Peter und Petra – ein deutsches Wintermärchen
Vom 16.12. – 20.12.2010 begab ich mich „auf Reisen“, ich wollte meinen traditionellen Weihnachtsvortrag am Marien-Hospital Euskirchen, wo ich, bevor ich auf die Insel Amrum zog, über 26 Jahre gearbeitet hatte, halten und anschließend meine Mutter in Fürth besuchen. Eine Reise von und nach Amrum bedarf immer einer gewissen Planung, haben wir doch keine öffentlichen Verkehrsmittel die im 10-Minuten-Takt fahren, und das Schiff braucht eben 2 Stunden bis ans Festland. Folglich hatte ich schon im Oktober meine Reise geplant und „günstige“ Tickets ergattert: Am Donnerstag mit der 9:35-Fähre (Winterfahrplan!) nach Dagebüll, dann mit der „NEG“ nach Niebüll, von dort mit der „NOB“ nach Hamburg-Altona, weiter mit der S-Bahn zum Airport Hamburg, von dort aus mit „AirBerlin“ nach Köln-Bonn, wo mich dann meine Tochter Laura abends so gegen 19:00 abholen sollte. Am nächsten Tag sollte ich um 8:00 meinen Vortrag in Euskirchen abhalten um danach, so gegen 11:30, mit der Bahn nach Nürnberg zu fahren, wo ich einen Mietwagen bestellt hatte um dann die nächsten beiden Tage bei und mit meiner Mutter in Fürth zu verbringen. Am Montag sollte es dann frühmorgens, wieder mit „AirBerlin“ von Nürnberg nach Hamburg gehen, weiter mit S-Bahn, NOB, NEG und W.D.R. zurück nach Amrum. „Wird alles prima gehen“, dachte ich.
Am Vorabend der Reise saßen wir mit Freunden zusammen „in der Post“, eines der Gesprächsthemen war „Petra“, das angekündigte Sturmtief, das in der Nacht kommen und ganz Deutschland ins „Schneechaos“ stürzen sollte. In Schleswig-Holstein wurde vorsorglich schon mal der Schulunterricht abgesagt, „Telefonketten“ wurden gestartet. Alle überlegten, ob es wohl Sinn machen würde, an so einem Tag auf Reisen zu gehen. Aber ich hatte doch schon lange alles geplant. „Wird schon gehen“, dachte ich.
Am nächsten Morgen, Tag des Reiseantritts, regnete es auf Amrum. Im Radio wurde berichtet, dass die Niebüller – und Husumer – Verkehrsbetriebe den Busverkehr eingestellt hatten. Aber „Bus“ kam in meinen Reiseplanungen ja gar nicht vor. „Geht schon“, dachte ich.
Also mit dem Auto zum Fähranleger, pünktliche Abfahrt der „Nordfriesland“ im strömenden Regen und problemlose Überfahrt über Wyk/Föhr nach Dagebüll. Dort stand auch schon die „NEG“, es regnete, von Schnee keine Spur. „Geht doch“, dachte ich.
Die „NEG“ fuhr pünktlich im gewohnt rasanten Tempo Richtung Dagebüll. In Deezbüll wurde aus dem was vom Himmel fiel Schneeregen, beim Eintreffen in Niebüll waren es dann reichlich dicke Schneeflocken. „Sehr geehrte Fahrgäste, wir erreichen Niebüll-NEG-Bahnhof. Nach einem kurzen Aufenthalt fahren wir weiter nach Niebüll-DB-Bahnhof“. Alles stieg aus, nur ich blieb sitzen. Es schneite heftiger, und ich gedachte den Service „trocken“ zum Anschlussbahnsteig zu gelangen, zu nutzen. Nach wenigen Minuten kam der freundliche Zugbegleiter und fragte: „Sollen wir Sie rüberfahren? Sie sind der Einzige im Zug. Lohnt eigentlich nicht.“ „Kein Problem“, antwortete ich. „Bin ja nicht aus Zucker“. Ein Schneespaziergang ist ja auch schön. Draußen lagen jetzt ca. 5 cm Schnee, und als ich nach 3 Minuten am „DB-Bahnhof“ ankam, war ich weiß. Fand ich aber nicht schlimm. „Geht schon“, dachte ich.
