Volles Haus beim Mühlenverein. Saisonstart erst zu Pfingsten


Eine Mitgliederversammlung in drei rappelvollen Räumen auf zwei Ebenen – wie geht das denn? Erstaunlich gut, am Freitagabend im gemütlichen Dörnsk an Köögem in Nebel. Dort waren, völlig überraschend, doppelt so viele Mitglieder zur Jahresversammlung des Amrumer Mühlenvereins erschienen wie angemeldet und so tagte man kurzerhand in beiden Gasträumen parterre und oben auf der Galerie.

Mitgliederversammlung

Diese Rekordbeteiligung könnte glatt als Zahlenmystik in die Statistik eingehen: Lag es an der 53. Mitgliederversammlung oder an den jetzt 253 Amrumern unter den 559 Mitgliedern des Mühlenvereins, dass genau 53 Mitglieder (statt der 25 avisierten) zur Versammlung kamen oder hatten die 28 Spontanbesucher die angekündigte kleine Stärkung vielleicht allzu wörtlich genommen: „Essen, was der Koch zaubert“?

Eine echte Herausforderung war es allemal – für die ohne Mikrofon sprechenden Rednerinnen und Redner und die Zuhörer in den Nebenräumen, aber vor allem an die Improvisationskünste der abendlichen Gastgeber vom Dörnsk an Köögem. Galt es doch alle Anwesenden mit einer köstlichen Kartoffelsuppe zu versorgen, die mit leckeren Schmalz-Schwarzbrot-Talern und einem Hauch Krautsalat zwischen den Berichten über das „Vergangene“ und das „Kommende“ serviert wurde. Tolle Improvisation und eine prima Idee, die offensichtlich sehr gut ankam. Glückwunsch und ein großes Dankeschön an das freundliche Team von Hilke & Jan Friedrichs und den Vorstand des Mühlenvereins.

Der Geschäftsbericht zog eine erfolgreiche Bilanz des vergangenen Mühlenjahres: Ausstellungssaison von April bis Oktober (Elmar Koritzius, Kinka Tadsen, Tobias Hartmann), Feier des Deutschen Mühlentags mit Speis und Trank am Pfingstmontag (Auftritte von Quer Beet, Trachtengruppe, Posaunenchor, Blaskapelle), Benefizkonzert der Amrumer Soulband im Juni, Tag des offenen Denkmals im September – insgesamt 17.500 Kinder und Erwachsene besuchten im vergangenen Jahr die älteste Mühle Schleswig-Holsteins.

Das Vereinsjahr wurde aber auch überschattet vom Tod des Schatzmeisters Erk Tadsen, der die Mühlenfinanzen – mit tatkräftiger Unterstützung seiner Frau Inge – viele Jahre lang erfolgreich verwaltet hat. Traditionsgemäß standen ihm zu Ehren die Mühlenflügel eine Woche lang still und die Versammlung gedachte seiner mit einer Schweigeminute für die verstorbenen Mitglieder.

Mühlenvereinsvorsitzender Volker Langfeld dankte Inge Tadsen für ihre langjährige Unterstützung und die kommissarische Übernahme der Kasse, die sie in den letzten Monaten gleichberechtigt mit Gerret Krahmer führte. Die Kassenführung war wie immer tipptopp, befanden die Prüfer. Die Kasse stimmte und weist für 2016 einen Gewinn von rund 14.680 Euro aus. Der Vorstand wurde ordnungsgemäß auf zwei Ebenen in drei Räumen ohne Gegenstimme entlastet. – Und das stellen Sie sich jetzt bitte bildlich vor –sozusagen exemplarisch für alle Abstimmungen des Abends, einschließlich der Annahme des Protokolls vom Vorjahr (ohne Einsprüche) und den anberaumten Wahlen.

Der Mühlenvorstand besteht aus fünf Mitgliedern und zwei Beisitzern. Neu zu besetzen oder im Amt zu bestätigen waren der Kassenwart, der 2. Stellvertretende Vorsitzende und ein Beisitzer. Es gab keine Gegenkandidaten und so wurden auf zwei Ebenen in drei Räumen und ohne Gegenstimmen einmütig gewählt: Gerrit Krahmer zum Kassenwart, Kai Quedens zum zweiten neuen Stellvertretenden Vorsitzenden und Martin Pörksen als technischer Berater zum zweiten Beisitzer.

