Seenotretter im Jubiläumsjahr bisher schon 1.900 Mal auf Nord- und Ostsee im Einsatz
Auf Nord- und Ostsee sind die Seenotretter allein in den ersten zehn Monaten ihres Jubiläumsjahres 2015 bereits rund 1.900 Mal im Einsatz gewesen (Januar bis Oktober 2014: rund 2.000 Einsätze). Die Besatzungen der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) haben dabei in den deutschen Seegebieten rund 500 Menschen aus Seenot gerettet oder Gefahr befreit (Januar bis Oktober 2014: rund 700). Seit der Gründung vor 150 Jahren haben sie insgesamt 82.175 Menschen gerettet. Die Seenotretter blicken auch an Land auf ein erfolgreiches Jahr zurück: Das Jubiläum der DGzRS hat große öffentliche Aufmerksamkeit erfahren.
Wesentliche Unterstützung erfuhren die Seenotretter in den vergangenen Monaten durch ihren diesjährigen ehrenamtlichen „Bootschafter“, die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen. Musiker des Orchesters stellten am 29. Oktober 2015 die Einsatzzwischenbilanz 2015 der Seenotretter in Bremen der Öffentlichkeit vor.
Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen hat unter anderem das Jubiläumskonzert am 150. Geburtstag der DGzRS im Bremer Konzerthaus „Glocke“ gespielt. Außerdem ist in den vergangenen Monaten eine DVD erschienen und im Seenotretter-Shop erhältlich, auf der Musik von Robert Schumann auf Bilder aus dem Alltag der Seenotretter trifft.
Neuer ehrenamtlicher „Bootschafter“ 2016
Neuer Seenotretter-„Bootschafter“ im Jahr 2016 wird der Schauspieler Markus Knüfken. Einem größeren Kinopublikum ist er unter anderem durch den Ruhrgebietsfilm „Bang Boom Bang – Ein todsicheres Ding“ bekannt geworden. Fernsehzuschauern ist sein Gesicht aus Rollen in zahlreichen Folgen deutscher Erfolgsserien wie „Notruf Hafenkante“ vertraut. Auch auf der Theaterbühne ist Knüfken zuhause: Zurzeit ist er auf bundesweiter Tournee.
Aus der Rettungsflotte
Zwei neue Rettungseinheiten haben die Seenotretter im zu Ende gehenden Jahr in Dienst gestellt. In Anwesenheit ihres Schirmherrn, Bundespräsident Joachim Gauck, taufte seine Lebensgefährtin Daniela Schadt am 150. Geburtstag der DGzRS, dem 29. Mai 2015, auf dem Bremer Marktplatz das 20. Seenotrettungsboot der bewährten 9,5-/10,1-Meter-Klasse. Dieser erste Neubau für die DGzRS seit der Wiedervereinigung in Mecklenburg-Vorpommern erhielt den Namen HENRICH WUPPESAHL. Das Boot hat in Neustadt in Holstein/Lübecker Bucht die CREMPE abgelöst.
Am 30. Mai 2015 erhielt im Rahmen der Jubiläumsfeierlichkeiten in Bremerhaven das Typschiff der neuen 28-Meter-Klasse den Namen ERNST MEIER-HEDDE. Es ist auf Amrum der VORMANN LEISS nachgefolgt. Das zweite Schiff der Serie haben die Seenotretter Mitte Oktober 2015 auf der Fassmer-Werft an der Unterweser auf Kiel gelegt. Es wird zum Jahreswechsel 2016/2017 in Laboe die BERLIN ersetzen.
Ungewöhnlich für die Seenotretter ist die frühzeitige Namensbekanntgabe: Auch dieses Schiff soll BERLIN heißen. Die Seenotretter wollen im nächsten Jahr mit einer besonderen Spendenaktion insbesondere die Bevölkerung der Hauptstadt für das Neubauprojekt begeistern.
Die nächste Kiellegung wird in wenigen Monaten erfolgen: Der dritte Neubau der 28-Meter-Klasse soll im Frühjahr 2017 abgeliefert werden. Über seine Stationierung ist noch nicht entschieden. Wie alle Rettungseinheiten der Seenotretter werden die neuen Schiffe im bewährten Netzspantensystem vollständig aus Aluminium gebaut, als Selbstaufrichter konstruiert und ausschließlich durch freiwillige Zuwendungen finanziert.
„Woche der Seenotretter“ zum Jubiläum 150 Jahre DGzRS
Rund 25.000 Menschen haben die Seenotretter Ende Mai/Anfang Juni in Bremen und Bremerhaven zum 150-jährigen Bestehen begrüßen können. Höhepunkte der „Woche der Seenotretter“ waren neben den beiden Taufen ein feierlicher Festakt im Bremer Rathaus mit Schirmherr und Bundespräsident Gauck sowie eine spektakuläre Schiffsparade vor Bremerhaven und „Open Ship“ auf mehr als 50 Rettungseinheiten aus zahlreichen europäischen Ländern.
