Das für den Rettungsdienst Amrum gebaute geländegängige Rettungstransportfahrzeug musste schon vor der eigentlichen Stationierung auf der Insel seine Eigenschaften auf dem Kniepsand beweisen.
Der Rettungsdienst Nordfriesland wird im Herbst diesen Jahres eines der zwei auf Amrum stationierten, geländegängigen Rettungstransportwagen ersetzen. Dabei steht außer Frage, dass das Neufahrzeug wieder dafür geeignet sein wird, auch Notfälle auf dem weitläufigen Sandareal des Amrumer Kniepsandes erst zu versorgen. Damit wird dem hohen Menschenaufkommen in den Sommermonaten Rechnung getragen, die sich in ihrem Urlaub beziehungsweise ihrer Freizeit dem Sonnenbad und der Spiel- und Badefreuden am Meer hingeben. Nicht selten streikt dann bei großer Hitze, zu wenig zu trinken, Selbstüberschätzung und eventuellen Vorerkrankungen der Körper und kollabiert im schlimmsten Fall. Aber auch relativ harmlose Schnittverletzungen von Muscheln können bei einem so breiten Strand von bis zu über einem Kilometer schon Mal den Rückweg unmöglich machen.
In solchen Fällen der Alarmierung müssen die Rettungsassistenten und die Rettungssanitäterin der Station Amrum über einen der vorhandenen Strandzugänge auf den Kniepsand auffahren, um sich dann durch den weichen und teilweise zu mannshohen Vordünen aufgewehten Sand zum Patienten vorzukämpfen. Bei der nun durchgeführten Probefahrt, mit dem Neufahrzeug, das zurzeit noch auf der Halbinsel Eiderstedt stationiert ist, wurde getestet, in wie weit der Fahrzeugbauer Iglkaut aus Marktbreit bei Kitzingen, seine Arbeit gemacht hat. Für diesen Test war der Verantwortliche für den Fahrzeugeinkauf beim Rettungsdienst Nordfriesland und gleichzeitig stellvertretender Rettungsdienstleiter, Jan Noelle, nach Amrum gereist.
„Für uns ist es wichtig, die Leistungsfähigkeit dieses 130.000 Euro teuren Spezialfahrzeugs – ohne das medizinische Gerät – auf der Basis der neuen Mercedes Sprinter Generation auch fernab der befestigen Straßen und Wege zu testen. Der 184 PS starke Sechszylinder Diesel entwickelt ein gewaltiges Drehmoment von 400 Nm und verfügt über ein ausgeklügeltes Allradsystem des Fahrzeugbauers Iglhaut. Doch diese Kraft muss auf dem weichen Sand des Kniepsandes auch in Vortrieb umgesetzt werden und nicht zum Einbuddeln der Antriebsräder fungieren. Für die Serienfelgen gibt es maximal bis zu 265 er Reifenbreiten und stellen somit die Basis für das Vorankommen im Sand“, so Jan Noelle. „Wir werden versuchen vom Strandübergang Nebel bis nach Wittdün zu fahren“ erklärt Rettungsassistent Andreas Zawiega, der heute neben seinem Vorgesetzten auf dem Beifahrersitz Platz genommen hat. Bis zum Strandbereich zwischen Süddorf und Leuchtturm schafft es das Fahrzeug mit dem serienmäßigen Luftdruck von 4 bar ohne Mühe, wenn auch das Gewicht deutliche Spuren im Sand hinterlassen haben.
„Nun ist der Zeitpunkt gekommen, wo wir den Reifendruck auf 1,8 bar senken, um so eine größere Auflagefläche zu erhalten. Nur so werden wir eine Chance haben, die noch weicheren Passagen bis nach Wittdün zu durchqueren. Da wir das Ergebnis noch nicht kennen, fährt zur Sicherheit ein Radlader parallel zum RTW mit über den Strand. Amrums Kniepsand stellt im Kreisgebiet die zweitschwerste Herausforderung an das Material. Nur auf Sylt sind die Anforderungen noch extremer und können nur mit einem RTW auf Basis des Unimog bewerkstelligt werden“, so Noelle.
Nach dem Ablasten der Reifen geht die Fahrt weiter und die Maßnahme beweist ihre Wirkung. Das Fahrzeug wird mit viel Geschick durch die Hügellandschaft manövriert und wir sind im Inneren des RTW zweimal froh, dass wir angeschnallt sind.
„Es sollen vorrangig Notfallpatienten vor Ort erstversorgt werden, den Abtransport von Intensivpatienten würde generell mit dem Hubschrauber erfolgen“ erklärt Rettungssanitäterin Vera Schulte vom Nachbarplatz.
Souverän erreicht das Fahrzeug in Wittdün wieder festen Boden unter den Rädern und hat so seinen Test mit Bravour bestanden. „Mit dem verbliebenen Reifendruck können wir noch sicher über die Straße fahren“, so Noelle. „Das Fahrzeug ist bis zum Herbst in Garding stationiert, um durch die höhere Kilometerleistung eventuelle Kinderkrankheiten festzustellen und in einer Vertragswerkstatt beseitigen lassen zu können, bevor die Stationierung auf Amrum erfolgt“.
Für die Unterbringung des noch höher bauenden Fahrzeuges, als die derzeit stationierten geländegängigen Fahrzeuge, muss auch noch eine neue Unterkunft her, die Rettungswache hat in der Toreinfahrt leider keine Höhenreserve mehr. Die Planungen hierfür sind bereits im vollen Gange.