In Niebüll hatte ich 50 Minuten Aufenthalt (Winterfahrplan!), es war kalt und es schneite (s.o.). Ich begab mich in das stilvolle Bahnhofsrestaurant, bestellte eine Bockwurst mit Kartoffelsalat und ein „Spezi“. Als ich aufgegessen hatte, ging ich auf den Bahnsteig, der gerade umgebaut wurde und begab mich in den Behelfsunterstand, 4 Balken, keine Seitenwände, aber immerhin ein Dach. Trotzdem war ich innerhalb 5 Minuten wieder weiß. „Draußen“ lagen jetzt 15 cm Schnee. Aber die „NOB“ war pünktlich und ziemlich leer. „Geht doch“, dachte ich.
Auf der Fahrt nach Hamburg fuhr der Zug durch eine wundervolle, tief verschneite Landschaft, es war ein herrliches Schauspiel mit dick weiß eingepackten Bäumen, schneeverwehten Wegen und rutschenden Autos auf den Straßen. Die „NOB“ fuhr problemlos. „Geht doch“, dachte ich.
Es ging auch, zumindest bis zur Auffahrt zum Nord-Ost-See-Kanal. Da blieb der Zug auf freier Strecke stehen. Der Informationsservice war gut: „Meine Damen und Herren, wie Sie sicherlich bemerkt haben, sind wir stehen geblieben. Der Grund ist ein langsam vorausfahrender Güterzug.“ Na ja, ich hatte ja genügend Zeit in meinem „Fahrplan“, der Flieger ging ja erst abends, und nach 10 Minuten ging es weiter, wenn auch deutlich langsamer als zuvor. „Geht schon noch“, dachte ich.
Bis kurz vor der Einfahrt in den Bahnhof Glückstadt. Da standen wir wieder. „Meine Damen und Herren, wir sind wieder stehengeblieben. Der Güterzug vor uns auch. Wir werden Hamburg-Altona mit gut 50 Minuten Verspätung erreichen.“ Ein Blick in meinen „Fahrplan“ zeigte mir, dass ich mit 50 Minuten Verspätung immer noch deutlich über eine Stunde vor dem Abflug meiner Maschine am Flughafen sein würde. „Geht immer noch“, dachte ich.
Ankunft in Hamburg-Altona, schnell zur S-Bahn, sofort kam die Linie zum Flughafen, prompte Bedienung. „Geht doch“, dachte ich.
Allerdings blieb die S-Bahn zwischen „Barmbeck“ und „Alte Wöhr“ stehen. Der Zugführer meldete sich und sprach mit deutlich bayerischem Akzent: „Mir san stehbliem, voa uns is a Defektzug.“ Hoppla, ich wollte doch nach Köln, nicht nach München !? „Hoffentlich geht’s noch“, dachte ich.
Genau eine Stunde vor dem geplanten Abflug, also um 17:00 Uhr war ich an der Gepäckaufgabe am AirBerlin-Schalter. Es war auch gar nicht viel los, die anderen Fluggäste waren hier wohl schon durch. Auf meine Frage, ob der Flug denn auch pünktlich gehen würde, antwortete die freundliche Boden-Stewardess: „Wir haben keine anderen Informationen, der Flug wird pünktlich aufgerufen. Ich wünsche Ihnen einen guten Flug.“ Ich rief meine Tochter Laura an, damit sie mich so gegen 19:00 in Köln-Bonn abholen kommen soll. Bei ihr zuhause kein Schnee. „Na, geht doch“, dachte ich.
An der Sicherheitskontrolle war auch keine große Schlange, die Kontrolle selbst war aber zeitaufwendig und penibel. Natürlich piepste es am Metalldetektor, also Jacke aus, Gürtel aus, Schuhe aus, Abtasten bis in die Achselhöhlen und in den Schritt. Dann noch Extrakontrolle meines Handgepäcks und meines Laptops auf Sprengstoff in einem separaten Raum. Dennoch war ich 2 Minuten vor „boarding time“ (17:30) am „Gate C05“. „Geht doch“, dachte ich.
Doch dann brach das Chaos aus: Die zierliche Flughafenangestellte asiatischer Herkunft am „Gate C05“ griff um 17:31 zum Mikrofon und erklärte: „Sehr verehrte Fluggäste, wie mir soeben mitgeteilt wurde steht Ihre Maschine noch in Köln, auf Grund des dort nicht geräumten Vorfeldes kann sie nicht starten. Der Flug „AB 6585“ nach Köln verzögert sich auf unbestimmte Zeit. Ich werde Ihnen mitteilen, wenn die Maschine dort gestartet ist.“ „Jetzt geht’s doch nicht mehr“, dachte ich.
