Als die Büsumer Krabbenkutter im Yachthafen lagen…


Bilder aus einer Zeit, als die Fähre noch keine Rampe hatte und manch’ Auto nur drei Räder.

Auf dem Treffen der Gewinner des Fotowettbewerbs 2015 erzählte mir meine Tischnachbarin Martha Pohl aus Hamburg ganz nebenbei, dass schon ihr Vater Ende der 1950er Jahre viel auf Amrum fotografiert habe. Es seien interessante Aufnahmen von Büsumer Krabbenkuttern darunter, die damals zuhauf im heutigen Yachthafen vor Anker lagen. (Ja, wirklich! An Pfählen im Tonnenhafen, nicht an der Pier in Steenodde, wie man meinen könnte.) Sie hätte die schönsten seiner Dias jetzt professionell digitalisieren lassen und individuell nachbearbeitet. Ich wurde hellhörig: Bilder aus der maritimen Arbeitswelt auf Amrum Ende der 1950er Jahre, auch „fotografisch interessant“, und Frau Pohl war bereit, sie mit den Leserinnen und Lesern von AmrumNews zu teilen?! Wir kamen näher ins Gespräch…

Martha Pohl erzählte von ihrem Vater Louis, von dessen Liebe zur Fotografie, zu Schiffen, von seiner ersten Leica Kamera nach dem Krieg – und dass er „ genau“ fotografiert habe, „unaufgeregt“. „Er hat sich mit den Leuten unterhalten und gut hingeschaut. Das hing wohl auch mit seinem Beruf zusammen.“ Louis Pohl war Ingenieur bei Blohm & Voss in Hamburg, hatte auf der Werft als Schiffsschlosser gelernt. Wegen einer Bronchitis reisten seine Frau und er im Herbst 1957 für eine Woche nach Amrum, wo die erste Serie von Fotos entstand. 1958, gleich im nächsten Frühjahr kamen die Pohls wieder, diesmal für drei Wochen im Mai. In dieser Zeit entstanden die Aufnahmen der Fischer im Tonnenhafen, „damals auch Kutterhafen und noch völlig ohne Sportboote.“

„ Die Aufnahmen sind höchstwahrscheinlich mit einer Leica IIIf  gemacht worden“, meint Frau Pohl, „da war noch kein Belichtungsmesser eingebaut und die Objektive wurden mit Schraubverschluss befestigt.“ In ihrer komplizierten Handhabung wirklich kein Vergleich zur Bequemlichkeit späterer Spiegelreflex- oder heutiger Digitalkameras! Den Blick für den passenden Moment und die richtigen Kameraeinstellungen (oft verbunden mit geduldiger Fummelei), die damals hinter so gelungenen Fotografien steckten, kann man nur bewundern. Louis Pohl verwendete für seine Dias den Standardfilm „Agfacolor CT 18“ mit 36 Aufnahmen, die sich durch einen hohen Blauanteil auszeichnen und als pflegeleicht und sehr haltbar erwiesen. Zum Glück! Denn dadurch konnten die Dias in Farbe, Schärfe und Helligkeit nach der Digitalisierung im neuen Format gut rekonstruiert werden, ohne den Charme der alten Aufnahmetechnik zu verlieren. Aber schauen Sie selbst – wir haben zwölf der Fotos in einer Galerie für Sie zusammengestellt…

Als Louis Pohl im Sommer 1959 die Instandhaltungsarbeiten am Seenotrettungsboot „Rickmer Bock“ fotografierte (es stand kurz vor der Überführung nach Büsum und Herr Pohl kannte das Schiff wohl schon seit der Ausdockung auf der Hamburger Pahl-Werft ), da war es um Familie Pohl längst geschehen: Sie verbrachten nun jeden Sommer vier Wochen auf Amrum, meist in der Strandstraße in Wittdün. Urlaubsfreundschaften wurden geschlossen, man traf sich von Jahr zu Jahr wieder. Ab 1961 war auch Tochter Martha dabei, die später die Familientradition fortsetzte und bis heute immer wieder kommt und andere von der Insel begeisterte, letztes Jahr mit ihren Fotos zum Thema „Glücksmomente“ und jetzt mit den digitalisierten Aufnahmen ihres verstorbenen Vaters. Vielen Dank, Frau Pohl.

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Über Astrid Thomas-Niemann

Astrid Thomas-Niemann ist gelernte Schifffahrtskauffrau sowie studierte Sprach- und Erziehungswissenschaftlerin. Sie hat viele Jahre als Schifffahrtsanalystin gearbeitet und lebt seit 2015 in Wittdün. Als junge Frau kam Astrid 1981 das erste Mal auf die Insel und besuchte auf Zeltplatz II die Niemanns aus Hamburg, die Amrum seit 1962 urlaubsmäßig die Treue halten, inzwischen bereits in der 4. Generation.

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