Derzeit regelt die extreme Wetterlage den Schiffsverkehr im nordfriesischen Wattenmeer
Alljährlich müssen sich die Schiffe der Wyker Dampfschiffs-Reederei (W.D.R.) nacheinander einer Inspektion unterziehen. Diese Untersuchungen und Arbeiten sind für alle Fahrgastschiffe einmal im Jahr vorgeschrieben. Der MS „Schleswig-Holstein“ folgte die MS „Uthlande“ in Husum bei der Husumer Dock und Reparatur GmbH & Co. KG (HDR) zur Durchsicht.
Die MS „Uthlande“ machte am vergangenen Freitagmittag nahtlos Platz im Dock für die MS „Nordfriesland“, beide Schiffe manövrierten gleichzeitig in der Husumer Au vor dem Dock. Die MS „Nordfriesland“ dockte auf ihrer Bauwerft (1995 in Husum gebaut) ein! Nach Restarbeiten, steht in Kürze die MS „Uthlande“ wieder für die Insellinie zur Verfügung.
„Durch den Sonderfahrplan (Pandemiebedingt), haben wir nun mehr Zeit für unsere Schiffe und so schicken wir diese dann auch für eine länger als übliche Zeit in die Werft und so haben wir dann neben der Inspektion dann auch noch mehr Zeit für andere Arbeiten an und auf den Schiffen“, so Nick Obert (Leiter Be- und Vertrieb bei der W.D.R.).
Eingedockt in Husum …
Seit Dezember 2020 fahren die Schiffe der W.D.R. nach einem Sonderfahrplan , dieser wird gerade überarbeitet und wird voraussichtlich bis zum 7. März in Kraft bleiben.
Seit über eine Woche kommt der Wind aus östlichen Richtungen, dass bedeutet für die Ostsee einen erhöhten Wasserstand – für die Nordsee genau das Gegenteil, hier fehlt das Wasser. Bis zu über 1,5 m unter dem normalen Niedrigwasser fiel der Pegelstand, da sah man ganz „neue“ Sandbänke hervorkommen!
Der Brückenkopf der Wyker Mittelbrücke ist bei normalem Niedrigwasser noch im Wasser, dass war am vorletzten Wochenende nicht der Fall, das Wasser war da bestimmt 50 bis 75 Meter weiter zurückgegangen und man sah dort viele Seesterne liegen, die bekommt man sonst in dieser Anzahl nicht zu sehen, erinnert sich Nick Obert.
Auf Amrum lag der Schwimmsteg des Amrumer Yachtclub im Seezeichenhafen Wittdün auf dem Trockenen liegen, da wäre man nicht einmal mehr mit einem Schlauchboot weggekommen! Auch der Seenotrettungskreuzer „Ernst Meier-Hedde“ verlegte seinen Liegeplatz – zu Niedrigwasser – an den Fähranleger Wittdün.
Diese äußerst extremem Niedrigwasserstände führten in der vergangenen Woche dazu, dass die Fähren der (W.D.R.) an ihren Liegeplätzen in Schräglage – einseitig auf dem Trockenen – lagen. Durch jede Tide kommt es vor allen an den Anlegebrücken immer wieder zu Sedimentablagerungen, die dann ein An- bzw. Ablegen bei extrem niedrigen Wasserständen dort nicht mehr zulassen. Kostenaufwendige Ausbaggerungen müssen dort laufend vorgenommen werden. Derzeit muss der Sonderfahrplan den Niedrigwasserzeiten angepasst werden!
Der gültige Sonderfahrplan wurde dann auch noch im wahrsten Sinne stark durcheinandergewirbelt. Zum „eisigen“ Ostwind gesellte sich am Anfang der letzten Woche stürmisches Wetter hinzu. Das für das Wochenende angekündigte mögliche Schneechaos über Schleswig-Holstein (wie im Winter 1978/79) blieb aus, die Schneefront mit heftigen Winden hatte sich verlagert und zog über Mitteldeutschland abgeschwächt hinweg. Dort kam es zu massiven Behinderungen!
Schönes Bild… aber nicht gut für den Schiffsverkehr
Dauerfrost setzte ein und bei Temperaturen um ca. -10°C gefriert auch die Nordsee, es hat sich bisher aber nur eine dünne Eisschicht gebildet, die sich allerdings bei Ostwind und auflaufend Wasser in der Hafeneinfahrt von Wittdün auf Amrum übereinander schiebt (bei Westwind schiebt sich das ganze vor Dagebüll auf). Die leistungsstarken Fähren (2.774 bis 3.073 PS) auf der Insellinie haben damit derzeit keine Probleme.