Auf der Anzeigetafel wurde nun als neue Abflugzeit 19:35 (statt 18:00) angezeigt. Ich rief Laura an, die mittlerweile schon unterwegs zum Flughafen war. „Dann fahr ich erst mal wieder nachhause. Hier schneit es jetzt auch.“ „Wird schon noch gehen“, dachte ich.
Am „Gate C05“ erschienen plötzlich ganz viele neue Fluggäste, es wurde richtig voll, Unruhe kam auf. Durchsage: „Bleiben Sie ruhig! Hier werden nun erst die Fluggäste nach Stuttgart abgefertigt, danach beginnt das „boarding“ nach Köln.“ Und 10 Minuten später: „Die Fluggäste nach Köln werden gebeten Sich zum „Gate C04“ zu begeben.“ Das war nicht besonders schlimm, er war der Schalter gleich nebenan. Ich aß mein letztes mitgebrachtes Butterbrot, kaufte mir eine unverschämt teuere „Sprite“ und einen Schokoriegel und harrte der Dinge die da kamen. „Wird schon noch gehen“, dachte ich immer noch.
Ca. 19:15 war es, als eine weitere Durchsage folgte: „Die Fluggäste des Fluges AB 6585 nach Köln werden gebeten sich zum „Gate C10“ zu begeben“. Wieder begann die große Völkerwanderung. Wer sich auf dem Hamburger Airport auskennt weiß, dass „C10“ im Keller ist, und das bedeutet, dass das zu besteigende Flugzeug auf dem Vorfeld steht. Man kann nicht direkt einsteigen sondern wird mit dem Bus zum Flieger gefahren. Also doch Bus. Ein Blick aus dem Fenster bestätigte meine Vermutung: Es schneite immer noch, schätzungsweise lagen 20 cm Schnee auf dem Vorfeld. „Na, wenn das mal geht“, dachte ich.
Und es geschah ein (vermeintliches) Wunder. Ich hatte gerade einen Sitzplatz ergattert, da hieß es: „Meine Damen und Herren, wir beginnen mit dem boarding!“. Ich rief Laura an, dass es losgehen würde. „Geht ja doch noch“, dachte ich.
Der Bus fuhr tatsächlich über das Vorfeld, umgeben von riesigen Scheeräumfahrzeugen mit gelben Blinklichtern, und auf den 10 Metern bis zur Gangway sank man knöcheltief in Schnee ein. „Ob das wirklich geht?“ dachte ich.
Das Flugzeug war voll. Es erfolgte „BING – boarding completed“. Ich schnallte mich an, klappte das Tischchen hoch, stellte die Sitzlehne gerade und schaltete mein Handy aus. Eine weibliche Stimme ertönte aus den Lautsprechern: „Guten Abend meine Damen und Herren, liebe Kinder, ich bin Ihr Kapitän. Ich begrüße Sie im Namen der gesamten Crew zu unserem verspäteten Flug nach Köln. Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass der Flughafen Köln-Bonn derzeit witterungsbedingt gesperrt ist. Ich habe gerade unsere neue Abflugzeit erhalten, 21:50. Aber da ist noch ein Haken, wir müssen enteist werden, und wir sind nicht die einzige Maschine, die darauf wartet, und keiner konnte mir sagen, wann wir an der Reihe sind, also ist die angegebene Startzeit ungewiss. Wer lieber wieder aussteigen möchte, kann dies tun, wir werden Ihnen einen Bus bestellen, der Sie zurück zum Terminal bringt.“ Tumultartige Szenen waren die Folge, Unmutsäußerungen mit wüsten Beschimpfungen folgten und tätliche Angriffe auf das Bordpersonal konnten eben noch verhindert werden. Etliche Passagiere machten Anstalten das Flugzeug zu verlassen, einige taten es sogar. Es erfolgte eine weitere, hektische Ansage: „Meine Damen und Herren, wir bitten nur die Passagiere auszusteigen, die kein Gepäck aufgegeben haben. Das auseinander zu filzen wird nicht gelingen, Nach Angaben des Kapitäns findet dieser Flug AUF JEDEN FALL statt. Das Publikum besänftigte sich. „Na, vielleicht geht’s ja doch noch“, dachte ich.
