Molenfest in Steenodde: In Würde und Anstand versoffen. Auch manche Papierboote…


Gleich rein ins Fest des Amrumer Segel- und Regatta-Vereins: Zum Höhepunkt des Steenodder Molenfestes am letzten Samstag schleppte ein gutes Dutzend Kiddies Papierboote an, deren baulicher Charakter von hoch professionell (Öömrang-Skuuls „White Pearl“ mit Pappspanten) über altes Handwerk („Papier Krouser Tade1Tim“ aus einer Negativform vom alten Kapitän August Jakobs) bis „lass uns mit dem Pappkarton doch mal baden gehen“ reichte.

...Mischung aus Gondel und Wikingerschiff
…Mischung aus Gondel und Wikingerschiff

Letztere Gruppe, vier Jungs, die derzeit in der Fachklinik Satteldüne kuren und mit dem was die Altpapiertonne hergab am Start standen, wussten vorher, dass sie „in Ehren versaufen“, wie es so schön heißt: „Wir sind nicht die Sieger, aber die Komiker des Abends“, sagte Maximilian Schleicher aus Ahlen bei Münster. „Unsere Boote werden mit Würde untergehen!“ Wow! So viel Schneid machte echt Spaß! Maximilian, Nino, Moritz und Colin – die ihr über den ersten Meter nicht hinausgekommen seid – , wir danken euch, ihr ward klasse! Gewonnen hat dann, nach zwei Runden Dreieckskurs und großem Fangebrülle vom Deichrand, „White Pearl“, ein Mix aus Wikingerschiff und venezianischer Gondel, am Paddel Mads Hansen, Ennes Wand, Franziska Banneck und Jaap-Oke Tadsen stellvertretend für die neunte Klasse der Öömrang Skuul, die in den letzten zwei Monaten mit Hilfe ihres Techniklehrers Peter Grzeschke an der richtigen Papier-Pappe-Kleister-Mischung bastelte, Spanten zog, klebte, deckte, klebte, deckte. Was bis nächstes Jahr mit dem Siegerboot passiert? Es wird vielleicht in der Schulaula unter die Decke gehängt, sagt Oberbastler Grzeschke.

Ganz enges Rennen...
Ganz enges Rennen…

Ihren Dauer-Sieg der letzten zwei Jahre konnten die beiden Süddorfer Tade Peters und Marvin Rehberg dieses Mal also nicht verteidigen. Sportlich galant hatte die beiden 15-Jährigen ihren jüngeren Kontrahenten eine Minute Vorsprung gegeben. „Den haben wir einfach nicht aufholen können“, sagten die Zweitplatzierten. Den dritten Platz machte „MS Tapetenrolle“ mit den Föhrern Otis und Jores Kohn sowie Gerret Christiansen, die bei der Auswahl ihres Bootspapiers, Seekarten!, designmäßig ganz vorne lagen.

Badenixen-60er-Jahre-Ambiente...
Badenixen-60er-Jahre-Ambiente…

Tade Hansen und Tim Ziegler machten nach anfänglichen Schwierigkeiten ein super Rennen zum fünften Platz. Die beiden Jungs, die beim Start nicht ins Boot fanden, bewiesen Ruhe und Besonnenheit, meisterten den Wiedereinstieg und ließen ihr Ziel nicht aus den Augen. Chapeau! Das Damenteam mit Martina Hoff und Ines Peters gab dem ganzen einen Touch von Badenixen-60er-Jahre-Ambiente. Die beiden Ladys sahen mit rosafarbenen Blümchenbadekappen einfach hinreißend aus, brachten ihr Papierboot mit rosa Seidenpapier gekonnt auf den vierten Platz und stießen hinterher mit rosafarbenen Sektdöschen auf diesen unglaublich gelungenen Auftritt an.

Ohne Chichi und bautechnisch professioneller waren die Optimisten am Start. Sonne war nicht, aber was es dringender brauchte, war Wind. Und der blies! Nahezu schulbuchmäßig, wie Moderator und ASRV-Jugendwart Ulf Jürgensen sagte, gewann Jacob Schmitt in seiner „Titanik“ nach drei Läufen das Rennen. Geblähte Segel, rauer Kurs und klasse Technik führten zu diesen Ergebnissen: Jores Kohn (2), Otis Kohn (3), Till Stubenrauch (4), Jaap-Oke Tadsen (5), Tom Isemann (6), Pele Peters (7), Mads Hansen (8), Liv Bendixen (9) und Aenne Traulsen (10).

