Der gestrige Mittwoch endete leider für 26 Ausflugsgäste im Krankenhaus, die Adler-Reederei verzeichnete bisher den schwärzesten Tag in dessen Firmengeschichte , bedauerte Reeder Sven Paulsen am Unglücksort und für die Rettungskräfte über die Grenzen Nordfrieslands hinaus bedeute der Einsatz auf dem Wittdüner Fähranleger eine Härteprüfung ihrer Leistungsfähigkeit. Wie wir bereits berichteten, endete für die 234 Passagiere des „Adler Express“ die Ausflugsfahrt durchs Wattenmeer von Nordstrand nach Hörnum beim Zwischenstopp in Wittdün abrupt und nahm einen dramatischen Verlauf.
Unglücksursache war nach bisherigen Erkenntnissen ein defektes Schaltmodul. Dadurch reagierte das Schiff beim Anlegemanöver nicht auf die Steuerbefehle des Kapitäns, der aufstoppen wollte. Die knapp 42 Meter lange „Adler-Express“ prallte daraufhin mit rund sieben bis acht Knoten gegen den Anleger, teilte die Adler-Reederei gestern mit.
Auf dem Schiff herrschte ein heilloses Durcheinander, zahlreiche ältere Menschen und mehrere Schulklassen waren an Bord. Viele der Passagiere waren während des Anlegemanövers gegen 11 Uhr bereits aufgestanden und warteten auf das Aussteigen. Viele konnten sich nach eigenen Erzählungen nicht halten und stürzten beim Aufprall. „Ich befand mich im oberen Fahrgastraum an der Treppe und wurde so vehement nach vorne katapultiert, dass ich mich die halbe Treppe weiter unten wiederfand. Eine andere Person schoss noch an mir vorbei und landete ein Deck tiefer“, erinnert sich ein mit dem Schrecken davon gekommener Passagier nur zu gut. Ein andere hatte sich noch festgehalten, brach sich aber durch die Wucht des Aufpralls alle Finger.
Es sah fürchterlich und beklemmend im Fahrgastraum aus, als wir die schwer verletzten Passagiere von Bord geholt haben“, berichtet ein Feuerwehrmann von Amrum. Es habe alles durcheinander gelegen und überall waren Blutspuren dazwischen. „Wir versammelten alle vermeintlich Leichtverletzten und brachten sie in den Warteraum des Reedereigebäudes, wo die notärztliche Versorgung stattfand“, berichtet ein anderer Feuerwehrmann der Insel. Zum Zeitpunkt des Unfalls waren sehr viele Personen auf dem Anleger, die die verschiedenen Ausflüge und Schiffsabfahrten nutzen wollten, da bedurfte es der nötigen Ruhe, um das Durcheinander zu ordnen und keinen Verletzten aus den Augen zu verlieren. Nach kurzer Zeit hatten die Notärzte und Rettungsassistenten einen Überblick erlangt, sodass entsprechend der Verletzungen die Fahrgäste versorgt werden konnten.
Das Unglück hatte einen Einsatz ausgelöst, wie er in dieser Größenordnung in Nordfriesland nur selten vorkommt. Neben Rettungskräften von der Insel Amrum, die durch Ärzte aus örtlichen Kurkliniken und freiwilligem medizinischen Personal unterstützt wurden, waren 120 Mitarbeiter des nordfriesischen Rettungsdienstes alarmiert worden. Der Einsatzkoordinator vom Rettungsdienst NF vor Ort, Björn Tetens, lobte nach der Abarbeitung der Lage die sehr gute Zusammenarbeit aller Einsatzkräfte. „Wir haben hier eine sehr gut strukturierte Lage vorgefunden und daher den Nachschub von weiteren Einsatzkräften vom Festland stoppen können“ resümiert Tetens, der mit einem siebenköpfigen Team per Hubschrauber auf die Insel gekommen war. Notarzt Dr. Peter Totzauer sprach auch im Namen von Notärztin Dr. Claudia Derichs seinen besonderen Dank für die hervorragende Zusammenarbeit mit den Amrumer Feuerwehren und dem Rettungsdienst aus. „Wir profitieren bei solchen Großschadenslagen ganz deutlich von unserer nachhaltigen Zusammenarbeit mit den Feuerwehren auf Amrum, die sich in der erweiterten ersten Hilfe und Betreuung von Patienten regelmäßig schulen lässt“, dankte auch Rettungsassistent Andreas Zawieja, der als erster auf die Schadenslage traf.
Der stellvertretende Rettungsdienstleiter des Kreises Nordfriesland, Sebastian Schildger, lobte ebenfalls die hervorragende Zusammenarbeit und sah das bestehende Notfallkonzept des Rettungsdienst Nordfriesland bestätigt.