Ich schaltete mein Handy wieder an, versuchte Laura anzurufen, was nicht gelang. Kurze Zeit später rief sie zurück, sie sei jetzt am Flughafen in Köln, dort herrsche tatsächlich „Schneechaos“. Sie wollte dann halt warten, bis ich ankäme. Was folgte war warten, warten, warten. Es wurde ein Getränk und ein Snack gereicht („Was Süßes oder was Salziges?“ = bei mir eine Minitüte Salzgebäck). Ein „Enteisungslaster“ kam, ich konnte ihn durch das Fenster sehen. Er hielt kurz an um dann unverrichteter Dinge wieder wegzufahren. „Geht’s oder geht’s nicht?“, dachte ich.
Kurze Zeit nach dem Enteisungslaster meldete sich der Kapitän (oder besser die „Kapitänin“): „Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kinder, wie mir soeben von der Flugsicherung mitgeteilt wurde bleibt Köln gesperrt. Auch alle Ausweichflughäfen wie Düsseldorf oder Brüssel sind gesperrt. Dieser Flug ist gecancelt. Es werden Busse für Sie bereitgestellt, die Sie zum Flughafengebäude zurückbringen. Holen Sie bitte Ihr Gepäck und begeben sich zum AirBerlin-Informationsschalter im Obergeschoß der Abflughalle. Dort wird man Ihnen weiterhelfen. Wir bitten Sie um Entschuldigung, AirBerlin wünscht Ihnen dennoch einen schönen Abend.“ Jetzt gab es keine Tumulte mehr, lähmendes Entsetzen machte die Runde. „Jetzt geht’s doch nicht mehr“, dachte ich.
Laura anrufen, dass sie wieder nachhause fahren kann (ohne mich), meine Kollegen in Euskirchen anrufen, dass ich am nächsten Morgen nicht kommen würde. Und was dann? Ich sah schon Feldbetten in der Abflughalle vor meinen Augen. „Was geht hier ab?“, dachte ich.
Ca. 20 Minuten mussten wir auf unser Gepäck warten (gefühlt 1 Stunde), die Crew unseres (Ex)-Fluges schlich mit gesenkten Köpfen an uns vorbei. Ich brachte in Erfahrung, dass ich diesen Abend weder einen Zug nach Köln noch nach Nürnberg erreichen würde, ich musste mir wohl ein Hotel suchen. Die Crew war bestimmt schon in einem. Das Gepäck kam. Es war 22:00. „Und was geht jetzt?“ dachte ich.
Richtig. Wir sollten uns ja am Informationsschalter melden. Der war vom Gepäckband aus gesehen so ziemlich am anderen Ende des Hamburger Flughafens. Aber das war jetzt auch egal. Am Schalter angekommen (falsch, man kam gar nicht an den EINZIG offenen Schalter heran), war da eine Schlange von ca. 5o Metern wartender, frustrierter Flugpassagiere. Viel mehr als nur von einem Flieger, offensichtlich hatte es doch noch mehr getroffen. Es herrschte eine gespenstischer Stille, die Menschen waren ratlos. Ich rechnete mir gerade aus, dass es gut 2 Stunden dauern würde, bin „man mir weiterhelfen würde“, als ein junger Mann mit AirBerlin-Sticker auf dem Hemd kam und Handzettel verteilte. Darauf war eine Telefonnummer („Hotline“) und eine E-Mail-Adresse vermerkt. Er gab den Tipp sich selbst um ein Weiterkommen oder ein Hotel zu bemühen und sich dann unter einer der angegebenen Kontaktmöglichkeiten zu melden um im Nachhinein die Umbuchung oder die Hotelfrage zu klären. Gleichzeitig betonte er, dass die „Hotline“ sicher überlastet sei und es diese Nacht wohl keinen Sinn hätte da anzurufen. Zudem sei diese „Hotline“ kostenpflichtig (!!!). Auf meine Frage, wo denn das nächste Hotel sei, zeigte er aus dem Fenster und sagte: „Gleich da drüben, können Sie rüberlaufen.“ Anstandshalber versuchte ich einmal die Hotline zu erreichen: „Wegen der großen Nachfrage ist dieser Anschluss vorübergehend nicht erreichbar. Bitte versuchen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt.“ Also ab in ein Hotel, bevor die Anderen auch auf die Idee kommen. „Vielleicht geht ja was“, dachte ich.
