Alles im Blick: der Umwelt zuliebe…


 

Eng mit Amrum verbunden: Naturzentrumsleiter Henning Volmer

Der Amrumer Tourist sei ein sehr naturbewusstes Wesen, sagt der Biologe Henning Volmer, der seit dem Frühjahr das Norddorfer Naturzentrum leitet. “Das merken wir immer bei unseren Führungen und in der Ausstellung.“ Manchmal bricht sich diese Liebe zur Natur auch in Form von Leser- und Beschwerdebriefen Bahn, die die Redaktionen oder die Tourist-Informationen erreichen. “Nach dem Problemthema freilaufender Hund, liegen Naturschutzbesorgnisse auf Platz zwei“, sagt Lars Rickerts von der Amrum Touristik. Menschen am Kniephaken, Menschen in den Dünen, gerade in der Nähe der Strandübergänge, wo man die Übertreter ja gut sieht, das seien die Hauptanliegen besorgter Urlauber. „Man hat mich schon aus meiner eigenen Weide gerufen“, sagt der Norddorfer Landwirt Nanning Schult. “Dabei ging ich nur durch und habe die Zäune kontrolliert“, erklärt er schmunzelnd.

Die Norddorfer Marsch: Harmonie zwischen Vogel und Mensch (und Bus) ist gewünscht…

Auch die Marschwiesen vor Amrums Odde unterliegen strenger Gästebeobachtung – besonders zur Brutzeit. Wenn dann noch gemäht wird, machen sich manche Urlauber Sorgen. „Ich muss beizeiten mähen“, sagt Landwirt Thorsten Andresen, auch Jagdpächter auf Amrum, „Sonst werden mir die Zuschüsse gestrichen, die ich aus den EU-Agrarfonds bekomme. Und normalerweise achten wir dabei sehr auf die Gelege“. Acht Austernfischer- und zwei Kiebitznester habe er beim letzten Mal großflächig ummäht. Wobei der Kiebitz ohnehin nur neben dem hohen Gras brütet, denn er braucht freie Sicht. Auch Landwirt Schult kennt das Prozedere: „Auf meinem Kartoffelacker setze ich Nester auch manchmal um und nach der Arbeit wieder zurück.“

Binsenreiche Nasswiesen sind zwar gesetzlich geschützte Biotope und jede Zuwiderhandlung auf Ihnen müsse zur Anzeige gebracht werden, heißt es im Bundesnaturschutzgesetz. „Es gibt solche Biotope, aber sie sind gesondert ausgewiesen“, stimmt Naturzentrumleiter Volmer zu. “Allerdings gehören die Wiesen in Norddorf nicht dazu.“ Volmer verwehrt sich nicht dagegen, dass es auch mal Verstöße gibt. „Aber soll man dann gleich anprangern; auf dieser kleinen Insel?“, gibt er zu bedenken. „Wie viel Lust hat dann noch jemand, sich das nächste Mal achtsamer zu verhalten?“

Die Gäste in den Urlaubsgebieten sind angehalten, zu melden, wenn ihnen etwas auffällt. „Von den Inseln hören wir aber eigentlich nichts“, sagt Kirsten Boley-Fleet, Fachbereichsleiterin bei der Nationalparkverwaltung Schleswig Holsteinisches Wattenmeer, einem Geschäftsbereich des Landesbetriebs für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz (LKN). Sie wird angerufen, wenn irgendwo mal wieder ein Feuerwerk abgeht, ein Schiff in der Schutzzone trocken fällt und die Crew auf dem Meeresboden rumläuft oder ein Partyschiff im Wattenmeer den Zielen einer Tierschutzpartei zuwider läuft. „Bei uns holen sich auch die Naturschutzverbände Rat, die auf den Inseln und Halligen einen Betreuungsauftrag haben. Wir sind gehalten, alles zu verfolgen, was gemeldet wird“, sagt Boley-Fleet. Dabei reicht der Handlungsspielraum von Gesprächen, über Verwarnung bis zur Anhörung oder Anzeige. Auch ihr Pendant für den inselinneren Bereich, Franz Brambrink vom Fachdienst Umwelt der Unteren Naturschutzbehörde, berichtet von nur wenigen Beschwerden. „Oft sind es auch sehr nützliche Hinweise von Gästen, die zum Beispiel auf Amrumer Heideflächen aufmerksam machen, die Pflegebedarf haben“, sagt der Experte aus Husum. Trotz sogenannter Lenkungsmaßnahmen wie Flyern, Infotafeln und Bohlenwegen gäbe es auch immer wieder unerlaubte Übertritte, wie zum Beispiel in die Marschflächen bei Norddorf zur Brutzeit oder in die Dünen jenseits der Wege. „Wir müssen diese Maßnahmen daher regelmäßig überdenken, ob sie noch ausreichend sind“, sagt Brambrink.

„Es ist immer ratsam, im Gespräch zu bleiben“, rät der Biologe Volmer. „Als wir merkten, dass am Norddorfer Klärteich renaturiert wurde – noch während der Brutzeit, da haben wir uns an die Versorgungsbetriebe gewandt und um Aufschub gebeten. Daraufhin wurden die Arbeiten auch gleich eingestellt.“

Der Kniephaken: Vorbildlich ohne Mensch…

Dem Beschwerde-Thema Kniephaken, will Volmer nachgehen, sobald es seine Zeit voller Einarbeitung, Wal-Projekt und Monitoring-Aufgaben erlaubt. Beim Kniephaken gäbe es auf jeden Fall schon eine gutes Übereinkommen von Naturschutz- und Sportinteressen. Dort verzichteten die Wassersportler während der sensiblen Zeiten auf das Befahren der Kniepbucht. Dafür missachten immer noch recht viele Besucher die Pfahlreihe, die die Rast- und Brutplätze vom allgemeinen Strandabschnitt trennt. „Keine Frage, das freut uns nicht, das finden wir doof“, sagt Volmer sofort.

Beschwerden über Spaziergänger, die den geschützten Bereich beim Steenodder Kliff ignorieren, seien nur marginal. „Das sind Einzelfälle“, sagt Volmer. „Wichtig ist, dass wir dort Schlupferfolg verzeichnen konnten, bei zwei Sandregenpfeifer-Pärchen und 15 Austernfischern.“ Wenn, wie am Kliff, manche Vögel nur einen knappen Meter neben dem Weg brüten, dann sei das gutes Zeichen, meint Volmer. „Nationalpark-Effekt. Die Vögel haben gemerkt, dass die Leute woanders lang gehen und nicht in ihre Richtung. Das macht sie sicher“, freut sich der Biologe.

Woran er auch erinnert: „Naturschutz ist häufig der Schutz von Kulturlandschaft, nicht der Schutz von Wildnis“. Dem stimmt auch Landwirt Andresen zu. „Wenn Binsen und Reet nicht von den Flächen genommen werden, sind die Wiesen in vierzig Jahren verschilft.“ Die extensive Beweidung der Flächen durch nur wenige Tiere täte auch schon viel für den Naturschutz, meint Volmer.

 

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Über Undine Bischoff

Journalistin und Texterin. Fuhr mit drei Jahren zum ersten Mal über den Kniep – in einer Schubkarre. Weil ihr Vater da draußen eine Holzhütte baute, zwanzig Feriensommerjahre lang. Betextet Webseiten und Kataloge, schreibt für verschiedene Medien und natürlich für Amrum News.

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