Amrums Tourismus-Chef zur Corona-Krise …


Amrums Tourismus-Chef Frank Timpe

Stell dir vor, es ist Ostern. Und keiner kommt. „Es wären rund 14.000 Gäste und 100.000 Übernachtungen gewesen, die wir vom 16. März bis 19. April auf Amrum erwartet hätten“, sagt Tourismuschef Frank Timpe. Zur Zeit sei noch nicht absehbar, wie die weitere Entwicklung und die touristischen Auswirkungen tatsächlich sein würden. „Die Gesundheit geht selbstverständlich vor und die Notwendigkeiten der staatlichen Maßnahmen zur Einschränkung der Verbreitung des Corona-Virus sind sicherlich inzwischen überall angekommen.“

Spürbar seien in diesen Tagen die Unsicherheiten und Sorgen, „in Anbetracht der herausragenden Bedeutung des Tourismus auf Amrum ist das besonders deutlich“. Neben den Hilfsprogrammen auf verschiedensten Ebenen bliebe die Hoffnung auf unbürokratische, nicht zurückzahlbare Direkthilfen, so Timpe. Soeben hat die Landesregierung ein weiteres Zuschussprogramm über 150 Millionen Euro auf den Weg gebracht, das sich explizit an Unternehmen mit 10 bis 50 Mitarbeitern wendet.

„Allerdings finden sich ausgerechnet private Kleinvermieter, die einen großen Teil der Tourismuswirtschaft auf der Insel ausmachen, in den Programmen nicht wieder“, ergänzt Timpe. Der Anteil der Vermieter mit unter zehn Betten beträgt auf Amrum rund 40 Prozent. Mit insgesamt 3.735 Betten generieren sie jährlich rund 400.000 Übernachtungen von 45.000 Gästen. „Ich habe den Eindruck, dass der Anteil der Kleinvermieter mit Blick auf die Soforthilfen schlichtweg unterschätzt wird. Aber bei denen ticken die Uhren ja auch weiter, weil sie vielleicht ihr Angebot auch finanziert haben. Dennoch können sie die Förderung nicht in Anspruch nehmen, weil die Vermietung nicht Haupterwerbsquelle ist. Interessant ist, dass der Föderalismus da greift, denn die Saarländer haben es zum Beispiel gemacht. Die haben Kleinvermieter berücksichtigt.“

 

Verlust in Millionenhöhe

Den Verlust aus der direkten und indirekten Wertschöpfung Amrums aus dem Tourismus beziffert der Tourismuschef auf 12 bis 14 Millionen Euro für den Zeitraum Mitte März bis 19. April – „vorsichtig geschätzt“.

Neben regelmäßigem Kontakt zu lokalen Tourismusbüros an Nord- und Ostsee tausche man sich derzeit ständig mit dem Tourismusverband Schleswig-Holstein aus, „weil dort alle Neuerungen sehr zeitnah gespiegelt werden“, so Timpe. „Mit unserem Amtsdirektor sind wir regelmäßig in Kontakt, genauso wie mit unserem regionalen Tourismusverband.“

Was geschieht auf der Insel in Zeiten von viel Zeit? „Es wird proaktiv Strandmüll gesammelt, das Ferienobjekt auf Vordermann gehalten und die Inselorte gepflegt, als stünden die Ostergäste vor der Tür. Diesen positiven Aspekten gebührt in dieser außergewöhnlichen Zeit Respekt“, sagt Timpe.