Es waren knapp 5 Minuten zu Fuß (durch den Schnee) ins Hotel „Radisson Blu“. Alles sehr fein, aber die äußerst zuvorkommende Empfangsdame sagte. „Tut mir leid, wir sind komplett ausgebucht – die Flugausfälle! Aber ich kann für Sie im „Ibis“ anrufen, da habe ich gerade schon jemanden hin vermittelt.“ Ibis war aber auch voll. Aber im nächsten Versuch, „Motel One“, war noch ein Zimmer frei. Ich war sehr dankbar. Das „Motel One“ war nur 15 Minuten zu Fuß vom Flughafen entfernt, nach all der Warterei und dem Sitzen tat es gut durch den tiefen Winter zu laufen, trotz Gepäck. Und es schneite nicht mehr. „Jetzt geht’s gut“, dachte ich.
Es ging auch gut. Einchecken ohne Probleme, „Abendessen“ (1 Blaubeermuffin + 1 Flasche Becks-Bier) mit aufs Zimmer. Der Fernseher „begrüßte“ mich mit Horrormeldungen vom Tief „Petra“ und tausender gestrandeter Flugreisender, gesperrten Autobahnen und liegen gebliebener Züge. „Kenn ich, geht mich jetzt aber mal gerade nix an“, dachte ich.
Duschen, Blaubeermuffin, Becks, noch 5x vergeblich versucht die „Hotline“ anzurufen, um 1:00 morgens eingeschlafen, um 7:00 wach geworden, erneut geduscht, frische Unterwäsche, sehr gut gefrühstückt und dann tatsächlich die „Hotline“ erreicht. Der verständnisvoll klingenden, männlichen Stimme am anderen Ende erklärte ich meine Situation und teilte mit, dass ich nun lieber nach Nürnberg statt nach Köln wolle. Die Stimme signalisierte Zustimmung und bot mir Flüge nachmittags oder abends an. Auf meine Frage, ob die Flüge denn auch stattfinden würden, entgegnete die Stimme: „Das kann ich Ihnen zu diesem Zeitpunkt nicht versprechen!“ – Man war vorsichtig geworden. Draußen schneite es wieder und im Fernsehen lief schon wieder ein Bericht über „Petra“. Ich entschloss mich mit dem Zug nach Nürnberg zu fahren. „Das wird ja wohl gehen“, dachte ich.
Ich fuhr mit der S-Bahn zum Hauptbahnhof, kaufte mit Hilfe einer netten Bahn-Mitarbeiterin am Automaten einen sündhaft teuren Fahrschein, eine Sitzplatzreservierung war nicht möglich, den Hinweis auf einen möglicherweise überfüllten Zug ignorierte ich und begab mich auf den Bahnsteig, von dem eine halbe Stunde später mein “ICE“ Richtung Nürnberg (mit Umsteigen in Würzburg) fahren sollte. Auf den Bahnsteigen des Hamburger Hauptbahnhofs herrschte Chaos, Abfahrten wurden am laufenden Band geändert, Leute hasteten hin und her, aber „mein“ Zug hatte „nur“ 25 Minuten Verspätung. Er startete in Hamburg-Altona, das waren ja immerhin schätzungsweise 5 Minuten Fahrzeit. „Geht ja“, dachte ich.
Ich fand tatsächlich einen Sitzplatz, sogar am Fenster, den ich bis Würzburg tapfer verteidigte. Dort musste ich umsteigen. Mein Anschlusszug hatte (Gott-sei-Dank) auch eine halbe Stunde Verspätung, er war noch voller und ich musste die letzte Stunde stehend im ICE verbringen. „Das geht ja gar nicht“, dachte ich, aber ich konnte es nicht ändern.
