Tolle Fotos im Amt Amrum von Sven Sturm


Neue Fotoausstellung im Nebeler Amt
© Sven Sturm

Hast du es dir auch gut überlegt? Das scheint die Sumpfohreule zu fragen, deren stechender Blick all jene fokussiert, die ins Standesamtzimmer treten wollen. Mit weit ausgebreiteten Flügeln schwebt sie neben der Tür. Ein besonderes Foto, denn von der Eulenart gibt es auf Amrum nur ein bis zwei Paare. Aufgenommen hat es Sven Sturm, Lehrer an der Öömrang Skuul und Fotograf aus Leidenschaft.

 „Nein, es folgt wirklich keinem System, wo welches Foto hängt“, sagt der 43-Jährige. Seine knapp zwei Dutzend Aufnahmen zieren seit Neuestem die Flure im Amt in Nebel und machen Lust auf einen Besuch.

 Eine schlüpfende Heringsmöwe, Hafen Wittdün im Orkan, zwei Basstölpel beim Schnäbeln, Austernfischer auf Augenhöhe, ein Pfuhlschnepfenschwarm wie gemalt, Leuchtfeuer bei Nacht, ein Alpenstrandläufer im Sturm und natürlich Seehundbabies mit extrem großem Dahinschmelzfaktor.

Wichtig für Sven Sturm: Kamera-Box

Dass viele Fotos den Betrachter tief in die Szene ziehen, liegt am gefühlten Abstand –und der ist fast null! Sturm beteuert: „Super-super-super ungern komm ich den Tieren zu nah. Ich versuche das zu vermeiden, ich will nicht, dass sie in Stress kommen durch mich.“ So lag zum Beispiel vor den anlandenden Austernfischern in etwa einem Meter Entfernung nur Sturms selbst gebastelte Kamera-Box im Sand und lichtete ab, wie die Vögel in vorderster Reihe noch aufgeregt den Strand ausspähen, während hinter ihnen der Rest des Schwarm auf festen Boden drängt. „Niemals fängt man so was so dicht ein, wenn ein Mensch im Spiel ist. Und diese besondere Situation ohne Mensch, die sieht man den Bildern an.“ Das gilt auch für das sich aus dem Ei pickende Heringsmöwenküken, was Sturm nur aufnehmen konnte, weil die Vogelschützer vom Verein Jordsand an der Odde ihn gebeten hatte, bei einem Monitoring in den Dünentälern zu helfen. Man wollte wissen, ob eventuell Ratten Schuld am geringen Bruterfolg der Heringsmöwen seien (sind sie nicht). Und Sturm kam mit seinem Kasten zur Hilfe, der aus 30 Zentimeter Entfernung zufällig ein schlüpfendes Küken einfing.

Gar nicht tölpelig: der Basstölpel © Sven Sturm

Die luftdichte Plastikbox, in der Kamera und Timer versteckt sind, hat ihren Ursprung als Küchenequipment und wurde von Bastler Sturm mit Anti-Dröhn-Folie und Loch und Schraubgewinde für eine extrem hoch entspiegelte Glasscheibe präpariert. Da die Kiste außen mit Sand getarnt ist und zum Fotografieren unter Steinen und Tank versteckt wird, stört sie die Vögel nicht. Im Gegenteil: „Manchmal hab ich viertausend Fotos, wo das fedrige Hinterteil von so einem Vieh sich formatfüllend an die Kiste kuschelt. Dann denk ich manchmal, vielleicht hab ich’s ja auch übertrieben mit der vielen Dröhnfolie “, erzählt Sturm lachend. Den Flauschfaktor kann er sich leicht erklären: „Die Kiste ist natürlich ein super Windschutz für die Tiere.“

