Hätten Sie gewusst, wo im Öömrang Hüs die acht schönen Bibelfliesen an der Wand kleben? “An einer Stelle, wo man – heute, wie damals – sehr oft hinguckt” sagte Pastor Georg Hildebrandt bei der Eröffnung der neuen Ausstellung “Bibelfliesen”. Und ergänzte schmunzelnd: “Dort, wo heutzutage wahrscheinlich der Fernseher stehen würde.” Tatsächlich, ganz prominent, in der Dörnsk, der guten Stube, genau zwischen den beiden Fenstern, auf Augenhöhe, da kleben sie. Schönstes Blau, viel blauer als die Fliesen der Umgebung. Und man fragt sich, wie man die jahrelang nicht wahrgenommen hat.

Nicht zu übersehen sind die anderen Hundert schönen Fliesen, die jetzt erstmals in Nordfriesland zu sehen sind. Hinter Glas und auf alten Schulpulten liegen sie dicht an dicht in den Ausstellungsräumen des Öömrang Hüs. “Früher konnten ja viele Menschen nicht lesen”, sagte Pastor Hildebrandt. “Auch Martin Luther hat seinen kleinen Katechismus zusätzlich durch Bilder den Menschen näher gebracht.”

Bibelfliesen waren schon immer etwas Besonderes. Man kennt sie seit Anfang des 17. Jahrhunderts. Sie waren natürlich teurer als die normalen Fliesen. Knapp 600 Motive sind bekannt, sie werden in der sogenannten Fliesenbibel ausführlich beschrieben. Aufgeschlagen liegt sie in der Dörnsk. Zu schwer zum Herumtragen. Aber vor den Fliesen der Ausstellung liegen überall kleine Zettelchen mit der Erklärung der jeweiligen Bibelstelle. Da gibt es Josef und Maria bei der Krippe (Fliese von 1740), die drei Morgenlandweisen (1790), Priester bei Nacht (1680), die Flucht nach Ägypten (1760), die Zerstörung von Sodom und Gomorra (1850) oder die Tiere der Arche (1800).

Sortiert nach Altem und Neuem Testament; und nicht nur in schönem Blau – auch in Mangan, mit Motiven im Kreis, im Achteck oder ohne Rahmen – Hinweise auf die verschiedenen Fabriken, in denen sie gebrannt wurden. Bei all dieser, manchmal zarten, Hübschheit, mag man gar nicht glauben, dass Fliesen einst als Ballast in leeren Bäuchen von Handelsschiffe dienten: klein, handlich, hohes Gewicht. Und am Ende der Reise sogar noch verkäuflich. Über den fernen Osten und den Orient kam diese Wandschmuck-Tradition nach Europa – und von den Niederlanden über Walfänger und Seefahrer auch auf die Inseln hier.

Dass diese Ausstellung jetzt auf Amrum ist, hat mit Jens Quedens zu tun. Auf Bibelfliesen, die der Chef des Öömrang Ferian für sein Ladengeschäft bestellt hatte, fehlte der Vermerk der zugehörigen Bibelstelle. “Wie soll da jemand Unkundiges wissen, was für eine Szene das ist?”, fragte er seinen niederländischen Händler. Woraufhin der ihm einen Kontakt zu Kurt Perrey vermittelte, einem ehemaligen Pastor, der seit über 50 Jahren zu diesem Thema forscht und gemeinsam mit dem Niederländer Jan Pluis die Idee hatte, solche biblischen Fliesen zu sammeln und später dann, gemeinsam mit Gleichgesinnten, das Norder Bibelfliesenteam gründete. Die Damen und Herren gehören zum evanglisch-lutherischen Kirchenkreises Norden und touren seit 2003, seit dem “Jahr der Bibel”, mit ihrer liebevoll aufbereiten Ausstellung durch Deutschland. Aus dieser ständigen Weiterbildung und Forschung ist auch irgendwann die große Fliesenbibel entstanden (gibt’s für 34,50 Euro zu kaufen) und über fünfzehn Fliesenbibel-Bilderbüchlein ergänzt um Erklärungen und passende Miniaturpredigten zu Themen wie Pilgerwege, Trauer, Sturm oder Engel (je 2,50 Euro). Liegt jetzt alles zum Anschauen im Öömrang Hüs.
Die Bibelfliesen-Ausstellung im Öömrang Hüs ist bis zum 31. August während der Öffnungszeiten zu sehen: Montag bis Freitag 11:00 – 13:30 und 15:00 bis 17:00 Uhr, Samstag 15:00 – 17:00.