„Wir wissen, dass insbesondere unsere langjährigen Urlaubsgäste aus der Ferne trotz der eigenen Betroffenheit viel Anteil an unserem Inselleben nehmen. Wir sehen das auch daran, dass der Zugriff auf unsere Webseite relativ konstant ist, mit einer leichten Verlagerung zu den Corona-Artikeln. Was wir mitbekommen, ist, dass viele Vermieter die Gäste auf einen späteren Zeitpunkt vertrösten. Einige Gäste sind verunsichert, würden auch gerne für den Zeitpunkt nach dem 19. April stornieren, aber da gelten eben die üblichen Stornierungsbedingungen. Das regelt der Vermieter in der Regel nach seinen eigenen AGBs.“

In der Pipeline seien derzeit einige Projekte, die mit den Gemeinden im Hintergrund bearbeitet werden. “In den Förderprojekten ‚Energetische Optimierung Badeland‘ und ‚Neuplanung Strandübergänge Nebel und Süddorf‘ laufen die Ausschreibungen. Bei der Neugestaltung der Außenfläche des alten Schwimmbads in Norddorf rechne ich damit, dass wir bis Mitte des Jahres alle positiven Bescheide haben und hoffentlich im Herbst anfangen können.

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Zur Zeit prüfen wir auch alle Beschilderungen außerhalb der Verkehrszeichen, und gucken, was wir besser machen können. Es sind doch einige Kennzeichnungen sehr unansehnlich und inzwischen überholt. Wir haben neue Inselrouten zu Themen wie Dünen, Archäologie, Kniepsand und Wattenmeer erarbeitet, zusätzlich bekommen Wittdün, Nebel und Norddorf in den nächsten zwei Monaten insgesamt sechs Informationsstelen, die unsere Gäste für alle aktuellen und interessanten Inselinformationen nutzen können. Wir relaunchen auch die Internetseite der Insel komplett, das soll bis Mitte des Jahres fertig sein. Wir werden auch das Thema standortbezogene Leistung mehr fokussieren und die Hot-Spots besser darstellen – nach dem Motto, was ist los in meiner Nähe?

So wird sie aussehen: Demo-Screenshots der neuen Webseite

Wir planen die Einführung einer digitalen Gästekarte, die alle Vermietbetriebe, die bereits am Online-Meldescheinverfahren teilnehmen, dann papierlos für die Gäste generieren und einfach per Mail versenden können. Ich hoffe, dass wir damit im Sommer am Start sind.“ Von den etwa 70.000 Meldescheinen jährlich auf Amrum werden derzeit rund 25. 000 online erstellt

„Es bleibt abzuwarten, wie mit der Gesamtsituation ab dem 19. April umzugehen sein wird. Wir werden unsere für dieses Jahr vorgesehenen Marketingaktivitäten nicht in geplanter Form realisieren können. Normalerweise laufen Hauptmarketingmaßnahmen bis Anfang März. Aber die Situation jetzt ist so besonders, dass wir nicht mit den üblichen Dingen weitermachen können, sondern nach der Corona-Krise aktiv die Mittel bündeln sollten und auf uns aufmerksam machen. Ich glaube, dass es einer gesonderten Ansprache bedarf. Was wir den Gästen dann auf jeden Fall sagen wollen: Schön, dass Sie wieder bei uns sind und wir für Sie da sein können!“

Die Frage zu der zu erwartenden Reiselust bei wieder möglicher Reisefreiheit beantwortet der Tourismuschef mit Optimismus: „Ich glaube, sie tuns. Ich glaube, dass der Bereich der Kurzaufenthalte schnell wieder Fahrt aufnimmt, dafür wird der übliche 14-Tage-Aufenthalt nicht von null auf hundert wieder hoch gehen. Fast jede Branche und jeder Arbeitgeber ist ja von der Krise betroffen. Diejenigen, die noch keinen Urlaub gebucht haben, werden also wahrscheinlich nicht sofort auf uns zukommen. Das wird ein bisschen Anlauf benötigen.“

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Über Undine Bischoff

Journalistin und Texterin. Fuhr mit drei Jahren zum ersten Mal über den Kniep – in einer Schubkarre. Weil ihr Vater da draußen eine Holzhütte baute, zwanzig Feriensommerjahre lang. Betextet Webseiten und Kataloge, schreibt für verschiedene Medien und natürlich für Amrum News.

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