Die Hallig-Linie der W.D.R. wird eigentlich von der MS „Hilligenlei“ (775 PS) bedient, aber das Schiff befindet sich derzeit für „Modernisierungsarbeiten“ auf einer Werft im dänischen Esbjerg (wir berichteten) und so musste ein Ersatzschiff her. Da sich das Fahrgastschiff MS „Seeadler“ (312 PS) schon in der Vergangenheit auf dieser Route bewährt hat fährt sie nun dort im Auftrag der W.D.R..
MS „Seeadler“ auf der Halliglinie Schlüttsiel-Langeneß-Hoog
Kapitän Heinrich von Holdt, der derzeit mit seiner MS „Seeadler“ auf der Halliglinie Schlüttsiel-Langeneß-Hooge die Versorgung der Halligen – soweit als Möglich – sicherstellt, spricht von schwierigen Bedingungen, aber bisher hat es geklappt.
„Zunächst mussten wir unseren Fahrplan den extremen Niedrigwasserständen anpassen und dann kam der Frost mit der Eisbildung“, so von Holdt.
Über das Deichsiel Schlüttsiel wird Süßwasser aus den Speicherbecken Nord und Süd des Hauke-Haien-Koog in die Nordsee gepumpt, dadurch verringert sich der Salzgehalt des Nordseewassers im Fährhafen Schlüttsiel und gefriert schneller als auf der offenen See. Das gefrorene Wasser – wenn auch dünn – schiebt sich dann mit dem Ebbstrom von der Küste hinaus aufs Meer und schichtet sich dann unter anderem am Anleger der Hallig Langeneß auf. Das bereitet dem „kleinen“ Fahrgastschiff beim Anlegen Probleme und so musste am Sonntag aufgrund des vorhergesagten Niedrigwasserstandes und der aktuellen Eislage der Ersatzfahrplan ersetzt werden. Die für Sonntag geplante Fahrt vom Festlandhafen in Schlüttsiel zur Hallig Hooge und zurück musste am Sonntagvormittag gestrichen werden. Das Anlaufen von Langeneß war schon am Vortag wegen der Eislage gestrichen worden. Nächste geplante Möglichkeit, die Halligen zu erreichen, ist für Dienstag vorgesehen. Die Bewohner der Hallig Langeneß sind aber nicht ganz vom Festland abgeschnitten, gibt es doch den Lorendamm über Oland nach Dagebüll – derzeit allerdings eine frostige Angelegenheit.
Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) gibt täglich eine Wasserstandsvorhersage für die Häfen bekannt, daraufhin entscheidet die W.D.R. wie gefahren werden kann und welche Verschiebungen es geben muss.
Die Fährschiffe sind bei solchen Wetterextremen nicht einfach zu fahren, aber die Besatzungen haben alles gut im Griff und sind stets um die Sicherheit bedacht.
Das Ende des Ostwindes ist vorhergesagt und auch die Temperaturen sollen sich der Jahreszeit wieder anpassen, dass lässt hoffen und einen Sonderfahrplan „vorerst“ wieder nach Plan ablaufen lassen.
Damalige Anzeige aus dem Inselboten
Übrigens, vor über 50 Jahren, am 1. Februar 1971 schlossen sich die Unternehmen Amrumer Schiffahrts AG (Steenodde auf Amrum) und die Wyker Dampfschiffs-Reederei GmbH (Wyk auf Föhr) zu einem Unternehmen zusammen – zur Wyker Dampfschiffs-Reederei Föhr-Amrum GmbH.
Über Gerd Arnold
Gerd Arnold, 1957 in Nebel auf Amrum geboren. Ein „echter“ Amrumer mit der friesischen Sprache (öömrang) aufgewachsen. Bis 1972 die Schule in Nebel besucht, danach Elektroinstallateur in Wittdün gelernt. 1976/77 in Wuppertal den Realschulabschluss nachgeholt. Ab Oktober 1977 als Berufssoldat bei der Bundesluftwaffe und seit November 2010 Pensionär. Nach vielen Jahren der verzweifelten Suche nach passenden „bezahlbaren“ Wohnraum auf Amrum endlich fündig geworden, seit Februar 2022 wieder ständig auf Amrum. 2019 ins Team der Amrum News integriert, aber das soll neben dem Angeln nicht die einzige Aktivität auf der Insel bleiben.