Abschluss à la Ballermann …


Montag morgen aus dem Bett zu kommen ist wohl für jeden Schüler das Härtste, das ist klar. Doch wenn plötzlich 20 Schüler und 2 Lehrer im Schlafanzug und Bademantel inklusive Kissen zur Schule kommen merkt man, dass irgendwas faul ist. Nach einigem Getuschel und Geflüster im Schulbus sowie Schulflur ging die Nachricht blitzschnell herum. Es ist wieder Mottowoche!

Die gesamte zehnte Klasse und die ESA-Schüler der neunten Klasse haben sich wie in den vergangenen Jahren für eine Woche die verschiedensten Kostüme für das jeweilige Motto rausgesucht. Durch die kreativsten und witzigsten Ideen hatte somit die gesamte Schule was zu lachen und war jeden neuen Morgen gespannt, wie man denn nun ausgesehen hat.

Am Dienstag liefen dann plötzlich FBI-Agenten durch die Schule, Ärzte und Chemiker standen im Schulkiosk und auch Bauern liefen stets mit Schaufel und Forke durch die Schule. Die verschiedensten Berufe waren vertreten. Wie immer versuchten die jüngeren Schüler immer wieder das nächste Motto herauf zu finden, doch die Versuche waren zwecklos, die Abschlussschüler blieben still.

Mittwochmorgen schien alles zunächst wieder recht normal. Die Mädels hatten Pullover an, Mützen oder Caps und etwas lockerere Hosen. Diese Normalität hielt stand bis durch die gesamte Schule lautes und vielfaches Schuhklackern zu hören war. In Miniröcken Perücken und extra noch am morgen aufgelegte Schminke stöckelten die Jungs zur Klasse. An diesem Tag gab es wohl am meisten zu lachen. Eine Gruppe von kichernden „Mädchen“ liefen zusammen auf Toilette und malten ihren Lippenstift nach (auch wenn mal die erfahreneren Mädchen bei der Präzision nachhelfen mussten) und die „Typen“ saßen breitbeinig auf den Tischen und verhielten sich alles andere als charmant. Auch in die gegenseitige Rolle sind die Schüler beim Paartanz in Sport geschlüpft, als natürlich die Damen von den männlichsten Jungs vor Ort geführt wurden.

Am größten war der Schock jedoch an Tag vier, als die Lehrer verwundert einen Klassenraum voller Rentner betraten. Mit der Hand am Krückstock oder Rollator verlief am Donnerstag alles ein bisschen langsamer, den alten Menschen natürlich gerecht. Zudem wurde viel über die heutige Generation gepöbelt, über die eigene Jugend geschwärmt und in Geschichte über die persönlichen Erlebnisse beim Mauerbau erzählt.

Nun lag die ganze Spannung auf Freitag. Was könnte das letzte Motto sein? Welches  Thema fehlt noch? Wann wird die bekannte „Opferliste“ für den Schülerstreich bekannt gegeben? Auf welche verrückten und absurde Ideen kommt die Klasse noch, die schon in den letzten Jahren so viel Scheiß angestellt hat und für ihre verrücktesten Aktionen berüchtigt sind.

Mit Ballermannmusik, Trinkhelmen (selbstverständlich gefüllt mit Wasser) und Sonnenbrillen werden Freitag die Türen aufgetreten. Gleich in der ersten Stunde wird klar: In dieser Klasse voller asozialen Ballermanngästen kann kein regulärer Unterricht stattfinden. Genau derselben Meinung waren auch schon die Abschlussschüler, die bei der Planung der Mottowoche vor einigen Wochen auch schon die Ansage eingeplant haben. Die Kirsche auf dem Sahnehäubchen der Mottowoche.

Eine kleine Kostpobe wird den Lehrern und Schülern vom bevorstehenden Abschlussstreich gegeben. Signalisiert wird diesmal, dass nach dem diesjährigen Abschluss der Stimmungsmacher es nur noch langweilig in der Schule zugehen kann. In der fünften Schulstunde hörte man das Gegröle und Musik schon von weitem. Die Türen wurden aufgerissen, die Schüler und Lehrer wurden mitten im Unterricht von Süßigkeiten und Konfetti abgeworfen und anschließend in die Turnhalle gebracht. Dort angekommen wurde als erstes die Opferliste bekannt gegeben. Die Namen dieser Liste wurden aufgerufen und mussten mit den restlichen Schülern vorne an den Tanz zu Gangnam Style tanzen. Beim Schülerstreich, dessen Datum noch streng geheim ist, werden die „Opfer“ dann restliche Strafen durchmachen.

Ohne Vorwarnung fielen plötzlich hunderte von Papierschnipsel durch die Luft quer durch die Halle. Tage zuvor hatten sich die Abgänger zusammengesetzt um alte, unbrauchbare Arbeitsblätter zu zerreißen und in Müllbeutel zu stopfen. Beim Aufsammeln von einigen Papierschnipseln fanden ein paar Lehrer sogar Teile von Arbeiten mit ein paar unerfreulichen Noten drauf versehen.

Nun wurde erst mal in Klassenteams auf den frei gebliebenen Feldern Fußball gespielt. Die erste gegen die zweite, dritte gegen vierte,…, siebte gegen achte und die neunte durfte gegen die gesamten Lehrer spielen. Das jeweils bessere Team bekam eine sorgfältig mit Fehlern versehene Urkunde und ein paar Gummibärchen. Auch die Lehrer bekamen eine Urkunde. Dabei wurde nochmal explizit auf die Rechtschreibfehler hingewiesen und was die Schüler doch alles in den vergangenen 10 Jahren gelernt hatten. Da die neunte Klasse nun die Nachfolger der diesjährigen Abgänger werden und somit dieses Jahr das letzte Mal „leiden“ werden, werden sie diesmal alles andere als verschont. Alle Papierschnipsel und das kleinste Stückchen Konfetti musste in der folgenden Stunde sorgfältig von der neunten Klasse aufgeräumt werden, bevor es wieder in den Unterricht ging.

Damit ging auch die diesjährige Mottowoche erfolgreich zu Ende und am Montag kehrte wieder der normale Alltag ein. Jedoch hört mit diesem Ende nicht das gegrübel und getuschel auf. Es wurde am Freitag lautstark veröffentlicht. „Unser Abschluss steht kurz bevor, macht euch auf einen der besten Streiche gefasst. Hier wird niemand verschont und wir können euch versichern, ihr werdet uns vermissen!“

 

Über Jule Rieke Hesse

Jule Rieke Hesse wurde 2003 auf Föhr geboren und wuchs seitdem hier auf Amrum auf, wo sie auch zur Schule geht. Das Schreiben für die Amrum-News ist für sie eine hilfreiche Erfahrung und eine kleine Herausforderung zugleich. Zuvor probierte sich Jule schon am Schreiben im Kirchenblatt oder in Zeitungsprojekten an der Schule. In Zukunft berichtet Jule über die Themen in der Öömrang Skuul.

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