Weinanbau auf Amrum – Startschuss für ein neues und langjähriges Projekt …


Jede Menge Arbeit …

Buntes Treiben herrschte am vergangenen Samstag auf dem Feld von Hof Martinen in Süddorf auf Amrum, denn heute startete das Projekt Weinanbau vom Weingut & Gutsausschank Trenz aus dem Rheingau, das bereits seit 350 Jahren im Familienbetrieb Weinbau betreibt. Inhaber des Weinguts Michael Trenz und seine Lebensgefährtin Susanne Seelhof reisten natürlich persönlich an und brachten die 2500 Weinreben direkt aus dem Rheingau mit. Amrum-News hatte viele Fragen an Michael Trenz, durfte dieses tolle Projekt live vor Ort begleiten und erfuhr viel Wissenswertes im Interview zum Projekt “Wein auf Amrum”.

A.N: 

Herr Trenz, wie entstand dieses Projekt und was war alles nötig, um diese Idee in einen fertigen Plan umzusetzen?

M.Trenz:

Vor einigen Jahren hatte der junge Amrumer Colin Brennan im Rahmen seines Studiums Getränketechnologie in Geisenheim/Hessen für ein größeres Praktikum bei mir absolviert. So entstand der erste Kontakt mit Amrum. Dazu kommt, dass meine Lebensgefährtin seit vielen Jahren ein begeisterter Amrum-Fan ist und wir unbedingt einmal gemeinsam hierher wollten, es aber nie geschafft haben. Der Gedanke, Wein auf Amrum anzubauen hat mich schon länger gereizt. Durch den Kontakt mit Colin beschlossen wir im letzten August nach einer geschäftlichen Reise auf dem Rückweg von Dänemark einen spontanen Abstecher auf die Nordseeinsel zu machen. Colin hatte zuvor den Kontakt mit Oke Martinen hergestellt. Nach einem längeren Gespräch, sowie der Besichtigung des Feldes fuhren wir mit diesen Eindrücken heim. Um die Pflanzrechte zu erhalten musste ich bei uns im Rheingau einen halben Hektar sozusagen aufgeben, um diese Rechte für Amrum nutzen und bei Oke das Feld pachten zu können. Richtig Gas gegeben haben wir ab November 2020. Nachdem einige Hürden mit der Bürokratie und dem Weinbauamt überbrückt, sowie weitere Fragen mit der Weinkontrolle mit Sitz in Kiel geklärt waren, konnte die Planung konkret Gestalt annehmen.

A.N:

Welche Voraussetzungen sind für den Anbau von Wein nötig und welche Sorte haben Sie ausgewählt? 

M.Trenz:

Da haben wir uns im Vorfeld natürlich Gedanken gemacht. Es herrschen hier eher westliche und östliche Winde, daher haben wir die Bepflanzung so ausgerichtet, dass der Wind im besten Fall durch die Rebzeile “durchschießt”. Das Problem ist der Regen. Die Rebe will ja eigentlich nur unten im Boden das Wasser haben. Wir kennen das von jedem Obst der Welt, dass es sich mit viel Wasser nicht gut verträgt, es wird sofort faul. Deswegen ist der Wind eigentlich ideal, wenn er nicht zu stark ist, damit es schneller obendrauf wieder trockener wird. Ich habe da aber keine Bedenken. Wir haben uns bewusst für eine bestimmte Rebsorte entschieden, den Muscaris. Eine sehr aromatische Rebsorte, die gut im nördlichen Klima gedeiht. Oben befindet sich die europäische Rebe, und unten die amerikanische Wurzel, da diese reblausresistent ist. Deswegen muss die Wurzel grundsätzlich immer eine andere als die Rebe sein. Es ist eine speziell gezüchtete, pilzwiderstandsfähige Weissweinsorte mit hoher Toleranz gegenüber Pilzkrankheiten, ermöglicht einen hoch reduzierten chemischen Pflanzenschutzmittellaufwand und ist ein zertifiziertes Pflanzgut, welches nicht selbst gezüchtet werden darf.

