Insel-und Halligkonferenz tagte auf Amrum


Ruth Hesse vom Ministerium für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren

Im ersten Teil der 44. Mitgliederversammlung der Insel- und Hallig Konferenz ging es um die Pflegeversorgung und medizinische Versorgung auf den Inseln und Halligen.

Irene Fuhrman von der Koordinationsstelle für innovative Wohn- und Pflegeformen im Alter (KIWA) stellte vor, wie ein selbst bestimmtes Leben im Alter auch bei Pflege- und Unterstützungsbedarf möglich sein kann. Das Thema Wohn-Pflegegemeinschaftenist ja besonders auch für Amrum zurzeit aktuell.

Ziele der Wohnpflegegemeinschaft sind

  • Schaffung einer sicheren und verlässlichen Umwelt
  • selbstbestimmt leben in größtmöglicher „Normalität“
  • soziale Bedeutung behalten durch gemeinschaftliches Leben

Für diese Form des Zusammenlebens gelten folgende Kriterien

  • eigene Häuslichkeit mit 6 -12 Mietern
  • Zusammenleben in sozialer Gemeinschaft
  • Mieter bestimmen den Tagesablauf, Teilhabe und Mitarbeit am Alltagsgeschehen
  • Angehörige als Partner und Alltagsunterstützer
  • Betreuungskräfte sind Gäste – organisieren das Gruppenleben
  • ambulante Dienste leisten weitere individuell notwendige Hilfe

Die Mitglieder der Wohnpflegegemeinschaft (Bewohner und ggf. Angehörige / Betreuer) schließen eine Mietvereinbarung mit dem Vermieter der Gebäude ab. Für die ambulante Betreuung und Pflege werden individuelle Verträge mit dem Betreuungs- und/oder Pflegedienst vereinbart.

Laura Löffler von der Ärztegemeinschaft Nord eG berichtete über die Besonderheiten der Medizinischen Versorgung auf den Inseln und Halligen. Auf den größeren Inseln sind in der Regel Hausärzte vorhanden. Die Planungszahlen aber, auf wieviel Einwohner ein Hausarzt vorhanden sein soll, treffen nicht zu, da sie auf gemeldeten Einwohnern basieren. Aufgrund des Tourismus schwankt die Anzahl der zu betreuenden Patienten jedoch um den Faktor 5 zwischen Sommer und Winter. Eine besondere Problematik ist der Besuch beim Facharzt. Die offizielle Bedarfsplanung sieht beispielsweise für den Besuch beim Kinder- und Jugendarzt eine PKW- Fahrt von maximal 30 Minuten vor, für den Besuch eines Augen- oder Frauenarztes sollte man nicht mehr als 40 Minuten benötigen. Für die meisten Insel- und Halligbewohner bedeutet der Besuch eines Facharztes eine Tagesreise aufs Festland, wobei sich die Krankenkassen nicht an den Fahrkosten beteiligen.

Auf den Halligen, auf denen kein Arzt vorhanden ist, gibt es seit einiger Zeit die Möglichkeit der Telemedizin für die ärztliche Grundversorgung.  Diese Variante könnte auch eine Möglichkeit sein, dem Mangel an Fachärzten auf den Inseln und Halligen zu begegnen. Gemeinsam mit dem Hausarzt kontaktiert der Patient via Internet den Facharzt und bespricht Diagnose und Behandlung. Für diese Variante der Telemedizin wird bis zum Beginn des nächsten Jahres ein Vergütungssystem festgelegt.

In der anschließenden Diskussion gab es Kritik an den Zulassungsmodalitäten für Ärzte. Wie Amtsdirektor Stemmer berichtete, hat es intensive Gespräche gegeben, ob die auf den Inseln in den Reha Kliniken angestellten Fachärzte auch für die ärztliche Versorgung der Inselbewohner hinzugezogen werden können. Bisher ist dieses an dem Veto der Bundesärztekammer gescheitert. Man appellierte an die anwesende Vertreterin des Gesundheitsministeriums, Ruth Hesse, diese Thematik nochmals mit den entsprechenden Gremien aufzunehmen.

Dr. Peter Ruland ( links) und Dr. Jacobus Hofstede referierten über Küstenschutz und Sedimentmanagement

Der zweite Schwerpunkt des Tages befasste sich mit dem Sediment- und Bodenmanagement im Wattenmeer im Kontext des Küstenschutzes von Inseln und Halligen. In einer Diskussionsrunde erläuterten Dr. Henrich Röper(Hamburg Port Authority), Dr. Jacobus Hofstede(Ministerium Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung) und Dr. Peter Ruland (Ramboll Deutschland, Wasserbau und Hafentechnik) welchen Einfluss das heutige Sedimentmanagement auf den Küstenschutz im Zusammenhang mit dem vorhergesagten Anstieg der Meere hat.

