Deichprojekt in Wittdün und Steenodde – es gilt die Betroffenheiten der Insulaner auszuloten…


Mit einer allerersten öffentlichen Information stellten die verantwortlichen Küstenschützer des Landesbetriebs für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz (LKN) eine in diesem Jahrzehnt anstehende Deichverstärkung in Wittdün und Steenodde in der Nordseehalle in Wittdün vor.

vl. Frank Barten Ines Koslowski, Dr. Johannes Oelerich
vl. Frank Barten Ines Koslowski, Dr. Johannes Oelerich

Wie der Direktor des Landesbetriebes, Dr. Johannes Oelerich den anwesenden Bürgern erklärte, sei man zu diesem Zeitpunkt noch in keinem Verfahren zur Umsetzung des geplanten Projektes. Es sei in dieser Phase besonders wichtig, dass sich alle von dieser Maßnahme betroffenen Haus- und Grundstücksbesitzer und Nutzflächen Bewirtschaftende melden, die bezüglich der Planungen für die Küstenschutzmaßnahme etwaige Bedenken beziehungsweise Einwendungen hegen. „Es wäre sehr ärgerlich, wenn wir das Projekt weiter konkretisieren und dann in den nächsten Stufen erst entsprechende Bedenken und Einwendungen vorgebracht würden“, verdeutlichte der Leiter des Landesbetriebs die Aufforderung an die Betroffenen sich mit dem Projekt bereits frühzeitig zu befassen.

Vor vier Jahren wurde bereits festgestellt beziehungsweise festgelegt, dass der Hochwasserschutz auf der Wattenmeerseite der Gemeinde Wittdün nicht den Anforderungen, die an heutige Hochwasserschutzanlagen gestellt werden, genügt. Wie Wittdüns Bürgermeister Jürgen Jungclaus erklärte, würde im Falle eines Deichbruchs zwischen Steenodde und dem Seezeichenhafen das Wasser soweit ins Landesinnere eindringen, dass die Landesstraße, die Wittdün mit den Nachbardörfern der Insel verbindet bis zu 75 Zentimeter hoch überflutet werden würde. Der Klimawandel sei ein Prozess, dem, mit seinem zu erwartenden Anstieg der Wasserstände und Wettererscheinungen, Rechnung zu tragen sei. Aufgrund dessen plant das Land Schleswig-Holstein, den Hochwasserschutz für die Ortslagen Wittdün und Steenodde zu verbessern.

Frank Barten, Geschäftsbereichsleiter für den Neubau und die Instandhaltung von Deichen und anderen Küstenschutzbauwerken sowie den Betrieb der landeseigenen Häfen beim LKN-SH verantwortlich, erklärte die nach der ersten Information weiter abzuarbeitenden Schritte des anstehenden Verfahrens. Dabei sei das in rund drei Wochen anstehende Scoping, die Definition von Aufgaben- und Untersuchungsumfängen in dem komplexen Planungs- und Umsetzungsprozess, der nächste Schritt. In dem Planungsverlauf sind Untersuchungen über die Auswirkung des Projektes auf die Umwelt gesetzlich vorgeschrieben. „Ich rechne nicht mit einem Baubeginn vor 2017 überschlägt Frank Barten die abzuarbeitenden Schritte des Küstenschutzprojektes.

Ines Koslowski erklärt die Planung...
Ines Koslowski erklärt die Planung…

Die mit der Planung befasste Expertin beim LKN, Ines Koslowski, beschrieb anhand der Planungsunterlagen den Anwesenden, wie sich die bisher zwei unterschiedlichen Varianten der Küstenschutzmaßnahme darstellen. Anhand des am 17.02.1962 am Pegel Wittdün gemessenen Hochwassers von 4,14 Meter über NN, wurde der derzeitig Bemessungswasserstand gemäß der Vorgabe des Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (MELUR) mit 4,60 müNN für diesen Regionaldeich auf Amrum festgelegt. Dies entspricht einem Hochwasserereignis, das statistisch alle 100 Jahre auftritt.

Die derzeitigen Deichkronenhöhen liegen zwischen NN+4,63 m im Bereich Wittdün und 5,43 m vor Steenodde. Das bedeutet, dass im Bereich Wittdün eine merkliche Deicherhöhung stattfinden wird. Die vorgestellte Variante 1 sieht die Verstärkung der vorhandenen Trasse vor und wird derzeit mit einer Bausumme von 3,67 Mio. € veranschlagt. Dabei bliebe das vorhandene Deckwerk als Fußsicherung erhalten. Ab Oberkante Deckwerk wird die sich anschließende Deichböschung in einer Neigung von 1:5 ausgebildet und mittels doppellagiger Sandcontainerauflage gesichert. Die Kronenhöhe liegt gemäß den hydrologischen Anforderungen bei NN+5,70 m, die Neigung der Binnenböschung ist mit 1:2,5 geplant, so die Daten des LKN. Die Sandcontainerauflagen wurden ausgewählt, weil es auf Amrum keinen ausreichenden, für den Deichbau geeigneten Kleiboden beziehungsweise anderweitigen Boden gibt. Für Maßnahmen dieser Art dürften die Küstenschützer ohnehin nicht mit der Substanz der Inseln und Halligen arbeiten. Die vernähten Container werden mit einer etwa 10 cm dicken Bodenschicht abgedeckt. Diese ist anzusäen, um wieder eine Grasnarbe zu bekommen.

