Amrumer Kindergarten – wegen der Kündigung braucht sich niemand Sorgen zu machen


 

Spielplatz des Amrumer Kindergartens

Amrum News erreichen immer wieder Anfragen und Briefe besorgter Eltern, die sich von den Amrumer Gemeindevertretungen in Sachen Kinderbetreuung in Stich gelassen fühlen (siehe K. Jessen: „Moin an alle Amrum-news -leser!“ in der Rubrik Briefe an meine Insel). Sogar der einstige Wittdüner Kurdirektor Carl-Hermann Klüßendorf schrieb und bemängelte fehlendes Verständnis der gemeindlichen Entscheidungsträger für die Unterstützung berufstätiger Eltern.

Amrum News ging der Sache nach und wollte wissen, wie es um die Betreuung der Kinder im Alter von null bis sechs Jahren auf der Insel jetzt und in naher Zukunft bestellt ist.

Zur Feststellung des Kinderbetreuungsbedarfs auf Amrum wurde von einer Arbeitsgruppe bestehend aus Kreis, Amt und Gemeinden extra eine Erhebung unter den Eltern der Amrumer Geburtsjahrgänge 2014 bis 2017 in Auftrag gegeben, die vom Amt Föhr-Amrum im Mai durchgeführt wurde. Amrum News fragte beim Amt nach den Zahlen und erhielt von Daniel Schenck, dem zuständigen Sachbearbeiter für Kindergärten im Hauptamt, folgende Antwort – mit freundlichen Grüßen und der Bitte um Verständnis:

„Nach interner Rücksprache teile ich Ihnen mit, dass die Ergebnisse der Umfrage zunächst in einem Gespräch mit dem Kreis Nordfriesland, dem Amt Föhr-Amrum, dem Zweckverband für Sicherheit und Soziales auf Amrum und dem Träger des Kindergartens erörtert werden. Hierzu ist ein Termin nach den Herbstferien geplant. Bis dahin können wir die Ergebnisse der Umfrage nicht öffentlich machen.“

Lothar Herberger

Auch dem Kindergarten sind die Ergebnisse der Umfrage nicht bekannt und der genaue Gesprächstermin steht noch nicht fest. Man hoffe aber, als Träger rechtzeitig in die Planung mit einbezogen zu werden, erklärte Rian Toda, der Vorsitzende des Kindergartenvereins. Lothar Herberger, der im Kindergarten für die Belegung und Personalplanung zuständig ist, sagte: „Der Kindergarten hat auf Grund seiner Anmeldelisten festgestellt, dass auf der Insel aktuell und für die nächsten Jahre die zur Verfügung stehenden Plätze für die Betreuung der Kinder im Alter von einem Jahr bis zum Schuleintritt nicht ausreichen und dies dem Zweckverband vorgetragen.“

Ob denn in diesem Jahr ausreichend Plätze im Kindergarten zur Verfügung stünden, wollte Amrum News wissen. „Durch die Veränderung der Gruppenstrukturen bei den Flenerk Jongen (Amrum News berichtete am 3.8.) können wir bis Ende des Jahres alle angemeldeten Kinder im Kindergarten aufnehmen“, zeigte sich die Kindergartenleitung überzeugt. „Aber danach werden in unseren fünf Gruppen wieder alle Plätze voll belegt sein, voraussichtlich sogar mit einem Kind überbelegt.“

Ob dies bedeute, dass der Amrumer Kindergarten zum Saisonbeginn 2018 überhaupt keine neuen Kinder mehr aufnehmen könne – weder von der Insel noch Zuzüge vom Festland – fragte Amrum News nach. „Vom 1. Januar bis zum 31. Juli 2018 im Prinzip nicht“ sagte Herberger und klang ziemlich zerknirscht, denn es stünden für diesen Zeitraum bereits jetzt 16 Kinder unter drei Jahren auf der Warteliste des Kindergartens. „Um die aufnehmen zu können, bräuchten wir eine sechste Gruppe.“

Von behördlicher Seite wurde ins Gespräch gebracht, man könne ja die jetzt eingerichtete zweite Krippengruppe (Kinder 0 bis 3 Jahre) wieder zur altersgemischten Gruppe (Kinder 2,5 bis 6 Jahre) umwandeln, um vorübergehend mehr Kinder aufnehmen zu können. Diese Berechnungen wies Herberger als wirklichkeitsfremd zurück. „Da wären dann zeitweise 24 Kinder unter 3 Jahren in der Gruppe! Und das Hin- und Her würde sich jedes Jahr wiederholen, solange die geburtenstarken Jahrgänge in den Kindergarten kommen.“

„Gegenwärtig wird der räumliche Ausbau von Kindertagesstätten vom Land mit bis zu 75% bezuschusst, heißt es aus eingeweihten Kreisen“, sagte Herberger Amrum News, „und der Kindergartenverein würde sich am Ausbau des Kindergartens mit den Mitteln beteiligen, die ihm aus der Auflösung des Elternvereins für betreutes Wohnen auf Föhr zufallen“. Besonders geeignet für die Schaffung zusätzlicher Räumlichkeiten wäre das vom Schützenverein nicht mehr genutzte Gebäude der Gemeinde Nebel (Amrum News berichtete am 4.7.), für das allerdings auch andere Nutzungsoptionen im Gespräch sind.

