In 13 ½ Stunden von Düsseldorf nach Amrum – oder: Die Folgen von Sturmtief Ursula – ein Erfahrungsbericht …


Keine Fähren!

Um es vorweg zu nehmen: Es waren diesmal weder die verspätete Bahn, noch ausgefallene Flüge oder gesperrte Autobahnen die mich als Reisenden an den Rand der Verzweiflung brachten, es war „Ursula“, das Sturmtief, dass letzten Freitag über die Küsten Nordfrieslands hinweg zog.

Aber von vorne: Ich habe ja schon einige Reiseberichte  mit außergewöhnlichen Verläufen verfasst (siehe auch „Wenn ein Amrumer eine Reise tut 1.0“, „2.0“, „3.0“ – Dez. 2010, Sept. 2021, Mai 2022 oder „2024-Odyssee im Wattenmeer“, Apr. 2024). Nun stand wieder einmal eine längere Reise an, mein Enkel in Düsseldorf wurde eingeschult, und da wollte ich natürlich dabei sein. Zusammen mit Laura, meiner Tochter und Tante von Mats waren wir ins Rheinland gefahren. Im Vorfeld haben schon viele meiner Bekannten geunkt, dass da ja mal wieder ein Reisebericht fällig werden würde, und ich war mir auch gar nicht sicher, dass es nicht so kommen würde. Und es kam so.

Sturmflut in Dagebüll

Die Hinreise am Montag verlief ziemlich unspektakulär, alle Schiffs-und Zugverbindungen waren im Zeitrahmen und mit letztendlich nur rund 20 Minuten Verspätung kam ich am Düsseldorfer Hauptbahnhof an, für die Deutsche Bahn eine ziemlich gute Leistung, fand ich. Mein Sohn holte mich ab, Laura war schon da, und wir verbrachten ein paar schöne Tage mit meinen beiden Enkeln im Kreise der Familie. Am Donnerstag war die Einschulung und am Freitag ging es zurück nach Amrum. Wir hatten einen Kurswagen ab Düsseldorf bis nach Dagebüll buchen können und tatsächlich waren alle Wagen des IC 2312 in der richtigen Reihenfolge und mit nur 10 Minuten Verspätung ging für uns die Fahrt los. Zuvor waren wir mit einem „Uber- Taxi“ vom Hotel zum Hauptbahnhof gefahren, für mich übrigens eine ganz neue positive Erfahrung.

Sturmflut in Dagebüll

Am Vorabend der Rückreise hatten wir die Info bekommen, dass auf Grund der angesagten Witterungsverhältnisse eine Änderung im Fährplan der W.D.R. möglich sei, die Fahrten der Halliglinie waren bereits abgesagt. Gemäß Franz Beckenbauers „schaun mer mal“ gingen wir die Sache an, ändern konnten wir sowieso nichts. Nur kurze Zeit nach Abfahrt vom Düsseldorfer Hauptbahnhof erhielten wir per WhatsApp die Mitteilung, dass sowohl unsere angestrebte Fährverbindung nach Wittdün um 18 Uhr als auch die „Sicherheitsfähre“ um 20 Uhr nicht fahren würden, erst um 20:45 Uhr gäbe es eine Zusatzverbindung nach Amrum. Na Bravo, dachten wir, aber wenigstens würden wir heute doch noch nach Hause kommen. Wenn auch deutlich verspätet. Und so war es dann auch. Insgesamt 13 ½ Stunden zwischen Abfahrt vom Hotel in Düsseldorf, bis Ankunft der Fähre in Wittdün, davon 4 ½ Stunden warten in Dagebüll ………..