Konferenz und Kongress der International Maritime Rescue Federation (IMRF), des weltweiten Zusammenschlusses der Seenotrettungsorganisation, schlossen sich an.
Seenotretter hoffen zum Jahresende auf Spendenbereitschaft der Bevölkerung
Hinsichtlich des Sammlungserlöses hofft die DGzRS zum Jahreswechsel auf die Spendenbereitschaft der Bevölkerung, um ein ähnliches Ergebnis zu erzielen wie im Jahr 2014 (20,8 Mio. Euro). In diesen Wochen wenden sich die Seenotretter wieder verstärkt an die Öffentlichkeit, um über ihre Arbeit zu informieren, die Menschen im ganzen Land um Unterstützung zu bitten und weitere Förderer zu gewinnen. Sie sind auf die Unterstützung der breiten Bevölkerung angewiesen, denn nach wie vor wird ihre gesamte Arbeit ausschließlich durch freiwillige Zuwendungen getragen.
Rund 5.000 Plakate hängen bald an publikumsintensiven Plätzen in etwa 170 Städten – mietfrei für die Seenotretter. Die großformatigen Bilder zeigen in diesem Jahr Mosaike mit Seenotrettungskreuzer oder Sammelschiffchen aus Gesichtern der Seenotretter und ihrer Förderer. Die Flächen dafür hat die awk Außenwerbung GmbH kostenlos zur Verfügung gestellt.
Tag der Seenotretter 2016
Spendern, Freunden und allen Interessierten bieten die Seenotretter auch 2016 wieder die Gelegenheit, sich vor Ort ein Bild von der Einsatzbereitschaft ihrer Besatzungen und der Leistungsfähigkeit ihrer Rettungseinheiten zu machen. Erneut findet am letzten Sonntag im Juli, somit am 31. Juli 2016, der „Tag der Seenotretter“ statt.
Einsatzzahlen im Detail
Vom 1. Januar bis 23. Oktober 2015 haben die Besatzungen der rund 60 Seenotrettungskreuzer und -boote in Nord- und Ostsee bei insgesamt 1.892 Einsätzen
- 55 Menschen aus Seenot gerettet,
• 436 Menschen aus drohender Gefahr befreit,
• 317 Mal erkrankte oder verletzte Menschen von Seeschiffen, Inseln oder Halligen
zum Festland transportiert,
• 48 Schiffe und Boote vor dem Totalverlust bewahrt,
• 886 Hilfeleistungen für Wasserfahrzeuge aller Art erbracht sowie
• 513 Einsatzanläufe und Sicherungsfahrten absolviert.
In vielen Fällen griffen die Seenotretter frühzeitig ein und begrenzten so Schäden bereits im Vorfeld. Zudem sind sie 2.338 Mal in ihren Revieren zwischen Borkum im Westen und Ueckermünde im Osten auf Kontrollfahrt gegangen. Seit ihrer Gründung am 29. Mai 1865 hat die DGzRS bis Ende Oktober 2015 insgesamt 82.175 Menschen aus Seenot gerettet oder Gefahrensituationen auf See befreit.
Die Einsatzzahlen der Seenotretter in deutschen Gebieten von Nord- und Ostsee verteilen sich für die ersten zehn Monate des Jahres 2015 auf die einzelnen Küsten wie folgt:
Niedersächsische Nordseeküste
Die Besatzungen der an der niedersächsischen Küste stationierten Seenotrettungskreuzer und -boote haben bei 497 (Januar bis Oktober 2014: 530) Einsätzen vier (zwölf) Menschen aus Seenot gerettet und 56 (101) weitere aus Gefahrensituationen befreit.
Schleswig-Holsteinische Nordseeküste
Die Stationen an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste registrierten 213 (Januar bis Oktober 2014: 224) Einsätze. Die dortigen Mannschaften retteten zwei (zwei) Menschen aus Seenot und befreiten weitere 18 (36) aus Gefahrensituationen.
Schleswig-Holsteinische Ostseeküste
An der Ostseeküste Schleswig-Holsteins waren die Seenotretter 679 (Januar bis Oktober 2014: 763) Mal im Einsatz. Sie retteten 40 (21) Menschen aus Seenot und befreiten weitere 223 (304) aus Gefahrensituationen.
Mecklenburg-Vorpommersche Ostseeküste
In Mecklenburg-Vorpommern waren die Seenotretter zu 503 (Januar bis Oktober 2014: 489) Einsatzfahrten unterwegs. Sie retteten elf (zehn) Menschen aus Seenot und befreiten weitere 139 (263) aus Gefahrensituationen.