Bis zum Ende der Förderperiode 2018 stehen für die Schaffung neuer KiTa-Plätze in Schleswig-Holstein noch 35 Millionen Euro zur Verfügung, die von den Kommunen bis jetzt nicht abgerufen wurden.

Stefan Theus und Cornelius Bendixen vom Zweckverband

Cornelius Bendixen ist als amtierender Vorsitzender des Zweckverbands für Sicherheit und Soziales auf Amrum Ansprechpartner der drei Gemeinden in Fragen des Kindergartens. Er schloss in einem Gespräch mit Amrum News nicht aus, dass im nächsten Jahr eine weitere Gruppe im Kindergarten eingerichtet werden müsse, wenn der entsprechende Bedarf vorliege.

Dies zöge jedoch nicht nur räumliche, sondern auch personelle Konsequenzen nach sich und wäre mit einem höheren finanziellen Aufwand der Gemeinden, des Landkreises und des Landes Schleswig-Holstein verbunden.

Ab dem Jahr 2002 bezuschussten die Amrumer Gemeinden den Kindergartenbetrieb jährlich mit rund 70.000 Euro. Dreizehn Jahre später, im Jahr 2015, waren es rund 100.000 Euro und für 2016 wurden die KiTa-Mittel auf 130.000 Euro angepasst.

Im Zuge der Umsetzung des neuen Betreuungsgesetzes flossen in den drei Jahren von 2013 bis 2015 trotz der überdurchschnittlich hohen Elternbeiträge zusätzlich mehr als 120.000 Euro aus den Rücklagen des Kindergartenvereins in den laufenden Betrieb, um das jährliche Defizit auszugleichen. Ende 2015 waren sämtliche Rücklagen der Eltern aufgebraucht.

Nach fünfmonatigen Verhandlungen (siehe Amrum News 9.9.2016 und 2.2.2017) erhöhte der Zweckverband im Februar 2017 den Zuschuss der Gemeinden auf rund 240.000 Euro. Mit einem kommunalen Anteil von 38% an der Finanzierung der Kinderbetreuung näherten sich die drei Amrumer Gemeinden damit dem landesüblichen Niveau von 43%. Vielerorts ist der kommunale Anteil an der Finanzierung der Einrichtungen allerdings bereits auf mehr als 50% gestiegen, und die Landesregierung plant, eine Neuregelung der KiTa-Finanzierung auf den Weg zu bringen, um Eltern und Kommunen zu entlasten, doch damit ist nicht vor April 2018 zu rechnen.

Das Gebäude am Feederhuugam 1 in Nebel, in dem die Flenerk Jongen Gruppen des Inselkindergartens betreut werden, gehört dem Amt Föhr-Amrum – als Rechtsnachfolger des Amtes Amrum. Es wurde dem Kindergartenverein am 1. August 1998 zur Verfügung gestellt und nun, nach 19 Jahren fristgerecht vom Amt Föhr-Amrum zum 31.7.2018 gekündigt. Dementsprechend kündigte auch der Zweckverband Sicherheit & Soziales, der als Gemeinde-Zusammenschluss seit 2015 für die finanzielle und materielle Ausstattung des Kindergartenbetriebs verantwortlich ist, den bestehenden Finanzierungsvertrag mit dem Kindergartenverein.

Cornelius Bendixen sagte Amrum News dazu, dass die Kündigung des Vertrages von 1998 überfällig sei und die Vereinbarung auf eine andere Vertragsgrundlage gestellt werden solle. Man habe dazu jetzt ein Jahr Zeit. Die Kündigung des Mietvertrags durch das Amt hätte rein rechtliche Gründe.