Sturmflut in Dagebüll

Die 10 Minuten Verspätung bei der Abfahrt des Intercity hatte der Zug übrigens bis Hamburg mehr als aufgeholt, 7 Minuten zu früh kam er in HH-Harburg an! Auch so etwas gibt es. Dafür hat sich die NEG dann beim Abkoppeln der Kurswagen in Niebüll und Weiterfahrt nach Dagebüll etwas Zeit gelassen. Ca. 15 Minuten nach der ursprünglich angegeben Zeit erreichten wir die Mole. Das war aber ziemlich egal, denn es fuhren ja eh keine Schiffe. Wahrscheinlich konnte der Zugführer mit der langsameren Fahrt etwas Sprit sparen. Seine Durchsage war auch bemerkenswert: „Liebe Fahrgäste, ich habe das Glück Ihnen mitteilen zu dürfen, dass alle ihre angestrebten Fähren nicht fahren. Die nächsten Verbindungen nach Föhr sind für 19:45 Uhr vorgesehen, nach Amrum um 20:45 Uhr.“ So stand es dann auch an der Anzeigetafel: 19:45 Föhr Anleger 3, 19:45 Föhr Anleger 1, 20:45 Föhr und Amrum Anleger 3.

Weggespülte Bohlenwege und Surfbretter in Nebel

Wir mussten uns also über 4 Stunden lang die Zeit in Dagebüll vertreiben, bestaunten mit vielen anderen Wartenden und ebenso vielen angereisten Katastrophenschaulustigen wie die Sturmflut den Fähranleger und die Mole (teilweise) überflutete, gingen bei stürmischen Wind die Dagebüller Flaniermeile mehrmals auf und ab, gönnten uns bei „Lauris Küstendiner“ ein echt amerikanisches Essen (Anm.: Viel zu große Portionen!) warteten in der nicht gerade anheimelnden ehemaligen Schalterhalle der W.D.R. (wenigstens gibt es dort eine Toilette) darauf, dass die Nordsee sich soweit zurückzog, dass wir trockenen Fußes ins „Tor zu den Inseln“ gelangen konnten, wo wir Stunden vorher unsere Koffer abgestellt hatten. Dort genehmigten wir uns noch ein Getränk und warteten auf die Fähren, die sich von Wyk aus auf den Weg gemacht hatten.

Gesicherte Strandkörbe in Süddorf

Während die ersten Beiden sich dem Fähranleger näherten, erklang eine kaum verständliche Durchsage von der ich nur das Wort „Amrum“ verstand. Ich ging nach draußen um einen Blick auf die Anzeigetafel zu werfen. Dort stand jetzt: 19:45 + 30 Föhr Anleger 3, 19:45 + 30 Föhr Anleger 1, 20:00 + 45 Amrum direkt Anleger 2. Prima dachten wir, die Föhrer kommen noch später weg, nach Amrum bleibt es bei der vorausgesagten Zeit, aber jetzt ist es eine Direktverbindung. Wir sparen eine halbe Stunde ein! Von der oberen Etage im „Tor zu den Inseln“ hatten wir einen guten Blick auf das Fährgeschehen und sahen wie die „Nordfriesland“ sich dem Fähranleger 2 näherte. Unser Schiff, dachten wir. Wir warteten bis alles ausgeladen war, gingen dann hinunter um uns zu den Wartenden zum Einstieg zu gesellen. Dabei viel Laura auf, dass die zuvor für Amrum in der Wartespur gestandenen Autos nicht mehr da waren. Auf die „Nordfriesland“ waren jedoch noch keine Fahrzeuge verladen worden. Wo waren sie hin? Eine Nachfrage beim Ticketkontrolleur ergab, dass die Direktfähre nach Amrum jetzt die am Fähranleger 1 sei. Na ja, dann also 50 Meter weiter laufen war kein Problem, aber wir waren fast die Letzten, die dort an Bord gingen, die Autoverladung war bereits abgeschlossen. Kaum waren wir im Salon angekommen, ertönte auch schon der Gong und die Fahrt nach Amrum wurde angekündigt. Bereits 10 Minuten früher als noch vor gut einer halben Stunde an der Anzeigetafel vermerkt. Da hätten wir doch zu guter Letzt auch noch die Fähre verpasst! Wie aber später zu erfahren war fuhr um 20:45 Uhr dann noch eine Fähre über Wyk nach Wittdün. Trotzdem, es war für die W.D.R. wohl schwierig das Chaos der verspäteten Fährfahrten  zu bewältigen. 20:45 nach Amrum erst Fähranleger 3, dann Anleger 2 und letztendlich Anleger 1 direkt und Anleger 3 oder 2 über Föhr.

