Die neue Ergotherapie-Praxis der gelernten Ergotherapeutin Grit Saul-Hartlage gibt es bereits seit Ende Oktober letzten Jahres auf Amrum. Zu finden ist diese in Norddorf im Gewerbegebiet hinter der Strandkorbhalle Martinen. “Eigentlich war meine Idee im Frühjahr diesen Jahres einen Tag der offenen Tür anzubieten, um die Räumlichkeiten, meine Arbeit und natürlich mich als Person vorzustellen. Aber die Corona-Pandemie machte einen Strich durch die Rechnung. Sobald es wieder möglich ist, werde ich das auf jeden Fall nachholen”, berichtet Grit Saul-Hartlage. Ich konnte viele Wochen im ersten Lockdown die Praxis leider nicht öffnen und hätte nur Akutpatient*innen behandeln dürfen, dieses habe ich aber aus Sicherheitsgründen vermieden.
Zur Zeit ist die Therapeutin allerdings sehr zufrieden. Der Praxisbetrieb läuft “Corona konform”, und alle Patient*innen haben sich an den neuen Ablauf und die damit verbundenen Hygienemaßnahmen sehr gut gewöhnt. “Meine Patienten sind alle sehr umsichtig, die älteren Kinder setzen die Maske auf und desinfizieren sich ihre Hände vor Eintritt in den Behandlungsraum. Die jüngeren Patient*innen unter sechs Jahre brauchen allerdings noch keine Maske tragen. Auch wenn ich auf Hausbesuche gehe, können die Hygieneverordnungen sehr gut umgesetzt werden”, erklärt Grit Saul-Hartlage.
Was ist nun eigentlich Ergotherapie und für welches Klientel ist sie von Nutzen? “Ergotherapie zählt zu den medizinischen Heilmitteln. Sie hilft Menschen dabei, eine durch Krankheit, Verletzung oder durch Behinderung verlorengegangene oder noch nicht vorhandene Handlungsfähigkeit im Alltagsleben (wieder) zu erreichen. Dabei ist die Behandlung generell an kein Alter gebunden. Zur Zeit ist meine jüngste Patientin zweieinhalb Jahre und mein ältester Patient 82 Jahre alt. Das Spektrum der Einsatzgebiete für Ergotherapie ist breit gefächert. Die Kinder kommen in der Regel über den Haus- oder Kinderarzt in meine Praxis, wegen verschiedenster Entwicklungsschwierigkeiten / Auffälligkeiten, wo den Eltern eine Förderung nahegelegt wird. Die älteren Patient*innen kommen ebenfalls auf Verordnung ihres niedergelassenen Hausarztes. Auf dem Rezept, welches der Arzt ausstellt, ist festgelegt für welche Behandlungsart und Dauer die Therapie verordnet wird”, erläutert Grit Saul-Hartlage.
Behandelt werden bei Kindern und Jugendlichen Schwierigkeiten in der Wahrnehmungsverarbeitung, ADS/ADHS, Störungen der Fein- und Grobmotorik, Konzentrationsstörungen, Behinderungen geistiger oder körperlicher Herkunft oder Verhaltensauffälligkeiten. Unerlässlich und wichtig ist dabei die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Elternhaus, sowie weiteren wichtigen Bezugspersonen und dem Kindergarten und der Schule.
Im neurologischen Bereich werden bei erwachsenen Patient*innen Krankheitsbilder wie zum Beispiel Schlaganfall, Demenz, Parkinson, Multiple Sklerose oder als Begleittherapie bei Psychischen /Psychosomatischen Erkrankungen behandelt. Auch bei Beeinträchtigungen durch eine OP oder nach einem Unfall und Erkrankungen des Skelettsystems wie Rheuma oder Arthrose können durch eine gezielte ergotherapeutische Behandlung positiv beeinflusst werden.
Besonders bei den jungen Kindern ist der enge Austausch mit der Frühförderstelle der Lebenshilfe Föhr/Amrum zu erwähnen. Mit allen an der Förderung Beteiligten werden gemeinsame Ziele im Hilfeplan und deren Umsetzung festgelegt.
Grit Saul-Hartlage lebt seit 2017 auf Amrum und arbeitete bis 2019 als Ergotherapeutin in der Fachklinik Satteldüne, bevor die Idee, sich mit einer eigenen Praxis auf Amrum selbstständig zu machen umgesetzt wurde. Die gebürtige Leipzigerin ist Mutter von vier erwachsenen Kindern, ursprünglich gelernte Erzieherin und war viele Jahre in einer Förderschule für geistig und körperlich schwerstmehrfach behinderter Kinder als pädagogische Unterrichtshilfe tätig, bevor sie sich
1999 zur Ergotherapeutin ausbilden ließ. Nach der Arbeit in einer Praxis für Pädiatrie und Neurologie war Grit Saul-Hartlage 10 Jahre als Ergotherapeutin in der Frühförderstelle des Sozialpädiatrischen Zentrums in Leipzig tätig.
“Ich bin auf der Insel angekommen – sowohl im beruflichen als auch im privaten Bereich”, lächelt Grit Saul-Hartlage zufrieden. “Lange gab es nichts auf der Insel für Patient*innen, was den ergotherapeutischen Bereich abgedeckt hat und lange Wege mussten von allen Beteiligten zurückgelegt werden, um Förderung und Unterstützung zu erhalten. Meine Devise ist es, eine gute Vernetzung aller Behandelnden und Bezugspersonen zu gewährleisten, um meine Patient*innen im großem Behandlungsspektrum zu unterstützen. Besonders durch meine Zusatzqualifikation, der Sensorischen Integrationstherapie (Prozess der neuronalen Wahrnehmungsverarbeitung), ist es mir bei jungen Patient*innen durch gutes gezieltes Beobachten und Diagnostik in der Förderung wichtig: Warum macht das Kind die Sachen so, wie es sie gerade macht und hat es dadurch Schwierigkeiten in seiner Teilhabe im Alltag? Und wie kann ich es dabei unterstützen, die Reize so wahrzunehmen, die es für seine Entwicklung braucht? Denn Kinder möchten ihre Umwelt mit allen Sinnen so gut wie möglich begreifen und so gut wie möglich lernen. Kein Kind würde es sich absichtlich schwer machen um seine Eltern bewusst zu “ärgern” und freiwillig negative Reaktionen in Kauf nehmen. Das möchte ich den Eltern vermitteln und sie in den Besonderheiten ihres Kindes unterstützen“, unterstreicht Grit Saul-Hartlage abschließend.