teure Maßnahmen zur Entfernung des Nitrats aus dem Wasser hier gar nicht nötig. Das Amrumer Trinkwasser wird also nicht wie an anderen Orten wegen eines zu hohen Nitratgehalts teurer werden.“

Birte Vogel für Amrum-News

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