Der Umbau zur Wiederherstellung der Mahlfähigkeit der Mühle hat den Vorstand im Jahr 2016 stark gefordert, berichtete Volker Langfeld.
Der 1. Bauabschnitt ist durchfinanziert und umfasst die Schaffung von Lagerräumen für Getreide im Keller, den Rückbau der bisherigen Toilettenräume zum Motorenraum und die Verlegung der Toilettenanlagen. Der neue Ein-Zylinder Dieselmotor der Motoren-Werk-Mannheim AG aus dem Jahr 1922, den die Amrumer in Thüringen abholen konnten, läuft schon, wie man auf Facebook sieht. Nach dem Umbau kann er an seinem ursprünglichen Platz wie zuletzt 1963 die Arbeit aufnehmen und bei Windstille das Mahlwerk antreiben.

Mit den Umbauarbeiten konnte aber erst im Februar begonnen werden, da die Baugenehmigung erst im November eintraf und die Ausschreibungen sich hinzogen. Der Umbau wird zum Saisonbeginn vermutlich nicht komplett fertig und der Vorstand bittet darum, dass Mitglieder sich aktiv an der Renovierung beteiligen mögen. Die Mühle eröffnet in diesem Jahr erst zum deutschen Mühlentag am Pfingstmontag, mit einem kleineren Programm als gewohnt. Groß gefeiert wird erst Anfang September am Tag der offenen Tür. Wie gewohnt finden die Mühlenführungen jeden Montag um 17:00 Uhr statt, aber 2017 wird es wegen der Baumaßnahmen nur zwei Kunst-Ausstellungen geben: Suzie Bohn vom 11.6. – 18.8. und Susanne Klena vom 21.8. bis 31.10. Die Plakate sind gerade frisch gedruckt.

Der 2. Bauabschnitt wird eine neue Maßnahme sein, die erst in Angriff genommen wird, wenn die Finanzen vorhanden sind. Er umfasst die Herstellung des Mahlwerks. Ziel ist ja, mit Windkraft in der Mühle künftig wieder Korn zu mahlen, natürlich nur zu Anschauungszwecken an den Tagen zwischen den Kunstausstellungen während der Sommermonate. Im August wird auf der Insel eine Pferdekutsche aus dem Allgäu erwartet, die der Mühle dafür schon mal symbolträchtig den ersten Sack Korn liefert. Und Bäckermeister Karsten Schult hat sich bereit erklärt, das zu Schrot gemahlene Korn des Mühlenvereins zu verarbeiten. Es bleibt also spannend rund um die Mühle.

Aber hätten Sie auf der Hauptversammlung des Mühlenvereins einen Vortrag über „Insekten“ erwartet – in der Mitte der Tagesordnung? Ich muss sagen, diese Insel überrascht mich immer wieder, auch an diesem netten Abend auf zwei Ebenen in drei Räumen. Was Karsten Schult, der 2012 damit begann Insekten auf Amrum zu fotografieren, da auf die Leinwand beamte, war ähnlich faszinierend wie der französische Dokumentarfilm „Mikrokosmos“. Schier unmöglich, all die bizarren, schönen Fliegen, Käfer, Wespen, Hummeln, Ameisen, Schnaken, Raupen, Falter usw. hier aufzuzählen, die er am Wegesrand, auf Wiesen und Waldlichtungen der Insel schon vor die Linse bekommen hat. 45 Namen habe ich mir zu den fantastischen Bildern notiert. Sein Plädoyer an alle Gartenbesitzer auf Amrum: Lasst doch einfach ein kleines Stück Eures Rasens ungemäht, so wie die Bäckerwiese in Norddorf. Dann kann man viele dieser wundersam anmutenden Wesen entdecken.

Eine Power Point Präsentation von rund 50 Insekten, sämtliche Berichte, Fragen und Abstimmungen, Essen und Trinken in drei Räumen auf zwei Ebenen in 1h:40min. Hätten Sie geglaubt, dass das geht? Vielleicht hat ja nicht nur der Koch gezaubert bei dieser 53. Mitgliederversammlung des Amrumer Mühlenvereins.

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Über Astrid Thomas-Niemann

Astrid Thomas-Niemann ist gelernte Schifffahrtskauffrau sowie studierte Sprach- und Erziehungswissenschaftlerin. Sie hat viele Jahre als Schifffahrtsanalystin gearbeitet und lebt seit 2015 in Wittdün. Als junge Frau kam Astrid 1981 das erste Mal auf die Insel und besuchte auf Zeltplatz II die Niemanns aus Hamburg, die Amrum seit 1962 urlaubsmäßig die Treue halten, inzwischen bereits in der 4. Generation.

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