Die Saison beginnt wieder …


Die Tourismusindustrie ist sicher ein Wirtschaftszweig, der besonders von den Folgen der Corona- Pandemie betroffen ist. Nach einem ruhigen Winter ist das Frühjahr der Zeitpunkt, indem Vermieter, Gastronomie und auch der Einzelhandel wieder erste Einnahmen aus dem Tourismus erzielen, in diesem Jahr fallen sie komplett weg. Zu der Besorgnis um die Gesundheit kommen bei vielen wirtschaftliche Sorgen hinzu.

Für viele bedeutet der Lockdown weniger Arbeit, Kurzarbeit oder sogar vorübergehende Arbeitslosigkeit. Es gibt aber auch Bereiche, für die diese Zeit mit viel Stress und erheblicher Mehrarbeit verbunden ist. Für die Chefs der Touristikorganisationen ist kaum eine größere Katastrophe denkbar. Die Redaktion sprach mit Frank Timpe, dem Chef der Amrum Touristik.

Herr Timpe, wie geht es Ihnen und der Amrum Touristik zurzeit?

Es ist schon eine gewisse Fassungslosigkeit vorhanden, mit welcher Wucht uns diese Krise getroffen hat. Die Aufgabe, unseren Gästen einen sicheren und komfortablen Urlaub zu garantieren, gleichzeitig aber auch Lösungen für die Sorgen und Nöte derjenigen zu finden, die vom Tourismus leben, ist schon eine große Herausforderung und bringt uns manchmal auch an persönliche Grenzen der Belastbarkeit.

Wie blicken Sie auf die vergangenen 2 Monate zurück?

Man kann es eigentlich gar nicht beschreiben und so richtig fassen, was geschehen ist. Plötzlich war alles anders. Besonders belastend war die Situation, dass man eigentlich keine wirklichen Informationen hatte, wie es weitergeht, wie lange es dauert und wie die rechtliche Lage ist. Wir sahen uns plötzlich vielen Fragen von Gästen und auch Vermietern ausgesetzt, auf die wir Anfangs kaum Antworten hatten. Dies war für uns genauso wie für die Fragesteller sehr unbefriedigend.

Was waren die besonderen Herausforderungen?

Ein großes Thema war anfangs die Rechtsunsicherheit. Der Deutsche Tourismusbund (DTB) hat nicht alle Fragen beantwortet, die gestellt wurden und selbst von Rechtsanwälten bekam man unterschiedliche Statements. Von der Arbeitsweise her sind wir es eigentlich gewohnt, zu agieren. Plötzlich konnten wir nur noch reagieren. Es gab viele sehr kurzfristige Entscheidungen, ohne dass wir genügend Zeit hatten, an einer Umsetzung zu arbeiten.

Welche Gremien haben in den vergangenen Wochen getagt und wo wurden die Entscheidungen über die nächsten Schritte geplant?

Hier auf Amrum gab wöchentliche Video Meetings mit den Bürgermeistern und der Vorsitzenden des Tourismusausschusses (Elke Dethlefsen). Natürlich haben wir uns eng mit den Kollegen von den Nachbarinseln ausgetauscht, besonders auch mit Föhr, da wir ja ein Amtsbereich sind und durch die Erreichbarkeit nur mit der Fähre sehr ähnliche Randbedingungen vorherrschen. Regelmäßige Ansprechpartner sind auch der Tourismusverband Schleswig-Holstein und verschiedene andere Tourismusverbände. Auf Amtsebene gab es auch regelmäßige Gespräche.

Ab dem 18.Mai ist das Betretungsverbot für die Inseln aufgehoben und der Tourismusbetrieb startet wieder. Glauben Sie, dass eine Insel wie Amrum zurzeit einen normalen „Urlauberansturm“ wie in der Hochsaison verkraften kann?

Wir alle hätten uns einen differenzierteren, schrittweisen Start gewünscht, um auszuloten, wie wir am sinnvollsten die Abläufe managen können. Ein behutsamer “Re-start“ besonders auch was die Frage der Tagestouristen angeht, wäre sicherlich hilfreich gewesen. Wenn sich auch im Urlaub alle an die bekannten Hygieneregeln halten, glaube ich, dass durch die Weite der Insel Amrum ein entspannter Urlaub möglich ist.