In den Bordtagebüchern geblättert
Zu den herausragenden Einsätzen der ersten zehn Monate des Jahres 2015 gehört die Rettung dreier Fischer von ihrem sinkenden Kutter sechzig Seemeilen (etwa 110 Kilometer) nordwestlich Helgoland am 18. Februar. Ein Baggerschiff erreichte die Schiffbrüchigen gerade noch rechtzeitig und nahm die Fischer an Bord. Auch der Helgoländer Seenotrettungskreuzer HERMANN MARWEDE war im Einsatz.
Bei einem Spaziergang vor der Ostküste Amrums ist am 22. März eine Mutter mit zwei kleinen Kindern in Gefahr geraten. Die Frau war mit einem Bein bereits bis zum Oberschenkel in den weichen Meeresboden eingesunken. Ein Seenotretter im Überlebensanzug befreite die Frau, die ein Baby auf dem Rücken trug. Ihr zweites, etwa drei Jahre altes Kind war lediglich mit den Füßen eingesunken.
In der Nacht zum 27. März kamen die freiwilligen Seenotretter der Station Eiderdamm drei Fischern zu Hilfe. Ihr Krabbenkutter war nach Ausfall der Kühlwasserpumpe manövrierunfähig und konnte auch keinen Anker mehr werfen. Er kam fest und drohte, von Wind und Tide immer weiter auf die Sände gedrückt zu werden. Die Seenotretter befreiten das Schiff und schleppten es sicher ein.
Ein Kajakfahrer verdankt sein Leben aufmerksamen Passagieren der Spiekeroog-Fähre und der Revierkenntnis der Neuharlingersieler Seenotretter. Starker Nordwestwind hatte den Mann in die Otzumer Balje getrieben. Die freiwilligen Seenotretter der NEUHARLINGERSIEL retteten den kaum ansprechbaren, stark unterkühlten 70-Jährigen am 9. Mai sprichwörtlich in letzter Minute.
Nach einem plötzlichen Wassereinbruch kamen die Cuxhavener und Bremerhavener Seenotretter am 12. Mai etwa 25 Seemeilen (45 Kilometer) nordwestlich von Bremerhaven zwei Männern an Bord eines Plattbodenschiffs zu Hilfe. Mit Lenzpumpen verhinderten sie den Untergang und brachten Schiff und Besatzung in Sicherheit.
Vor dem Peenemünder Haken sind die Seenotretter am 8. Juni einem Fischkutter mit Schwelbrand zu Hilfe gekommen. Nahe Freest übergab die Freiwilligen-Besatzung des Seenotrettungsbootes HEINZ ORTH Feuerwehrleute auf den Havaristen. Gemeinsam mit dem Seenotrettungskreuzer EUGEN/Station Greifswalder Oie brachten die Seenotretter den Kutter sicher in den Hafen.
Nach Motorproblemen ist am 4. Juli ein kleines Boot im Elbehafen Brunsbüttel zwischen die Pier und ein großes Frachtschiff geraten. Aufgrund des starken Ebbstroms war es der Besatzung nicht gelungen, dort festzumachen. Die Seenotretter griffen ein, bevor der Schwell eines vorbeifahrenden großen Schiffes dazu führen konnte, dass der Frachter das kleine Boot an der Pier zerdrückt.
Zwei deutsche Segler verdanken den Seenotrettern aus Maasholm und reibungsloser internationaler Zusammenarbeit vermutlich ihr Leben: Die Besatzung des Seenotrettungskreuzers NIS RANDERS holte in der Nacht zum 9. Juli die beiden Männer bei stürmischem Wetter südöstlich der dänischen Insel Langeland von ihrem havarierten Segelboot – wenig später ging es unter.
Der Segeltörn einer Hamburger Kindergruppe auf der Schlei ist dank der freiwilligen Seenotretter aus Schleswig am 28. Juli glücklich ausgegangen. 17 Kinder und drei Erwachsene waren auf sechs Jollen unterwegs. Eines der Boote war gekentert. Bei zunehmendem Wind waren die Kinder überfordert, ihre Jollen auf Kurs zu halten. Die WALTER MERZ brachte die Gruppe sicher an Land.
Gleich zweimal sind die Borkumer Seenotretter in der Nacht zum 29. Juli für Berufsfischer im Einsatz gewesen. Ein Fischkutter hatte starken Wassereinbruch und Maschinenschaden gemeldet, der andere ein Netz in den Propeller bekommen. Beide trieben manövrierunfähig im Fahrwasser und benötigten dringend Hilfe. Der Seenotrettungskreuzer ALFRIED KRUPP brachte sie in Sicherheit.
Bei starken bis stürmischen Winden mit Sturmböen sind die Seenotretter am Wochenende 5./6. September rund 30 Mal im Einsatz gewesen. Mehr als 60 Menschen waren auf ihre Hilfe angewiesen. Unter anderem barg der Seenotrettungskreuzer VORMANN STEFFENS/Station Hooksiel bei bis zu zwei Metern Seegang einen Seemann mit offenem Fingerbruch von einem 135-Meter-Frachter ab.
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