Mit dem beginnenden Herbst ist auch die Wurfsaison der Seehunde endgültig beendet. Die bis zu 1,80 m langen und 100 kg schweren Säugetiere leben im Wattenmeer um Amrum und nutzen die Strände der Insel als Ruhezone.
Gelegentlich kommen auch junge Seehunde auf Amrum zur Welt, meist jedoch auf den ungestörteren Sandbänken. Die neugeborenen Jungtiere sind dann 7-10 kg schwer und haben ein kurzes grau-braunes Fell. In diesem Jahr waren es ungefähr 25 junge Seehunde, die an Amrums Stränden gesichtet wurden. Die noch nicht abgestillten Jungtiere, die nach ihren Muttertieren rufen, werden aufgrund ihrer Rufe Heuler genannt. Die Rufe dienen dazu, dem Muttertier die Richtung zum Jungtier zu weisen. In den meisten Fällen kommt die Mutter auch zu ihrem Jungen zurück. Sollte dies nicht der Fall sein, kümmern sich die Amrumer Naturschutzverbände und Seehundjäger um die Tiere.
Die Mitarbeiter der Naturschutzverbände versuchen dann, das Tier aufgrund eventueller offensichtlicher Verletzungen und dem Ernährungs- und Gesundheitszustand einzuschätzen und informieren im Zweifelsfall die Seehundjäger. Diese haben neben ihrer normalen Jagdausbildung auch eine Sonderausbildung für Meeressäugetiere absolviert und können auch aufgrund ihrer Erfahrung den Zustand eines Seehundes schnell beurteilen und dementsprechend handeln. In diesem Jahr wurden 10 verletzte bzw. unterernährte junge Seehunde in die Seehundstation nach Friedrichskoog gebracht. Dort blieben sie bis zu ihrer Genesung und konnten wieder im Wattenmeer ausgewildert werden.
Insgesamt gibt es zur Zeit etwa 24100 Seehunde im Wattenmeer, davon etwa 8500 in Schleswig-Holstein. Nach der letzten Staupeepidemie im Jahr 2002, bei der etwa 21700 Seehunde ums Leben kamen, ist die Anzahl der Seehunde wieder ansteigend. Die größten Gefahren für Seehunde sind Wasserverschmutzung, vor allem chemische Substanzen, die das Immunsystem und die Fortpflanzung schädigen, Reste von Fischernetzen, in denen sie ertrinken, sowie Plastikmüll. Eine weitere Gefahr sind Strandbesucher, die die Tiere von ganz Nahem sehen wollen, oder freilaufende Hunde, die durch ihre Annäherung die Tiere in Stresssituationen bringen und auch dazu verleiten, ihre benötigte Ruhe zu unterbrechen und ins Wasser zu flüchten. Seehunde sind Wildtiere und können im Gefahrenfall auch angreifen oder sich verteidigen. Daher sollte stets ein Mindestabstand von ca. 80-100m zu den Tieren eingehalten werden.
Dr. Thomas Chrobock
Carl Zeiss Naturzentrum Amrum