Nach einer rund halbjährigen Spezialausbildung, bei der Holger Lewerentz als bereits ausgebildeter Jäger an verschiedenen Lehrgängen auf dem Festland teilnehmen musste, unterstützt der vom Land Schleswig-Holstein bestellte Seehundsjäger auf Amrum seine beiden Kollegen eigenverantwortlich. Die umfassende Ausbildung reichte von viel Theorie bis hin zum Sezieren und Analysieren von toten Tieren. Letzteres hätte bleibende Eindrücke bei den Sinnesorganen hinterlassen, berichtete Lewerentz während seiner Ausbildung. Bereits seit September 2014 unterstützt der 52-Jährige seine Kollegen und hat dabei viele tote Tiere, die an einer Infektionskrankheit verendet sind, abgeborgen. Er musste auch schon Bekanntschaft mit einer bissigen Kegelrobbe machen. Solche Verletzungen müssen sofort mit Antibiotikum behandelt werden, um schwere und ernst zu nehmende Entzündungen zu verhindern.
„In diesem Jahr stellt sich die Lage an Amrums Stränden wieder entspannter und im statistischen Mittel dar“, berichtet der gebürtige Itzehoer. Aber es gibt auch nette Momente im Alltag, die verdeutlichen, dass einem Seehundsjäger das Wohlergehen und der Schutz der Seehunde, Kegelrobben und allen anderen Meeressäugern ein besonderes Bedürfnis sind.
Mit dem ersten Heuler der Wurfsaison der Seehunde, einem von der Mutter getrennten Neugeborenen beziehungsweise Jungtier war Lewerentz “per du”. Das rund 3-4 Tage alte Tier hatte sich im Norden der Insel einem in der Nordsee badenden Mädchen angeschlossen und war mit auf den Strand gerobbt. Leider tauchte die Mutter auch nach Stunden nicht auf, um den Nachwuchs wieder ins Wasser zu locken. Ein Fall für den Seehundsjäger. Leider war die letzte Fähre zum Festland bereits abgefahren, sodass der Transport in die Aufzuchtstation in Friedrichskoog erst am nächsten Morgen möglich war. Bei bester Verfassung und genügsam, bedeutete dieser Umstand für das Raubtier Familienanschluss bis zum nächsten Morgen. Bis zur ersten Fährabfahrt am nächsten Morgen habe ich aufgrund des Heulens (dem Ruf nach der Mutter) kein Auge zugetan“, schmunzelt Lewerentz und ist froh, dass der „Zwerg“ eine reelle Chance hat, aus der Aufzuchtstation wieder ausgewildert zu werden.
Seehunde und Kegelrobben gehören im nordfriesischen Wattenmeer zu den imposantesten Tieren dieses einzigartigen Lebensraumes. Der Seehund unterliegt dem Jagdrecht, wird aber bereits seit 1974 in Schleswig-Holstein nicht mehr bejagt. Die Jäger sind im Rahmen ihrer Hegeverpflichtung zuständig und verantwortlich für den Schutz dieser Wildart. Die Landesregierung hat in Schleswig-Holstein speziell geschulte Seehundsjäger als verantwortliche Jagdaufseher eingesetzt. Sie alle verfügen über die umfangreiche Jagdausbildung, die den notwendigen Sachverstand für die Anatomie und Lebenszyklen der schutzbefohlenen Tiere mit sich bringt. Die
Seehunde werden zwischen 140 und 180 cm lang und zwischen 100 und 130 Kilogramm schwer, ihr Aussehen ist stark von dem Trocknungsgrad ihres Felles abhängig. Die natürliche Lebenserwartung liegt bei maximal 40 Jahren. Die 11-monatige Tragezeit der Weibchen endet mit dem Wurf im Juni und Juli. Die im Durchschnitt 85 cm großen und 7- 10 kg schweren Zöglinge werden gut fünf Wochen gesäugt, bis sie für sich selber versorgen müssen.
Empfohlenes Verhalten beim Fund eines verletzten Seehundes oder Heulers :
- Seehund / Heuler nicht anfassen,
- Hunde fern halten,
- weiten Abstand von min. 300 m einhalten,
- Seehundsjäger, Seehundstation oder Polizei über Notruf benachrichtigen.
- Seehunde nicht ins Wasser jagen!
Foto: Nicole König