Die Insel Amrum gehört zu einem von 95 touristischen Standorten in Schleswig-Holstein, in denen die ansässigen Geschäfte von Mitte Dezember bis Ende Oktober auch an Sonntagen geöffnet haben dürfen.
Diese sogenannte Bäderregelung hat ursprünglich den Zweck, Urlauber auch sonntags mit den nötigsten Waren des touristischen Bedarfs zu versorgen. Da das angebotene Warensortiment immer breiter wird und Fachmärkte sowie Einkaufszentren an vielen Sonntagen geöffnet haben, ist der eigentliche Sinn der Bäderverordnung in den Hintergrund gerückt. Aus diesem und weiteren Gründen haben die Nordelbische Kirche und das Erzbistum Hamburg einen bereits Ende 2009 eingereichten Antrag auf Normenkontrolle im Sommer 2011 wieder aufleben lassen. In diesem Normenkontrollantrag geht es darum, zu klären, ob die in Schleswig-Holstein geltende Bäderregelung den Normen der Verfassung entspricht.
Um dieses Thema auch auf Amrum publik zu machen und einen Austausch mit den Gemeindemitgliedern und insularen Einzelhändlern zu schaffen, luden Inselpastorin Friederike Heinecke und der Oberkirchenrat des Nordelbischen Kirchenamtes (Dezernat T), Heiko Naß, am vergangenen Sonntag im Anschluss an den Gottesdienst zu einer Gesprächsrunde in das St. Clemens Hüs in Nebel ein.
Einige Interessierte und betroffene Einzelhändler waren erschienen, um sich über die geplante Änderung der aktuell gültigen Bäderverordnung, die an 45 Sonntagen im Jahr eine achtstündige Öffnungszeit ab 11.00 Uhr vormittags erlaubt, zu informieren und zu diskutieren. Zunächst machte Heiko Naß, der den Normenkontrollantrag vertritt, seinen und den Standpunkt der Kirchen, die eine Eingrenzung des Warenangebotes sowie eine maximal fünfstündige Öffnungszeit ab 12.00 Uhr an 32 Sonntagen fordern, deutlich. Es gehe nicht darum, den Unternehmern etwas zu verbieten, sondern den Schutz der gottesdienstlichen Zeit am Sonntagvormittag zu wahren, stellte Naß klar. Außerdem sei der Sonntag eine Pause vom Alltag und solle als Entschleunigung des täglichen Lebens dienen. Nachdem der Kirchenvertreter seine Rede beendet hatte, konnten die Anwesenden Fragen stellen und ihre Meinung vertreten. Norddorfs Bürgermeister Peter Kossmann vertrat die Ansicht, dass es jedem Unternehmer selbst überlassen sein müsse, wann das eigene Geschäft sonntags geöffnet hat. Daraufhin fragte Heiko Naß, ob es sich finanziell lohne, während der Wintermonate am Sonntag im Geschäft zu stehen. Es kämen zwar keine Mehreinnahmen in die Kassen, aber den Gästen würde ein Service geboten werden, da sie jeden Tag einkaufen gehen könnten, waren sich Kossmann und Aribert Schade von der Amrum Touristik einig. Heiko Müller, stellvertretender Bürgermeister von Wittdün, sieht in der überarbeiteten Bäderregelung kein größeres Problem, da die Amrumer Geschäfte nicht mehr als 30 Sonntage im Jahr geöffnet haben. Durchaus positiv aufgenommen wurde von den anwesenden Einzelhändlern und Interessierten, dass vier „flexible“ Sonntage zu den 32 geplanten dazukämen. So solle den Weihnachts- und Neujahrsgästen die Möglichkeit gegeben werden, auch während ihres Winterurlaubes sonntags einkaufen gehen zu können, erzählte Naß weiter.
Vor Gericht wird demnächst entschieden, wie die von der Kirche gewünschte moderate Bäderverordnung aussehen wird und was sich damit auch für die Amrumer Geschäftsleute ändert. Abschließend bedankte sich Friederike Heinecke bei den Anwesenden, insbesondere bei Cornelius Bendixen aus Nebel, „der“, so die Pastorin, „den Stein auf der letzten Gemeindeversammlung ins Rollen gebracht hat“. Nach fast eineinhalb Stunden war die lebhafte Gesprächs- und Diskussionsrunde zur Bäderregelung beendet und alle Beteiligten verließen mit neu gewonnenen Eindrücken und Informationen das St. Clemens Hüs, um den (verkaufs-) freien Sonntag zu genießen.