Bürgerinitiative „Wohnen und Leben auf Amrum“ …


Auf dem Podium v.l.n.r. Bandix Tadsen, Anke Tadsen, Karsten Niemann und Anna Jannen – Foto: Astrid Thomas-Niemann

Es war ein Gefühl der Solidarität zu spüren, als Anna Jannen die etwa 150 Teilnehmer begrüßte, die der Einladung zur Vorstellung der geplanten Bürgerinitiative „Wohnen und Leben auf Amrum“ ins Gemeindehaus nach Norddorf gefolgt waren. Mit einer so starken Resonanz hatte keiner der Initiatoren gerechnet.  Amrumer aus allen drei Gemeinden aller Altersgruppen interessierten sich für diese Thematik.

Warum sind wir heute hier?“, mit dieser Frage begann Anke Tadsen, eine der Initiatoren, ihre Einführung. Die Antwort gab sie gleich selbst: „Wir wollen etwas bewegen“.

In einer emotionalen Rede wies Anke darauf hin, das Amrum sich insbesondere in den letzten 10 – 15 Jahren stark verändert hat. Häuser und Wohnungen sind in Zeiten geringer Zinsen oder sogar Negativzinsen zu Anlageobjekten geworden, die zu horrenden Preisen verkauft werden und dadurch für Einheimische nicht mehr erschwingbar sind. Oft sind diese Immobilien nur wenige Tage im Jahr belegt und stehen den Rest der Zeit leer. „Unsere Kinder sind in dem Alter, in dem sie sich Gedanken machen, ob es hier für sie eine Zukunft gibt. Und das liegt nicht nur an dem geringen Angebot von Wohnraum. Wenn es nur wenig Gleichaltrige gibt, macht das Leben wenig Spaß,“ so Anke Tadsen. „Wenn unsere Kinder aufs Festland gehen und nicht zurückkommen, Arbeitsuchende keine bezahlbaren Wohnungen finden, Personen, die Jahrzehnte hier gearbeitet haben als Rentner die Insel verlassen müssen, weil die Rente für ein teure Wohnung nicht ausreicht, wenn die Infrastruktur kippelt, weil zum Beispiel die Feuerwehr keine Mitglieder mehr findet, Gastronomie und Handel vergeblich nach Mitarbeitern suchen, dann müssen wir gemeinsam etwas tun. Was mich hoffen lässt, dass wir etwas bewegen können, ist unsere Inselstärke: unsere gewachsene Gemeinschaft, die kurzen Wege und unkomplizierte Art miteinander ins Gespräch zu kommen – das macht hier so vieles möglich was anderswo mit viel Kraft angegangen werden muss. Wir Einheimischen sind keine nette Nebensache, wir pflegen eine emotionale Verbundenheit und möchten diese auch in Zukunft erhalten.“

Bandix Tadsen machte deutlich, dass sich in den vergangenen Jahren schon einiges auf Amrum getan hat. Ein Umdenken in den politischen Gremien ist erkennbar, die Gemeinden haben begonnen ihre Bebauungspläne zu ändern, um mehr Dauerwohnungen auf Amrum zu bekommen, die neue Wohnungsbaugesellschaft Föhr Amrum wurde ins Leben gerufen und private Initiativen wie Üüs aran in Wittdün bieten Dauerwohnraum mit moderaten Mieten an.

„Warum dann trotzdem noch eine Bürgerinitiative?“ fragte Bandix Tadsen. „Wir glauben, dass noch mehr getan werden kann und wollen versuchen, mit einer möglichst breiten Beteiligung auch ohne politisches Mandat an einer Lösung mitzugestalten. Es geht hierbei nicht darum, in Konkurrenz mit den bereits vorhandenen Aktivitäten zu treten, sondern die bereits vorhandenen Initiativen zu verstärken, neue Ideen zu entwickeln und gemeinsam nach weiteren Lösungen zu suchen.“

Eine 2017 durchgeführte Studie zur Wohnungssituation auf Föhr und Amrum (GEWOS) zeigt, dass fast 60% der Hausbesitzer auf Amrum älter als 65 Jahre sind. Dies bedeutet, dass eine große Anzahl von Häusern und Wohnungen in den nächsten Jahren vererbt oder auf dem Immobilienmarkt angeboten werden und sich damit der Verlust von Dauerwohnraum weiter verschärft.  Die Bürgerinitiative möchte versuchen, einen Teil dieser Wohnungen für Amrumer zu erhalten und als bezahlbare Mietwohnungen anzubieten.