Was würden Sie Urlaubern raten, die Bedenken haben, ob Amrum in der Hochsaison ein sicherer Urlaubsort ist? 

Auch wenn die Insel voll ist, gibt es immer noch genügend Bereiche, in denen man mit viel Abstand Ruhe und Erholung finden kann. Natürlich gibt es auch Situationen, in denen es eng wird. Hier liegt es letztendlich auch an jedem selbst, genügend Abstand zu halten und die entsprechenden Hygieneverordnungen zu befolgen.

Wo sehen Sie die größten Änderungen im täglichen Urlaubsleben eines Gastes?

Sicherlich hat jeder Urlauber Verständnis dafür, dass die angebotenen Veranstaltungen einen anderen Charakter als in den Jahren zuvor haben.  Große Events mit vielen Teilnehmern wie Dorffeste, Lammtage oder ähnliches wird es nicht geben, aber Führungen in der Natur oder kleinere Veranstaltungen können natürlich durchgeführt werden. Wir müssen damit rechnen, dass die Gastronomie aufgrund der Abstands- und Hygienerichtlinien nicht die Kapazität anbieten kann wie gewohnt. Ich könnte mir vorstellen, dass viele Gäste in diesem Jahr auch einen etwas anderen Urlaub wie sonst suchen – mehr Abstand, selbst kochen, keine großen Veranstaltungen.

Was erwarten Sie von den Gästen und den Vermietern?

Von unseren Gästen erwarte ich Verständnis, dass es die eine oder andere Einschränkung gibt, Rücksichtnahme gegenüber anderen Urlaubern und auch eine ähnliche Disziplin wie zuhause bei der Einhaltung der Hygienestandards. Von den Vermietern erwarte ich ein verantwortungsvolles Hygienekonzept und auch eine Vorbildfunktion hinsichtlich Abstandsverhalten, Kontaktverbot und tragen des Mundschutzes, wo gefordert.

Gibt es Planungen die Saison zu verlängern?

Mit gezielten Marketingmaßnahmen werden wir den Herbst, Winter und auch den nächsten Frühling intensiv bewerben. Wir können uns gut vorstellen, dass bei vielen Urlaubern ein Bedarf vorhanden ist, den Urlaub in Deutschland zu verbringen und keine längeren Flugreisen durchzuführen. Dafür ist es notwendig, die Randbedingungen hinsichtlich Gastronomie, Veranstaltungen und Bettenangebot auf Amrum auch im Winter vorzuhalten.

Her Timpe, auch wenn es noch nicht vorbei ist, was hat die Corona Pandemie bei Ihnen persönlich ausgelöst?

Für mich waren große Krisen immerweit weg, ich habe immer gedacht, dass so etwas doch nicht in Deutschland passiert. Plötzlich sind wir mittendrin. Man betrachtet viele Werte aus einem komplett anderen Blickwinkel, das Bewusstsein für gesundheitliche Aspekte ist ein anderes geworden. Meine Sensibilität für die Betroffenheit vieler Mitmenschen ist deutlich gestiegen. Es ist aber auch ermutigend zu sehen, mit welcher Disziplin die meisten Mitmenschen die vorgegeben Regeln mittragen und damit dazu beitragen, dass wir diese Zeit möglichst schnell und schadlos überstehen.

Über Ralf Hoffmann

Ralf Hoffmann wurde 1955 in Schleswig geboren und zog mit seinen Eltern und Geschwistern 1962 nach Amrum. Nach dem Abitur in Niebüll studierte Ralf Luft und Raumfahrttechnik in Berlin. Die ersten 6 Berufsjahre verbrachte er als Entwicklungsingenieur bei VW und danach wechselte er als Aerodynamischer Entwicklungsingenieur zu Ford nach Köln. Als Leiter der Aerodynamischen Entwicklung für Ford Europa und die letzten 15 Jahre als Manager Aerodynamik und Motor- und Komponentenkühlung war er weltweit verantwortlich und viel unterwegs, um die jeweiligen Prototypen unter Hitze und Kälte zu testen. Nach all den Jahren auf dem Festland sind Ralf und seine Frau Karin nun wieder nach Amrum zurückgekehrt.

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