Die Reben …

A.N:

Es gibt sicherlich Unterschiede in der Bodenbeschaffenheit zwischen dem Rheingau und Amrum. welcher Art sind diese?

M.Trenz:

Der sandige Boden hier ist genial. Im Rheingau kommt nach 10 cm Erde der blanke Fels. Eine ganz andere Bodenbeschaffenheit. Da hat die Rebe die Möglichkeit tief in das Gestein hineinzugehen. Hier ist es ein Luxusangebot, das die Rebe nicht so tief hinein muss, um die Nährstoffe zu bekommen und ich bin gespannt wie sie hier anwachsen.

A.N:

Ein 1/2 ha wird nun mit 2500 Weinreben bepflanzt. Das ist eine logistische Herausforderung. Wie läuft es im Detail mit den einzelnen Arbeitsschritten ab?

M.Trenz:

Pflanzmaschine bei der Arbeit

Wir haben zur Unterstützung eine Pflanzmaschine mit am Start. Alles mit der Hand zu machen, sprich 2500 Löcher mit Hacke und Schaufel zu graben, würde zu lange dauern. Bei einer Anordnung in Rechenkästchenform mit einer Zeilenbreite von 1,80 cm werden die Reben in Abständen von einem Meter eingesetzt. Vorstellen muss man sich das so: Vorn am Traktor ist ein großer Pflug, der den Boden aufreißt. Hinten auf der eigentlichen Maschine sitzen zwei Personen, die abwechselnd die Reben in die Vorrichtung legen. Diese werden dann von dem großen Rad, ähnlich dem Prinzip eines Wasserraddampfers, in die Erde gesetzt. Dann erfolgt das “Antreten” mit den Füßen, damit die Wurzel ihren Wurzelschluss bekommt. Im nächsten Schritt werden die Pflanzstöcke so dicht wie möglich an die Reben in die Erde gebracht, denn wir wollen den Stock ja gerade hochziehen. Danach werden die Reben mit Blitzbindern an die Pflanzstöcke angebunden und zum Schluss kommt die Schutzhülle darüber.

Kleintransporte …

A.N:

An beiden Seiten des Feldes ist eine Fläche von je 5,80 Meter freigeblieben- warum soviel Platz?

M.Trenz:

Wir wollen ökologisch arbeiten und da eine Bodenbearbeitung stattfinden muss, wollen wir das Hühnermobil von Oke mit in dieses Projekt etablieren. Für mich ist das megaspannend – aber hier ist Oke der Fachmann für die Erklärung.

O.Martinen: 

Eigentlich ist es mit dem Wein nichts anderes als mit dem Ackerbau, wo es Probleme mit Insekten, Schadinsekten, Pilzen oder Unkraut gibt. Die Rebe ist dagegen größtenteils resistent, aber gegen das Unkraut kommt man nicht an. Maschinell wäre der Aufwand zu hoch, zudem bräuchte es eine spezielle Technik. Das einfachste ist, die Hühner hier laufen zu lassen, die das Unkraut und Gras auf diesem Weg niedrig halten. Gleichzeitig lockern sie den Boden durch das Scharren auf und tragen durch den Kot Nährstoffe ein, die die Rebe wiederum zum Wachstum braucht. So schaffen wir mit wenig Aufwand einen Kreislauf, der sich selbst erhält.

M.Trenz:

Es ist ein Experiment, welches mich auch etwas in die Zukunft denken lässt, vielleicht in einigen Jahren auch Hühner mit in den Weinanbau bei uns im Rheingau zu integrieren. Jetzt können wir hier dafür erstmal Erfahrungen sammeln. Für dieses Jahr sind wir nun fertig. Im nächsten Jahr kommen wir mit unserem kleinen Schmalspurtraktor auf die Insel und reißen den Boden nochmal auf, weil wir dann den Weinberg dem freien Wuchs der Natur übergeben. In drei Jahren hoffen wir, das die Wurzeln schon ein wenig tiefer sind.