Heidi Braun, Manfred Ueckermann (Vorsitzender) und Elke Dethlefsen, v.l.

Das Wattenmeer hat für den Küstenschutz eine große Bedeutung. Sedimentablagerungen vor den Küsten sorgen für einen Anstieg des Wattenmeeres und tragen somit zum Küstenschutz bei. Eine ausreichende Sedimentmenge ist also für den Küstenschutz sehr wichtig. Mit dem klimabedingten Anstieg des Meeresspiegels wird sich in der 2.Hälfte unseres Jahrhunderts ein Sedimentdefizit einstellen. Durch die Erhöhung des Meeresspiegels bei gleichzeitiger Erhöhung der Deiche werden die Strömungsgeschwindigkeiten ansteigen und weniger Sedimente können sich ablagern. Das Wattenmeer steigt also nicht in dem Maße an wie der Meeresspiegel.

Sedimentmanagement ist für den ausreichenden Küstenschutz der Zukunft unabdingbar. Betrachtet man das gesamte Wattenmeer, so ist dieses ein Maßstabsproblem. Während an vielen Stellen dringend mehr Sedimente benötigt werden, gibt es Lokal ein Sedimentüberschuss. Viele Häfen wirken als sogenannte Sedimentfallen und müssen immer wieder ausgebaggert werden, um schiffbar zu bleiben. Die mit dem Anstieg des Meeres verknüpfte Erhöhung der Strömungsgeschwindigkeiten wird dieses Phänomen noch verstärken.

Im Bereich der Elbe gilt es mehrere Dinge gleichzeitig zu beachten. Dr. Röber: „Zurzeit kommen noch mehr Sedimente aus der Nordsee in die Elbe hinein als herausfließen. Durch den relativ geringen Niederschlag der vergangenen Jahre hat die Strömungsgeschwindigkeit im tidenunabhängigen Bereich abgenommen (geringerer Wasserstand), wodurch weniger Sedimente ausgeschwemmt werden. Es kommt zur Verschlickung.“ Gleichzeitig möchte der Hamburger Hafen die Fahrrinne noch mehr vertiefen, um immer größeren Schiffen die Möglichkeit zu geben, Hamburg anzulaufen.

Es muss also immer wieder ausgebaggert werden. Ein großer Teil des Baggergutes aus dem Hamburger Hafens wird in der Nordsee in der Nähe von Helgoland bei Tonne E3 verklappt. In diesem Bereich ist die Nordsee besonders tief und die Strömungsgeschwindigkeiten durch die Tiden sehr gering. Obwohl Experten behaupten, dass dieses kein Problem darstellt, ist diese Praxis sehr umstritten. Auch die Insel-und Halligkonferenz hat sich immer wieder gegen diese Sedimenteinleitung ausgesprochen.

Während der Diskussion kam die Frage auf, warum der Schlick nicht zu Küstenschutzmaßnahmen verwendet werden kann. „Der Schlick ist zu fein und zu schluffig, um damit Deiche aufzuschütten“, so Dr. Jacobus Hofstede. Obwohl die Verunreinigung des Schlicks gegenüber früher deutlich besser geworden ist, kann das Material immer noch nicht für Aufspülungen des Hinterlandes genutzt werden. Eine notwendige Reinigung des Baggergutes ist zu aufwendig.

„Dieses ist auch eine der vordringlichen Aufgaben des Sedimentmanagements, es muss noch mehr unternommen werden, damit die Verunreinigung des Sediments mit chemischen Rückständen verringert wird“so Dr.Röper.

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Über Ralf Hoffmann

Ralf Hoffmann wurde 1955 in Schleswig geboren und zog mit seinen Eltern und Geschwistern 1962 nach Amrum. Nach dem Abitur in Niebüll studierte Ralf Luft und Raumfahrttechnik in Berlin. Die ersten 6 Berufsjahre verbrachte er als Entwicklungsingenieur bei VW und danach wechselte er als Aerodynamischer Entwicklungsingenieur zu Ford nach Köln. Als Leiter der Aerodynamischen Entwicklung für Ford Europa und die letzten 15 Jahre als Manager Aerodynamik und Motor- und Komponentenkühlung war er weltweit verantwortlich und viel unterwegs, um die jeweiligen Prototypen unter Hitze und Kälte zu testen. Nach all den Jahren auf dem Festland sind Ralf und seine Frau Karin nun wieder nach Amrum zurückgekehrt.

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