Für die rund 2300 Einwohner auf der Insel und ihre im Sommer rund 10.000 Gäste, bedeutet die medizinische Notfallversorgung evtl. auch Transport in einen Rettungshubschrauber.
Wenn die Diagnose während der Einsätze der Rettungsassistenten, der niedergelassenen Ärzte und Notärzte auf Amrum eine Anforderung der Luftrettung nach sich zieht, steigt für gewöhnlich der nur rund sieben Flugminuten entfernt stationierte „Christoph Europa 5“ der DRF-Luftrettung in Niebüll auf. Je nach Schweregrad der Erkrankung beziehungsweise Verletzung fliegt der Hubschrauber, der einen eigenen Notarzt an Bord hat, die Krankenhäuser beziehungsweise Spezialkliniken in Schleswig-Holstein an.
Im April 2005 wurde die Station am Kreiskrankenhaus Niebüll gegründet. Der Hubschrauber vom Typ BK 117 gleicht einer „fliegenden Intensivstation“ und leistet jährlich im Schnitt 1300 Einsätze. Dabei gehört aufgrund einer länderübergreifenden Kooperation auch Süddänemark zum Einsatzgebiet. Das medizinische Personal an Bord ist ein Mix aus deutschen und dänischen Ärzten und Rettungsassistenten. Unzählige Patienten haben dieser excelenten Notfallversorgung ihr Wohlergehen oder gar ihr Leben zu verdanken.
Anders sieht es aus, wenn ein Einsatz vor Sonnenaufgang beziehungsweise frühestens sieben Uhr oder nach Sonnenuntergang notwendig ist. Da gibt es aufgrund von Lärmschutzverordnungen keine Startfreigabe in Niebüll. In dieser Zeit oder aber wenn „Christoph Europa 5“ anderweitig im Einsatz ist, muss der in Rendsburg stationierte Rettungshubschrauber “Christoph 42“ angefordert werden. Hier beträgt die Flugzeit nach Amrum zwischen 25 und 30 Minuten. Wenn auch diese Möglichkeit der Notversorgung nicht greifen kann, beziehungsweise widriges Wetter einen Einsatz des BK 117 Typs verhindert, fordert die koordinierende Leitstelle Nord in Harrislee die Bundesmarine mit einem ihrer Rettungshubschrauber an. Diese gehören dann zum Such- und Rettungsdienst (SAR – Search and Rescue) der Marine. Hier sorgte allerdings die Verlegung der Helikopter von Kiel in das niedersächsische Nordholz für eine noch größere Vorlaufzeit. Zudem stehen die nahezu vierzig Jahre alten Maschinen des Typs „Seakings“ aufgrund von sich häufenden Ausfällen nicht uneingeschränkt zur Verfügung. Wenn dann aus der Luft gar nichts gehen sollte, transportiert der im Wittdüner Seezeichenhafen stationierte Seenotrettungskreuzer „Vormann Leiss“ der Deutschen Gesellschaft zu Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) Notfallpatienten zum Krankenhaus in Wyk auf Föhr.
Der Einsatz der SAR-Hubschrauber für zivile Zwecke ist dem Bundesrechnungshof schon seit sieben Jahren ein Dorn im Auge. Der Such- und Rettungsdienst aus der Luft sei in Deutschland zu teuer und die originäre Aufgabe der Marinehubschrauber ist die Suche nach verunglückten Flugzeugen und die Rettung der Insassen. Vor dem Hintergrund, dass die Bundeswehr neue Hubschrauber beschaffen muss, drängt der Bundesrechnungshof nun laut einem Pressebericht noch stärker auf eine Reorganisation und Übertragung der Aufgaben auf die Bundespolizei. Die weitere Übernahme der zivilen SAR-Aufgaben, dessen Dienst grundsätzlich beim Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung angesiedelt ist, würde ansonsten für die Bundeswehr eine noch größere Anzahl zu beschaffener Hubschrauber bedeuten, so die Kritik.
Die Bundespolizei verfügt zudem über einen umfangreichen Maschinenpark, mit der sie die Überwachung von Seegebieten und Außengrenzen durchführt. Sie hilft bei Ausfällen der „Seakings“ bereits jetzt mit ihren Transporthubschraubern AS 332 L1 Super Puma den Kollegen der Marine aus.
Der Vorsitzenden der Insel- und Halligkonferenz Jürgen Jungclaus sieht in dieser möglichen Neustrukturierung durchaus positive Aspekte für die Erhaltung des zivilen SAR-Dienstes. Die moderneren Maschinen würden vor dem Hintergrund der Notfallversorgung der Insel als auch dem Einsatz bei Seeunfällen den hohen Standard sichern. Die gute Abarbeitung eines Schiffsunfalls am Fähranleger Wittdün im September letzten Jahres, hat gezeigt, dass die breite Aufstellung der Hilfsorganisationen in Deutschland von großer Bedeutung ist. Ein Marinehubschrauber hatte den Transport von Verletzten in das Krankenhaus Niebüll unterstützt.
Der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) liegt bisher weder eine Stellungnahme des Bundesverkehrsministeriums noch der Bundeswehr/Deutschen Marine zu den Überlegungen einer Neuaufstellung vor. Dabei ist für DGzRS grundsätzlich zwischen der notfallmedizinischen Versorgung einer Insel einerseits und dem Bereich der Seenotrettung andererseits zu differenzieren. Für letzteren Bereich hat die DGzRS die Zuständigkeit hinsichtlich Durchführung und Koordinierung. Im Seenotfall kann die SEENOTLEITUNG BREMEN der DGzRS gemäß Verwaltungsvereinbarung zwischen Bundesverkehrs- und Bundesverteidigungsministerium Unterstützung durch SAR-Luftfahrzeuge anfordern.
Für den Fall, dass der Vorschlag des Bundesrechnungshofes Realität werden sollte, geht die DGzRS davon aus, dass die Zusammenarbeit mit der Bundespolizei genauso vertrauensvoll sein wird, wie sie bereits seit Jahrzehnten mit den Marinefliegern ist. Dabei sei darauf hingewiesen, dass es auch in der Vergangenheit schon gemeinsame Übungen und Einsätze zwischen Rettungseinheiten der DGzRS und Bundespolizeihubschraubern gegeben hat.
Thomas Oelers