Zu der Jahreszeit, in der es am Strand richtig ungemütlich wird, man als Wanderer häufig alleine unterwegs ist und sich dabei schon auf ein Heißgetränk und die warme Stube freut, bringen erstaunlicherweise die Kegelrobben ihre Jungtiere zu Welt. Der Anblick der kleinen Tiere mit ihren Knopfaugen und dem weißen langhaarigen Fell, ist der lebende Beweis, dass die als Souvenir zu kaufenden Plüschrobben ein lebendes Vorbild haben.
Mit einem Gewicht von bis zu 300 Kg und als größter Beutegreifer in Deutschland sind Kegelrobben jedoch keine Kuscheltiere. Auf dem Speiseplan der großen Bullen stehen nicht nur Fische, sondern in Einzelfällen werden auch kleinere Seehunde und sogar Schweinswale erbeutet.
Nachdem die Kegelrobben für einige Jahrhunderte im Wattenmeer als ausgestorben galten, gab es 1988 auf der Sandbank „Jungnamensand“ westlich von Amrum wieder die erste Geburt. Der Kegelrobbenbestand steigt seitdem im gesamten Wattenmeer wieder an, so dass der Gesamtbestand in den Niederlanden, Deutschland und Dänemark zusammen laut dem zuständigen Mitarbeiter der Nationalparkverwaltung Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer Armin Jeß auf mittlerweile rund 5500 Tiere angewachsen ist, wovon sich aber maximal nur rund 100 bis 200 Tiere an der schleswig-holsteinischen Wattenmeerküste aufhalten – wenig im Vergleich zu einem Bestand von etwa 10 000 Seehunden.
Die Neubesiedlung des Wattenmeeres durch die Kegelrobben erfolgt sehr wahrscheinlich von der schottischen Küste aus. Durch Besenderung von Kegelrobben und durch die Markierung mit Flossenmarken ist bekannt, dass selbst für nicht ausgewachsene Kegelrobben die Strecke einmal quer durch die Nordsee kein Problem darstellt. Spannend ist auch, dass bei archäologischen Grabungen an der Küste in der Nähe von historischen menschlichen Siedlungsstätten keine Seehunds- sondern nur Kegelrobbenknochen gefunden wurden. Das spricht dafür, dass vor einigen hundert Jahren die Kegelrobbe die dominante Robbenart an unserer Küste war. Wie sich das Zahlenverhältnis von Kegelrobben zu Seehunden bei uns an den Küsten zukünftig entwickeln wird, ist eine hochspannende ökologische Frage.
Der Kegelrobbenwurfplatz auf dem Jungnamensand ist in den letzten Jahren durch Wellen, Wind und Strömung leider deutlich unattraktiver geworden. Während der Jungnamensand noch vor einigen Jahren bei Hochwasser deutlich aus dem Meer schaute und ein idealer Platz für die Robben war, um ihre Jungtiere auf die Welt zu bringen, ist die Sandbank aktuell bereits bei einem normalen Hochwasser flach überflutet. Dies hatte zur Folge, dass die Zahl der Kegelrobbengeburten vor Amrum, im Gegensatz zu der Gesamtbestandsentwicklung, in den letzten Jahren deutlich abnimmt und sich dieser Trend fortsetzt. Dafür nutzten in den letzten Jahren einige wenige Kegelrobbenweibchen den Amrumer Kniepsand als Ausweichplatz, um ihre Jungen zu gebären. Der Amrumer Strand war im letzten Winter mit zwei Geburten somit der einzige Wurfplatz von Kegelrobben im schleswig-holsteinischen Wattenmeer. Auf der Helgoländer Düne gibt es hingegen in jedem Jahr einen neuen Rekord bei der Geburtenzahl. Im Winter 2016/2017 wurden dort 351 Jungtiere geboren.
Die Wurfsaison der Kegelrobben beginnt im November und endet im Januar, spätestens jedoch Mitte Februar. Um in diesem Zeitraum einen bestmöglichen Schutz der wenigen und dadurch umso wichtigeren Jungtiere im schleswig-holsteinischen Wattenmeer zu gewährleisten, sind in diesem Zeitraum jeden Tag die Mitarbeiter der Schutzstation Wattenmeer, des Öömrang Ferian, des Vereins Jordsand und die Seehundjäger auf dem Kniepsand unterwegs. Wenn ein Jungtier gefunden wird, wird eine mobile Schutzzone um das Tier errichtet, die Strandspaziergänger werden informiert und um das Jungtier herumgeleitet, damit es seine Ruhe hat und auch die Mutter sich wieder zurück zu ihrem Jungtier wagen kann.
Am 01.12.2017 wurde vermutlich in den frühen Morgenstunden das erste Kegelrobbenjungtier diesen Winters auf dem Amrumer Strand geboren. Beim Hellwerden fand eine Mitarbeiterin des Öömrang Ferian das Jungtier tot neben seiner Mutter liegend. Zeitweise ruhte auch ein Kegelrobbenbulle bei den beiden. Der Kadaver wurde für weitere Untersuchungen an die Tierärztliche Hochschule Hannover weitergeleitet.
Da die Kegelrobbensaison gerade erst begonnen hat, ist es jedoch nicht unwahrscheinlich, dass es diesen Winter noch weitere Geburten auf dem Kniepsand geben wird. Um den Schutz der Jungtiere gewährleisten zu können, bitten die Amrumer Naturschutzverbände und die Seehundjäger darum Beobachtungen von Kegelrobben auf dem Strand möglichst zeitnah unter:
04682 1635 (Naturzentrum Amrum, Norddorf)
04682 2718 (Schutzstation Wattenmeer,Wittdün)
0171 1258238 (Verein Jordsand, Amrum Odde) oder bei den Seehundsjägern selbst zu melden.