Variante 1
Variante 1

Variante2, die mit Kosten von 2,2 Mio. € veranschlagt wird, sorgte für deutliches Unbehagen bei den Anwesenden in der Nordseehalle, zumal der Bereich hinter dem Überlaufdeich zwischen Steenodde und dem Seezeichenhafen als kontrollierte Überflutungsfläche eingeplant werden soll. So könnten die Küstenschützer Ausgleichsflächen für andere Maßnahmen ausweisen. Bei entsprechenden Wasserständen liefe dann das Nordseewasser durch ein Durchlassbauwerk im Deich in die Niederung ein. Bei hohen Wasserständen könnten, wie auch bei Sturmfluten und bei einem Deichbruch, laut der ermittelten Geländehöhen, Flächen bis nach Süddorf überflutet werden.

 

Variante 2
Variante 2

Auch die Variante 2 stellt den Schutz der im Zusammenhang bebauten Ortslagen Wittdün und Steenodde sicher. Teile des vorhandenen Deiches werden wie in Variante 1 verstärkt, seeseitig mit einer Kronenhöhe von NN+5,70 m. Im Bereich Wittdün erfolgt dies bis zur Überfahrt am Hafenspielplatz. Dort schließt ein Flügeldeich an, der in Richtung Süd-Westen schwenkt und die Bebauung von Norden her schützt. Geplant ist in diesem Zusammenhang die Anhebung der Straße. Die Zuwegung zur Kläranlage sowie der Anschluss an die Landesstraße 215 sollen als Rampen ausgebildet werden. Im Bereich Steenodde werden 250 m der vorhandenen Deichtrasse in der vorhandenen Trasse verstärkt. Im weiteren Verlauf schließt ein Flügeldeich an, der in Richtung Westen schwenkt und die Bebauung von Süden her schützt. Er wäre rund 120 m lang und schließe an die vorhandenen Geländehöhen an. Die Befestigung erfolgt dann ebenfalls mittels Sandcontainern. Die Böschungsneigung würde wie in Variante 1 ausgebildet.

„Ich habe das Wasser als Kind bereits vor der „Blauen Maus“ erlebt und gesehen, wie es durch die Wände in den Keller drückte“, schildert Jan von der Weppen die Erlebnisse von 1962. Für ihn ist es unverständlich, dass sich die Behörde an den nackten Zahlen der jeweiligen Summe der Baukosten festhält. Dafür aber bei Variante 2 den enormen Eingriff in die gewachsene Natur der Insel in Kauf nehmen will. Die zusätzlichen Maßnahmen zum erforderlichen Objektschutz, der unter anderem für die Kläranlage und den landwirtschaftlichen Betrieb in Süddorf erforderlich sein wird, relativierten die Differenz zwischen den Baukosten der beiden Varianten, so die Einwände. Von der Befürchtung der Versalzung des Oberflächenwassers im angrenzenden Wohngebiet mal ganz abgesehen.

Warum man einen geschützten Bereich Amrums zugunsten einer Ausgleichsfläche für andere Projekte und für eine vermeintliche Einsparung von Steuergeldern der Nordsee zugänglich machen will, trifft bei den im Nachhinein gesprochenen Insulanern auf Unverständnis.

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Über Thomas Oelers

Thomas Oelers wurde 1966 in Wittdün auf Amrum geboren - ein echtes Inselkind. Nach seiner Schul- und Ausbildungszeit entschied er sich auf der Insel zu bleiben. Heute arbeitet der Vater von 2 Kindern in einem Wittdüner Betrieb als Zentralheizungs- und Lüftungsbaumeister. Seit 2003 recherchiert und fotografiert er als freier Journalist akribisch im Amrum-News Team.

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One comment

  1. Hallo,
    es verwundert mich etwas ,dass es bis jetzt noch keine Kommentare zu diesem Thema gibt.
    Ich denke es müsste sich etwas bewegen, hinsichtlich dieser vorgeschlagenen Variante 2.
    Hier sind meines Erachtens nicht nur die Anwohner sondern auch unsere Naturschutzverbände und Politiker gefragt, so einen Vorschlag (Variante 2) seitens der verantwortlichen Küstenschützer des Landesbetriebs für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz (LKN) mit allem Nachtdruck abzulehnen.
    Ich hoffe das alle Politiker aller Fraktionen und Inselorte hier an einem Strang ziehen,denn heute geht es um den Bereich Wittdün und Steenodde ,aber morgen kann es auch um den Deichschutz der andern Orte gehen.Wer ahnt schon,was denen sonst noch so in Zukunft einfällt.
    Gruß Kai

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