In Nürnberg bin ich dann mit der S-Bahn zum Flughafen gefahren um dort (im Tiefschnee!) den reservierten Mietwagen zu übernehmen. Nach zwei geruhsamen Tagen bei und mit meiner Mutter und ca. 30 cm Schnee habe ich dann die Rückreise in umgekehrter Reihenfolge angetreten. Mit dem Flugzeug von Nürnberg nach Hamburg (Eintreffen 15 Minuten früher als geplant!), problemlose S-Bahnfahrt nach Altona, mit der NOB und nur 10 Minuten Verspätung durch eine wunderschöne Winterlandschaft nach Niebüll, die NEG hat 35 Minuten auf den verspäteten IC nach Westerland gewartet und die W.D.R. dann 15 Minuten auf die NEG. Die Fährfahrt führte über Wyk und durch ein mit Eisschollen übersätes Wattenmeer bis nach Wittdün, mit nur geringer Verspätung kamen wir an. Amrum hatte mich wieder. „Geht doch“, dachte ich.
Dr. Peter Totzauer, Dezember 2010
Oh man(n) -das war ja wirklich eine wahre Odyssee und bei diesem umfangreichen Reisebericht bin ich unheimlich froh das ich dieses Jahr nicht unterwegs sein musste. Mich zieht es sonst in Richtung Hannover oder Berlin und gerade auf diesen Strecken ging ja auch bekanntlich gar nichts mehr. Tja und das obwohl die DB ihre Fahrgäste sogar aufgefordert hatte am Heiligabend und “zu späterer Stunde” zu reisen, weil man dann auf weniger Passagiere hoffte. Die armen Fahrgäste die sich dann an die Empfehlung der Bahn hielten waren vielfach aufgeschmissen und verbrachten dann den überwiegenden Teil dieses Tages, der ja eigentlich friedlich und besinnlich im Kreis der Lieben unter dem Tannenbaum stattfinden sollte, in überfüllten Zügen oder gar auf kalten Bahnsteigen. “Frohe Weihnachten” wird sich da mancher gedacht haben. Wie schön ist es da doch zuhause im warmen zu sitzen und ein ruhiges Fest auf der Insel zu verbringen. In diesem Sinne hoffe ich das alle Leser ein schönes Weihnachtsfest hatten und sich auch mit den widrigen Umständen wie beispielsweise Tief “Petra” arrangieren konnten. Ich wünsche allen schon mal einen guten Rutsch ins neue Jahr und grüße von der Insel Amrum
PETRA *g* Berkemeier
Köstlich … Danke … geht doch
Seit dem 25. Dezember sind wir auf der Insel. Wir haben zwar nicht eine solche Odyssee hinter uns wie Herr Dr. Totzauer, aber auch wir hatten zu kämpfen. Wegen heftigen Schneefalls und unter größter Anspannung starteten wir mit dreistündiger Verspätung im äußersten Westen Niedersachsens, wagten uns auf die verschneite Autobahn, zuerst Richtung Osnabrück, dann weiter Richtung Bremen. Vollsperrung der Autobahn vor Bremen und ein Stau vor Vechta zwangen uns bald, die AB zu verlassen und über Landstraßen weiterzufahren. Mit einer Geschwindigkeit zwischen 30 und 50 Stundenkilometern bewegten wir uns über verschneite, teilweise glatte oder zugewehte Landstraßen bis zur Autobahn hinter Bremen durch. Inzwischen hatten sich die letzten Einkäufer auf den Heimweg gemacht, auch wenn wir trotzdem nicht allein auf der Straße waren. Eine Weile kamen wir problemlos voran, vor Hamburg wurde es wieder kritisch, aber es gab wenigstens keinen Stau vorm Tunnel.
Je weiter wir nach Norden Richtung Heide fuhren, desto mehr Schnee lag wieder auf der Straße. Inzwischen war es auch dunkel geworden. Auf der Landstraße wurde es noch schlimmer: Glätte und eine teilweise schneeverwehte Straße. In der Gegend um Husum wurde es besonders unangenehm. Hier war schlecht geräumt und offenbar war der Stadt das Salz ausgegangen. Zum Glück waren nicht mehr so viele Autos unterwegs.
Endlich dann, nach knapp 10 Stunden Autofahrt, doppelt so lange wie wir sonst für die Strecke benötigen, hatten wir das erste Etappenziel – Dagebüll – erreicht.
Es war für uns ein schönes Weihnachtsgeschenk, heil angekommen zu sein.
Die Überfahrt nach Amrum am ersten Weihnachtstag bei schönem Wetter war ein Vergnügen. Wir waren froh und glücklich, als wir abends in unserem Quartier auf Amrum ankamen. Nun genießen wir unseren Urlaub und sind glücklich, auf der Insel zu sein.