Die Optimisten am Start...
Die Optimisten am Start…

Christian Klüßendorf, zweiter Vorsitzender beim seit 25 Jahren bestehenden Amrumer Segel- und Regatta-Verein, war guter Dinge. „Unser Ziel, den Jugendlichen auf der Insel den Wassersport zu ermöglichen, macht uns allen Spaß.“ Die Ehrenamtlichen betreuen drei Kindergruppen, eine Jollengruppe – die Piratensegler, mit denen man sogar bei der deutschen Jugendmeisterschaft dabei war. Ein großer Erfolg, schließlich ist das Revier tideabhängig – die Zeit zum Üben daher begrenzt. Glücklich ist man über die tolle Gemeinschaft mit der Nachbarinsel, von der dieses Jahr nicht nur gute Segler und Papierbootpaddler kamen, sondern auch eine ausgemusterte Rettungsinsel der W.D.R, die, einmal aufgeblasen, von den Kindern pausenlos bespielt wurde.

Wie immer großer Andrang zur Besichtigung des Rettungskreuzers...
Wie immer großer Andrang zur Besichtigung des Rettungskreuzers…

Den Strand verlassend, zeigte sich auf der Mole folgendes Bild: Eine dichte Traube Menschen, die sich an Ständen mit Krimskrams  und Leckereien abwechselnd mit Crêpes, Büchern und Bier versorgte, beim Seile machen zuschaute oder Dosen warf. Die leckeren Kuchen der Mütter der Segelkinder (Erdbeer-Mascarpone!) waren ratzfatz aufgegessen. Genug Futter im Magen also für die lange Warteschlange vor dem Seenotrettungskreuzer „Vormann Leiss“ der für zwei Stunden am Molenkopf zum „open ship“ lud. „700 bis 800 Leute schleusen wir heute hier durch“, sagte Maschinist Hark Seesemann auf seiner Vorschiff-Position. Seine Kollegen und er hatten sich übers Schiff verteilt, gaben den Strahlern Licht und den Kindern Antworten. „Was kann das Beiboot?“, „wo ist der Maschinenraum?“, darf ich mal auf die Brücke?“Am Fuß der Gangway (heißt das bei Rettungskreuzern auch so?) stand ein Kollege mit der „30-cm-Klasse“ unter dem Arm, der Spendendose der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger in Form eines Kreuzers, die am Ende hoffentlich bis zum Rand gefüllt war.

Der Wind nahm zu und passte sehr gut zu den Seemannsliedern des Amrumer Shantychores, der nach den Regatten und Schiffsbesuchen die Bühne enterte und die Zuschauer gefangennahm.

Den Wind im Gesicht und ein Lied auf den Lippen: der Amrumer Shantychor
Den Wind im Gesicht und ein Lied auf den Lippen: der Amrumer Shantychor

Am Ende des Tages war die Schlange vor dem Krabbenkutterhäuschen (Steuerhaus No 1) noch genau so lang wie am Tagesanfang. Fischer Andreas Thaden hatte Krabbenbrötchen vorbereitet und schenkte dazu einen Weißburgunder aus, den sehr beliebten Jahreswein, der – wie sagt man? – hervorragend mit den Krabben korrespondierte, weshalb der Klönschnack an den Tischen auch nicht durch den heftigen Regenschauer unterbrochen wurde, der das Fest gegen halb zehn abends heimsuchte. Und wenn der Wein nicht alle ging, dann korrespondieren sie wahrscheinlich immer noch …

 

 

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Über Undine Bischoff

Journalistin und Texterin. Fuhr mit drei Jahren zum ersten Mal über den Kniep – in einer Schubkarre. Weil ihr Vater da draußen eine Holzhütte baute, zwanzig Feriensommerjahre lang. Betextet Webseiten und Kataloge, schreibt für verschiedene Medien und natürlich für Amrum News.

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