Am Freitagabend spielte das „Bremer Tourneetheater“ unter der Leitung von Ulrich Matthaeus die erfrischend intelligente Komödie „Fast Faust“, geschrieben vom österreichischen Dramatiker Albert Frank.
In anderer Besetzung hatte Matthaeus mit seinem Ensemble bereits vor zwei Jahren mit dem Stück „The Opposite Sex“ sehr erfolgreich auf Amrum gastiert.
Bei der aktuellen Inszenierung versuchte er nicht beim Publikum Empathie für Gretchen oder Faust zu wecken, ganz im Gegenteil: Seine Inszenierung war eine großartige und urkomische Parodie des Goethe Klassikers, die den alten Faust radikal entstaubte. So ließ sich das „fast“ im Titel des Stücks nicht nur im Sinne von „beinahe“ verstehen, sondern auch im englischen Sinn als „schnell“.
Gezwungenermaßen wie es zuerst schien, denn will man Goethes „Faust“ mit einer radikaler Minimalbesetzung von nur zwei Schauspielern inszenieren, dann müssen mit scharfer Feder ganze Szenen wie z.B. die Walpurgisnacht „weg-komprimiert“ werden, wie Ullrich Mattheaus in der Rolle des Regisseurs André betonte.
Diese Reduktion auf das Wesentliche tat dem Stück jedoch keinen Abbruch, denn ohne Spezialeffekte oder ein riesiges Drumherum an Requisiten und Akteuren stand hier die Schauspielkunst ganz im Mittelpunkt des Geschehens, und das Resultat trieb dem Publikum Lachtränen in die Augen.
Spannend und zugleich urkomisch waren dabei ganz besonders die Brüche, die durch das Spiel mit zwei Wirklichkeitsebenen entstanden. Denn Franks erfolgreichstes Stück „Fast Faust“, das bisher über 500 Vorstellungen im deutschsprachigen Raum erlebte, handelte von den drei Personen André, Heiner und Hannah dem Trio Dramatikum, das mit nur drei Schauspielern Goethes Drama Faust spielen will. Doch als kurz nach Spielbeginn fest steht, dass Hannah durch ihre Schwangerschaft ausfällt und das „Trio Dramatikum“ zu einem Duo geschrumpft ist, steht alles auf der Kippe. Denn wie sollen sie Hannahs Rollen besetzen, nachdem die Darstellerin erfahren hat in der 5. Woche schwanger zu sein und das ungeborene Kind nicht Andrés „bad vibrations“ aussetzen will?
So fallen André und Heiner immer wieder aus ihren Rollen und liefern sich bissige Streitgespräche in denen Andrés spitzfindige Bemerkungen über die generelle Ungewissheit der Vaterschaft und die Rivalität zwischen ihm und Heiner oft nur um Haaresbreite von der Eskalation entfernt sind, so dass es immer wieder fraglich ist, ob und wie das Stück denn nun weitergeht und wer sich schließlich bereit, erklärt Hexe, Nachbarin oder Gretchen zu spielen. Die daraus resultierenden schauspielerischen Drahtseilakte sorgten für großartige Unterhaltung, wenn Warneke als Gretchen aus dem sehnsüchtig verliebten Seufzen nicht mehr herauskam oder als Schwangerschaftsvertretung der abwesenden Hauptdarstellerin in die Rolle des barbusigen Erdgeists schlüpfte.
Der rasante Wechsel von einer karikativ überzeichneten Rolle zur nächsten führte dann auch zu einigen Verwicklungen und extrem komischen Szenen.
Für Begeisterung sorgte dabei nicht nur die Komik durch den rasanten Wechsel der überzeichneten Rollen, sondern auch die scharfzüngigen Streitgespräche, die aus der Rivalität der beiden Protagonisten André und Heiner resultierten.
So wurde die altbekannte Handlung von Goethes Faust durch die zusätzliche Metaebene im Stück von Albert Frank in eine spritzige postmoderne Komödie verwandelt. Dabei wirkte die Handlung durch das temperamentvolle Spiel der Akteure Frank Warneke und Ulrich Matthaeus sehr authentisch und lebendig. Gekonnt wurde auch das Publikum immer wieder in Matthaeus Inszenierung eingebunden. „Bitte kommen Sie bald wieder!“ wurde schließlich von etlichen der Zuschauer verlangt, die nach Ende des Stücks in tosenden Applaus ausbrachen und schließlich die Gelegenheit nutzten, noch ein wenig mit den Stars des Abends zu plaudern.
Verantwortlich für diesen Artikel: Sveja Hogrefe