„Wir werden mit dem Kindergartenverein im November in die Verhandlungen über einen neuen Finanzierungsvertrag treten. Dazu gehört auch der Mietvertrag.“ Bendixen versicherte gegenüber Amrum News: „Der jetzige Träger des Kindergartens wird immer der erste Ansprechpartner des Zweckverbands sein, auch wenn sich noch andere weitere Träger finden sollten, wovon ich allerdings nicht ausgehe. Es sei denn, die Eltern wünschten mehrheitlich doch noch, dass der Zweckverband den Kindergarten übernimmt.“ In diesem Fall würde auch das bisherige Personal übernommen. Es brauche sich wegen der Kündigung niemand Sorgen zu machen.

Im KiTa-Gesetz des Landes Schleswig Holstein heißt es dazu: „Die Gemeinden tragen in eigener Verantwortung dafür Sorge, dass die im Bedarfsplan vorgesehenen Kindertageseinrichtungen und Tagespflegestellen geschaffen und betrieben werden. Soweit geeignete Kindertageseinrichtungen und Tagespflegestellen von anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe betrieben und rechtzeitig geschaffen werden können, sollen die Gemeinden von eigenen Maßnahmen absehen.“

Mit anderen Worten: Der Kindergartenverein hilft den Amrumer Gemeinden seit 20 Jahren, ihrer gesetzlichen Verpflichtung nachzukommen und möchte auch zukünftig diese Aufgabe wahrnehmen.

Um alle für 2017 angemeldeten Kinder im Inselkindergarten aufnehmen zu können, wird die Einrichtung gegenwärtig restrukturiert. Umstrukturierungen sind mit Unruhe verbunden, mit neuen Fragestellungen, Unsicherheiten und Vorbehalten. Oft müssen lieb gewonnene Gewohnheiten aufgegeben und neue Herausforderungen gemeistert werden. Das ist kein ganz einfacher Prozess, bei dem in einer frühpädagogischen Einrichtung natürlich die Belange der Kinder im Mittelpunkt stehen. Dafür braucht es Zeit, die entsprechenden Mittel und Engagement.

Doch der Stundenrahmen des gesamten pädagogischen Personals ist nach den Amrum News vorliegenden Unterlagen bereits mit den unmittelbaren Kinderbetreuungszeiten voll ausgelastet. Für Vertretungen bei Urlaub oder Krankheit, pädagogischen Austausch, Vor- und Nachbereitungen, Elterngespräche, Teambildung und Führungsaufgaben bleibt kaum Zeit – mit den entsprechenden Auswirkungen auf die Qualität der Arbeit, die Stimmung im Team und die Gesundheit der Beschäftigten. Dem Kindergarten „fehlen“ dafür rund 170 Personalstunden pro Woche und er liegt darüber seit Monaten mit der KiTa-Aufsicht des Kreises im Clinch. Die genehmigt nicht mehr als 360 Stunden pro Woche für a l l e anfallenden Aufgaben, obwohl de facto allein für die unmittelbare Betreuung der Kinder 372 Personalstunden notwendig sind.

Ausgerechnet in dieser Situation steht dem Inselkindergarten ab September auch im Rahmen des „Freiwilligen Sozialen Jahres“ (FSJ) nur noch eine zusätzliche Kraft zur Verfügung. Die anderen drei FSJ-Stellen, die für eine erhebliche Entlastung bei den Betreuungsstunden sorgen könnten, waren im Haushalt des Zweckverbands 2017 gestrichen worden und wurden auch nachträglich bisher nicht bewilligt – aus Gründen der „Haushaltstreue“ gegenüber den Gemeinden.

Anmerkung der Autorin:

  • 6 des KiTa-Gesetzes in Schleswig-Holstein lautet: „Die Kreise und kreisfreien Städte als örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe planen und gewährleisten ein bedarfsgerechtes Angebot an Kindertageseinrichtungen und Tagespflegestellen nach §§ 24 und 24 a SGB VIII. Bei der Erfüllung dieser Aufgaben werden die Kreise von den kreisangehörigen Gemeinden unterstützt. Die Gemeinden und die anerkannten Träger der freien Jugendhilfe sind frühzeitig und umfassend in allen Phasen der Planung zu beteiligen.“ Mein Eindruck: Die Planung jeder größeren Familienfeier auf der Insel wird bedarfsgerechter und deutlich frühzeitiger angegangen, oder täusche ich mich?

 

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Über Astrid Thomas-Niemann

Astrid Thomas-Niemann ist gelernte Schifffahrtskauffrau sowie studierte Sprach- und Erziehungswissenschaftlerin. Sie hat viele Jahre als Schifffahrtsanalystin gearbeitet und lebt seit 2015 in Wittdün. Als junge Frau kam Astrid 1981 das erste Mal auf die Insel und besuchte auf Zeltplatz II die Niemanns aus Hamburg, die Amrum seit 1962 urlaubsmäßig die Treue halten, inzwischen bereits in der 4. Generation.

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