Der Mann hat schon Bären in Kamtschatka und Walrosse auf Spitzbergen fotografiert. 2012 war er unter den Preisträgern bei den besten europäischen Naturfotografen. Aber richtig viel Freude hat er an der Basis – auf Amrum. Wenn er helfen kann, die Natur zu schützen, seine Fotos gemeinnützigen Organisationen zur Verfügung stellt und Autorenhonorare dem Öömrang Ferian spendet. Seine Naturliebe war schon als Kind groß, da ging es von Berlin aus immer nach Föhr und tageweise rüber nach Amrum. Dem Ingenieurstudium, Fachrichtung medizinisch-physikalische Technik, folgte eine Auszeit bei Foto Quedens in Wittdün, mit der Folge, dass die Amrumliebe irgendwann so überhand nahm, dass er seinen Projektmanagement-Job bei einem Kamerahersteller gegen ein Lehramtsstudium tauschte: Mathe und Physik. Die Gleichung ging auf. Die Insel brauchte solch einen Lehrer. Und der Lehrer brauchte die Insel. Seit neun Jahren ist er jetzt hier. Mit seinen Schülern geht er im Wahlpflichtkurs Fotografie nachts unter den Leuchtturm. Sein Buch „Ab nach Draußen“, das letztes Jahr erschien, steckt voll mit Inselgeschichten und -Fotos.

Sven Sturm im Sturm
© Peter Wilhelm

Mit seinem Unterwassergehäuse steht er in der Nordsee und fotografiert zurück auf Dünen und Leuchtturm. Mit dem 600-Millimeter-Objektiv liegt er windumtost auf dem nassen Kniep und wartet auf diese Ober-mega-Momente. Das Riesen-Tele fest eingemummelt, er selbst sandgestrahlt in kurzer Hose.

 Schon so einiges an Material hat vor dem Klima kapituliert. „Zwei Kameras, fünf oder sechs Objektive und zwei Blitzgeräte.“ Sturm reagiert recht lässig auf den Schwund. „Wenn es feucht ist, dann schlürfst du dir beim Zoom den ganzen Schmatz von draußen rein.“ Für Schutzmethoden bleibt oft keine Zeit, wie das Foto Sturmflutwelle am Anleger zeigt: „Ich wollte das Bild und musste mich entscheiden – schnell.“

 Sein Wissen über Eintauchwinkel, Flügelschlag und Co holt er sich auch aus privaten Treffen mit Naturkundlern. Gern dabei auch andere naturverrückte Fotografen. Dann sitzen sie in der „Blauen Maus“ und tauschen sich über den optimalen Mix aus Hochwasserzeit, Windrichtung, Sonnenstand und Rastverhalten aus. Eine seiner Maxime: „Ich will nicht langweilen mit meinen Fotos, und ich mache nur solche, die mir selbst gut gefallen.“

Wunderschön ist die Nahaufnahme eines halsreckenden Basstölpels mit Feder im Schnabel, die er seiner Partnerin schenken wird. „Damit wird die Paarbindung eingeleitet. Manchmal ist es auch nur ein kleines Steinchen oder ein Stück Fischernetz. Aber wenn man richtig Glück hat, ist es etwas so ästhetisches wie diese Feder.“

Die September-Sturmflut 2017
© Sven Sturm

Basstölpel sind treue Wesen. Das lässt uns wieder ans Heiraten denken. Aber wie eingangs erwähnt, ist die Hängung der Bilder rein zufällig. Das schöne daran, ist der Überraschungsmoment: So hängt das atemraubende Drama-Foto vom Wittdüner Anleger, auf dem eine zarte Lampe ihre liebe Not hat sich in der wild schäumenden Welle zu behaupten, neben dem Zimmer der Ordnungsamt-Chefin. Diese tritt aus der Tür, sieht uns vor dem Foto stehen und sagt begeistert: „Das ist genau richtig neben meiner Bürotür. Das ist typisch Nordsee und mein Lieblingsbild.“

Die Fotos von Sven Sturm kann man auch kaufen zu Preisen zwischen 90 und 260 Euro, je nach Format und Material. Die Ausstellung im Amt Amrum in Nebel ist das ganze Jahr über anzuschauen. Öffnungszeiten: Mo + Do 08.00 – 16.00 Uhr. Di, Mi + Fr 08.00 – 12.00 Uhr.

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Über Undine Bischoff

Journalistin und Texterin. Fuhr mit drei Jahren zum ersten Mal über den Kniep – in einer Schubkarre. Weil ihr Vater da draußen eine Holzhütte baute, zwanzig Feriensommerjahre lang. Betextet Webseiten und Kataloge, schreibt für verschiedene Medien und natürlich für Amrum News.

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