Dafür wurden mögliche Organisationsformen analysiert und man kam zu dem Ergebnis, dass eine gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung (gGmbH) die beste Variante darstellt. Karsten Niemann aus Wittdün sagte: „Wir hoffen, dass wir engagierte Mitmenschen überzeugen können, vorhandene Gebäude auf Amrum zu erhalten und gleichzeitig dazu beizutragen, bezahlbaren Wohnraum anzubieten. Grundsätzlich ist daran gedacht, dass der/die Spender*innen ihre Immobilien der gGmbH vermachen, die diese dann auf Dauer erhält und zu erschwinglichen Preisen an Amrumer ohne eigenes Immobilieneigentum vermietet. Der Weiterverkauf dieser Immobilien wird per Satzung ausgeschlossen,“ so Karsten Niemann

Es sind zahlreiche Varianten einer Schenkung/Vererbung an die gGmbH möglich. So können neben ganzen Immobilien auch einzelne Wohnungen oder auch nur Nutzungsrechte übertragen werden, auch eine Schenkung mit verbleibendem Nießbrauch ist denkbar.  Spenderinnen und Spender können Gesellschafter werden, um aktiv an der Gestaltung der gGmbH mitzuarbeiten.

In den kommenden Wochen werden mögliche Varianten konkretisiert. Interessenten können sich zwecks individueller Beratung an die Initiatoren wenden. Nicht nur Großspenden, sondern auch Zuwendungen in kleinerer Höhe sind willkommen.

„Wir haben heute einen Fokus auf die Wohnungssituation auf Amrum gelegt,“ so Bandix Tadsen, „aber neben dem Wohnen auf Amrum geht es uns auch um das Leben auf Amrum. Infrastruktur, Tourismus, Natur, Sprache, Kultur, Umwelt und das miteinander sind einige Themen. Auch hier soll keine Konkurrenz zu bestehenden Vereinen und Organisatoren entstehen, sondern wir möchten gemeinsam an neuen Ideen arbeiten.“

Die nächste Veranstaltung ist in 4-6 Wochen geplant.  Dann wird sich die Bürgerinitiative offiziell gründen und weitere Schwerpunkte der zukünftigen Aktivitäten beschließen. Bis dahin ist geplant, Kontakt zu den politischen Gremien, Organisationen und Vereinen aufzunehmen, um die Idee der Bürgerinitiative vorzustellen.  Für weitere Fragen stehen Anke und Bandix Tadsen gern zur Verfügung.

Wir hoffen, dass auch bei der nächsten Veranstaltung die Beteiligung so groß ist. Wir brauchen Unterstützung und möchte alle einladen, sich an der Bürgerinitiative zu beteiligen,“ beendete Anna Jannen die Sitzung und bedankte sich nochmals für das zahlreiche Erscheinen an diesem Sonntagnachmittag.

 

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Über Ralf Hoffmann

Ralf Hoffmann wurde 1955 in Schleswig geboren und zog mit seinen Eltern und Geschwistern 1962 nach Amrum. Nach dem Abitur in Niebüll studierte Ralf Luft und Raumfahrttechnik in Berlin. Die ersten 6 Berufsjahre verbrachte er als Entwicklungsingenieur bei VW und danach wechselte er als Aerodynamischer Entwicklungsingenieur zu Ford nach Köln. Als Leiter der Aerodynamischen Entwicklung für Ford Europa und die letzten 15 Jahre als Manager Aerodynamik und Motor- und Komponentenkühlung war er weltweit verantwortlich und viel unterwegs, um die jeweiligen Prototypen unter Hitze und Kälte zu testen. Nach all den Jahren auf dem Festland sind Ralf und seine Frau Karin nun wieder nach Amrum zurückgekehrt.

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