„Das hat alles sehr vorbildlich geklappt“, lobte auch der Amrumer Einsatzleiter Dietmar Hansen alle Beteiligten. Die Zusammenarbeit mit dem Rettungsdienst, den Notärzten und die Unterstützung durch die Kliniken sei „ganz große Klasse“ gewesen, so der Wittdüner Gemeindewehrführer.
„Mit Blick auf die heutigen Ereignisse bei dem Schiffsunglück mit unserem Fahrgastschiff „Adler Express“, möchten wir unser Bedauern aussprechen und uns vielmals bei allen zu Schaden gekommenen Fahrgästen herzlich entschuldigen“, erklärte Reeder Sven Paulsen vor Ort in Wittdün. „Ein ganz besonderen Dank möchte ich allen an der Rettungsaktion beteiligten Hilfskräften von Amrum und dem Festland, für ihren professionellen und schnellen Einsatz aussprechen“, so Sven Paulsen. Der Reedereichef war nach der Hiobsbotschaft per Flugzeug nach Föhr geflogen und von dort per Boot nach Amrum gefahren, um sich vor Ort ein Bild von den Geschehnissen zu machen.
„Der Germanische Lloyd wird die „Adler Express“ begutachten, erst dann können wir das Schiff zur Reparatur in die Werft bringen. Bis auf Weiteres werden wir mit unseren anderen Schiffen einen Notfallfahrplan fahren“, so Sven Paulsen am Nachmittag. Am Abend ist die „Adler Express“ in die Werft nach Husum verbracht worden. Der Sachschaden bei dem Havaristen liegt ersten Schätzungen nach bei rund 20.000 Euro. „Die Adler-Express“ wird bis auf weiteres ausfallen, so die Reederei.
Als Autor des Artikels möchte ich zu dem Geschriebenen noch anfügen, dass natürlich auch die nicht namentlich genannten Helfer und Akteure ein großes Lob für ihr Engagement und ihre Spontanität verdienen. Die Polizeikräfte von Amrum, Föhr und der Wasserschutzpolizei haben am Mittwoch alle Hände voll zu tun gehabt, um Sachverhalte festzuhalten, Ärzte auf der Insel einzusammeln und die vielen Reisenden sicher am Einsatzgeschehen vorbeizuleiten. Ein urlaubender Kripobeamte stellte sich kurzerhand in den Dienst der Öffentlichkeit und hat auf seinen Urlaubstag verzichtet. Die Wyker Dampfschiffs-Reederei hat die Rettungsaktion durchgehend unterstützt und neben dem Aufenthaltsraum für die Notversorgung, einen Linienbus zur Verfügung gestellt, den Anleger trotz Fähr An- und Abfahrt für die Hubschrauberlandungen geräumt…….
Die Beispiele sind wirklich manigfaltig. Ein großen Dank gilt auch den vielen Firmenchefs auf Amrum, die kurzerhand über Stunden auf ihre Fachkräfte verzichtet haben.
Dem fotografierenden Gast, der mich beim Einsatz ansprach und meinte, nun ist bei Euch ja mal richtig was los, hätte ich gerne auf den Fuß getreten. Und dann so schwer, dass es für alle Verletztenschicksale gereicht hätte. Honk.
Die absolute Superschau haben die Kapitäne zur Luft abgeliefert. Die Rettungshubschrauber kamen im Minutentakt eingeflogen und die Piloten haben ihre Fluggeräte zwischen Licht- und Fahnenmasten eingeparkt, wie andere es nicht einmal mit dem Auto hinkriegen würden. Echte Gänsehaut. Allen Verletzten wünsche ich persönlich eine rasche Genesung und denke, dass kann ich für uns alle, die am Rettungseinsatz beteiligt waren stellvertretend wünschen.
Klar zum Ausdruck muss gebracht werden, dass insgesamt der Großeinsatz nach den Regeln der modernen Notfallversorgung im Massenanfall Verletzter abgewickelt wurde und nach übereinstimmender Beurteilung aller Betroffenen und Helfer zügig und adäquat abgearbeitet werden konnte. Betont werden muss auch, dass insbes. die Zusammenarbeit mit allen Feuerwehren der Insel Amrum hervorragend geklappt hat.
Deutschland hat mit Sicherheit eines der besten Rettungssysteme der Welt und Amrum ist, wenn auch nur ein kleiner, Teil Deutschlands, es funktioniert auch hier.
Dr. Peter Totzauer, Notarzt
Auch von mir noch mal ein herzlicher Dank an alle Rettungskräfte. Meine Vertreterin, Pastorin Thurid Pörksen, und ihr Mann haben spontan Notfallseelsorge geleistet. Auch dafür Danke!