Kennen Sie das auch, ein periodisch auftretendes Verlangen, dem Sie nicht widerstehen können? Schokolade etwa oder alle Folgen einer Serie nach einander verschlingen? Bei mir sind es das Roman-Lesen im Urlaub und der Besuch guter Kinofilme. Es gibt tatsächlich Wochen, da gönne ich mir fast jeden Tag einen neuen Film auf der großen Leinwand.
Seit der Berlinale hatte ich gespannt auf den aktuellen Film von Andreas Dresen gewartet. Nun läuft „In Liebe, Eure Hilde“ sogar auf Amrum im Weihnachtskino und ich kann ihn mir ein zweites Mal anschauen.
Wie kein anderer schafft es die Regie von Andreas Dresen, der Menschlichkeit in widrigen sozialen und politischen Situationen ein Gesicht zu geben (Nachtgestalten, Sommer vorm Balkon, Als wir träumten, Gundermann, Rabiye Kurnaz gegen G.W. Bush). Sein neuer Film beruht auf der wahren Geschichte von Hilde und Hans Coppi, die in einem sehr breiten, aber immer noch wenig bekannten, antifaschistischen Widerstandsnetzwerks aktiv waren. Beide wurden in jungen Jahren als angebliche „Kriegsverbrecher“ im Dezember 1942 und August 1943 in Berlin-Plötzensee hingerichtet. Diese NS-Unrechtsurteile wurden erst 2009 (!) aufgehoben.
„In Liebe, Eure Hilde“ ist aber kein Dokumentarfilm und auch kein klischee-triefendes Biopic sondern eine einfühlsame, beinah zeitlose Liebesgeschichte über Anstand und Zivilcourage, Würde, Angst und Intuition: Hilde verliebt sich in Hans. Es sind zwei junge Menschen. Hilde bewundert den Mut ihres Liebsten, der sich in Widerstandskreisen bewegt. Sie selbst ist eher ängstlich, beteiligt sich aber immer beherzter an den Aktionen einer Gruppe, die man später die „Rote Kapelle“ nennen wird. In ihrer Leidenschaft vergessen die beiden oft Krieg und Gefahr. Es ist der schönste Sommer ihres Lebens. Als er sich neigt, werden alle verhaftet. Hilde ist im achten Monat schwanger. Sie wird ihren Sohn im Gefängnis zur Welt bringen und eine Kraft entwickeln, die ihr niemand zugetraut hätte. In der Schlussszene zitiert ihr Sohn, der vor acht Tagen 82 Jahre alt geworden ist, aus dem Abschiedsbrief seiner Mutter.
Ein mitfühlender, Mut machender Film über die Kraft der Liebe mit einer eindrucksvollen Liv Lisa Fries als Hauptdarstellerin und Johannes Hegemann an ihrer Seite – wirklich sehenswert.
Trailer: https://www.filmportal.de/video/in-liebe-eure-hilde-2024
Das Amrumer LichtBlick Inselkino macht gerade Winterpause, ist aber vom 26. Dezember 2024 bis 5. Januar 2025 geöffnet.
Im Weihnachtsprogramm laufen Filme für jeden Geschmack und jedes Alter: Neben „In Liebe, Eure Hilde“ stehen „Konklave“ und „Der Buchspazierer“ auf dem Programm. Comedy-Friends können sich in „Alter weißer Mann“ und “Der Spitzname“ amüsieren. Im Kinderprogramm läuft u.a. der Disney-Film Viaiana 2. Für die ganze Familie brandaktuell: „MUSAFA – König der Löwen“ in 3D und 2D und der Musical-Film „Wicked“ Teil 1. Natürlich fehlt auch der Monumentalfilm „Gladiator II“ ebenso wenig im Programm wie die Amrumer Nordsee-Klassiker und einige Filme aus dem Sommerprogramm (u.a. „Die Fotografin“).
Gutscheine gibt es online unter https://kino-amrum.de/ und vor Ort während der Winterpause im „Strunholt“, Strunwai 3 in Norddorf.
Wer gern mehr Hintergrundwissen über das als „Rote Kapelle“ diffamierte Widerstandsnetz hätte, sei auf den 81-minütigen deutsch-amerikanischen Dokumentarfilm des Künstlers Stefan Roloff und die Video-Interviews mit seinem Vater und anderen überlebenden Zeitzeugen verwiesen: https://stefanroloff.de/?page_id=443/#video003a
Aktueller Hinweis der Redaktion:
Hier der Link: https://cinfinity.de/kino-abo/