Nur geringer Dünenabbruch in Norddorf

Egal, Ende gut Alles gut, jedenfalls sind wir müde und erschöpft doch noch heile auf Amrum angekommen. Aber ich brauchte 2 Tage um mich einigermaßen zu erholen und bei Spaziergängen mit dem Hund („Wilma“) die Schäden die „Ursula“ auf Amrum angerichtet hatte zu begutachten. Wirklich Schlimmes scheint nicht passiert zu sein. Wie immer bei solchen Sturmfluten sind die Bohlenwege an den Strandübergängen in Nebel und in Süddorf weggespült worden, ein paar Surfbretter und Zubehör hat es in die Dünen geschwemmt, einige Strandkörbe sind etwas beschädigt, wobei die erfahrenen Strandkorbvermieter den Großteil der Körbe in Sicherheit gebracht und in Reih und Glied am Dünenrand aufgestellt haben. Und in Norddorf hat es nur vergleichsweise wenig Dünenabruch zwischen Ban Horn und Übergang zum Fahrradständer gegeben.

Das Wetter wird wieder schön!

Gott sei Dank sind nicht alle Fahrten von und nach Amrum problembelastet, fünf ereignisreiche Reisen in 14 Jahren sprechen aber schon für sich, finde ich. Und nicht nur wenn dann auch noch das Wetter wieder besser ist, bin ich immer wieder froh auf Amrum zu Hause zu sein.

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Über Peter Totzauer

Dr. med. Peter Totzauer, Facharzt für Allgemeinmedizin, Facharzt für Anästhesie, Notfallmedizin, Spezielle Schmerztherapie, geb. 1954 in Fürth/Bay.,hat, bedingt durch den Beruf des Vaters, als Kind u.a. 4 ½ Jahre in Frankreich gelebt. Abitur 1974 in Köln, Studium der Humanmedizin an der Universität Bonn. Seit 1982 ärztlich tätig, davon viele Jahre als Oberarzt in der Anästhesie und als Leitender Notarzt in Euskirchen. War 2007 für ein halbes Jahr im Rahmen einer „Auszeit“ vom Klinikalltag bei seiner Lebensgefährtin Claudia auf Amrum. Dies hat ihm so gut gefallen, dass er seit Ende 2008 seinen Lebens- und Arbeitsmittelpunkt ganz auf die Insel verlegt hat und hier seit 2010 mit in der „Praxis an der Mühle“ arbeitet. Er hat zwei erwachsene Kinder, sein Sohn ist niedergelassener Physiotherapeut in Neuss, seine Tochter ist Lehrerin an der Öömrang Skuul.

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One comment

  1. Moin,

    Herr Dr. Totzauer ist fast zu beneiden. Nur (!) 5 ereignisreiche Fahrten mit der Bahn in 14 Jahren! Das können wir locker in den Schatten stellen. Wir reisen jedes Jahr zu unserem Amrum-Urlaub aus Süddeutschland mit der Deutschen Bahn AG an. Verspätungen, nicht vorhandene Waggons, umgekehrte Wagenreihungen sind bei unseren Fahrten eher die Regel als die Ausnahme!

    Das Problem ist, dass man bei der Anreise von der Fähre abhängig ist. Mehr als einmal schafften wir mit Müh und Not die allerletzte Fähre des Tages. Zweimal auch nur, weil wir uns in Niebüll ein Taxi nahmen und die Fahrer, ihren Führerschein riskierend, zur Dagebüller Mole rasten.

    Mittlerweile legen wir bei der Anreise eine Zwischenübernachtung ein, um entspannt auf der Insel anzukommen. In diesem Jahr hat auch alles reibungslos funktioniert. Dafür war die Rückfahrt eine Katastrophe! Man kann ja nicht alles haben!

    Es gibt m.E. einige Bereiche, die besser in staatlicher Hand geblieben wären. Dazu zähle ich die Verkehrsinfrastruktur und das Gesundheitswesen. Aber das ist eine andere Geschichte…

    Liebe Grüße auf die Insel
    W. Göschel

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