Das Keltern der Trauben nach der ersten Weinlese findet, wegen des doch hohen technischen Aufwandes bei uns im Rheingau statt. Das bedeutet, dass die Trauben zügig und kühl transportiert werden müssten. Bis dahin ist aber noch viel Zeit.

Zuletzt kommen die Hüllen über die Reben

A-N: 

Colin Brennan hat ja nicht nur den Kontakt mit Oke Martinen hergestellt, sondern spielt auch eine weitere wichtige Rolle. Welche Aufgabe kommt ihm in diesem Projekt zu?

M.Trenz: 

tatsächlich hat Colin nun große Verantwortung, Er ist zuständig für die über das Jahr anfallenden Handarbeiten, wie z.B. den jährlichen Rebschnitt, bei dem 80 % der Rebe zurückgeschnitten werden. Danach wird die Rebe gebogen, damit es nach oben wächst, das wird dann Bogrebe genannt. Es folgt das Heften, um zu verhindern, dass die Triebe abbrechen. Dieses muss immer rechtzeitig geschehen, besonders bei sehr viel Wind oder auch starkem Gewitter. Da werden Colin und ich selbstverständlich im regelmäßigen Kontakt stehen.

C.Brennan:

Das gesamte Team

“Ich freue mich sehr auf die neue Aufgabe. Der Tag heute war superspannend, und hat mir sehr viel Spaß gemacht. Während meines Praktikums auf dem Weingut habe ich damals sehr viel draußen im Weinberg gearbeitet und Erfahrungen gesammelt, und kümmere mich nun um die Pflege der neuen Reben auf Amrum”.

Es war ein wirklich spannender Tag in Süddorf auf Amrum. Trotz der strengen Bedingungen und Regeln in dieser Zeit der Pandemie war es möglich, dieses Projekt in die Tat umzusetzen.
Alle Beteiligten und Helfer haben sich selbstverständlich einem vorherigen Test unterzogen, um die Aktion nicht zu gefährden. Freunde, Nachbarn und Bekannte hatten sehr viel Freude, diesen Himmelfahrts-Tag draußen an der frischen Luft einmal anders zu verleben, und zwar mit viel Feldarbeit. Auch der junge Landwirt Oke Martinen strahlte und zeigte sich sehr zufrieden mit dem Tagesverlauf, und fügt schmunzelnd hinzu das es auch etwas unwirklich erscheint, dass auf diesem Feld erstmal “nichts mehr gemacht werden muss”.

Michael Trenz und seine Lebensgefährtin Susanne Seelhof sind sich am Ende des Tages einig: “Unser Transporter war zur Anreise mehr als voll mit den 2500 Reben und dem dazugehörigen Material”, erzählen die beiden strahlend, “und wir sind heilfroh, dass die Planung, Organisation und Durchführung problemlos geklappt hat, denn in diesen momentan  schwierigen Zeiten durch die Pandemie hätte durchaus sehr kurzfristig etwas schieflaufen können. Aber wir sind glücklich und dankbar über den gelungenen Ablauf. Es war heute ein Tag mit Gänsehaut-Feeling! Um 7.00 Uhr standen wir mit der Pflanzmaschine auf dem Feld, und im Verlauf der nächsten zwei Stunden kamen so viele Helfer, das war überwältigend für uns! Wir haben hier tolle Menschen kennenlernen dürfen und viel zusammen geschafft. Vielen herzlichen Dank an alle dafür, bis zum nächsten Jahr”!

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Über Susanne Jensen

Susanne Jensen wurde 1965 in Hamburg geboren. In Appen bei Pinneberg aufgewachsen, kam sie nach der Erzieherausbildung 1985 auf die Nordseeinsel. Die Mutter von zwei heut erwachsenen Söhnen arbeitete anfangs einige Jahre in der Fachklinik Satteldüne und war dann von1992 bis 2016 als Erzieherin in den Kindergärten Wittdün und Nebel beschäftigt. Nun ist Susanne wieder tätig als Erzieherin in der Fachklinik Satteldüne.

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