Vergangene Woche fand das zweite Treffen der Bürgerinitiative für ein Lebenswertes Amrum (BiLA) statt. Die verschiedenen Arbeitsgruppen der Initiative stellten im Gemeindehaus Norddorf erste Arbeitsergebnisse vor: Wohnen und gemeinnützige GmbH, Infrastruktur und medizinische Versorgung, Natur, Tourismus und Kultur.
Anke und Bandix Tadsen führten die rund 40 Teilnehmer*innen durch die Versammlung. Sie berichteten über das Treffen von „Merret reicht‘s“ mit Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen auf Sylt und viel ermutigendem Zuspruch für die Ziele der Bürgerinitiative, den sie von Gästen auf der „Eilun“ erhalten haben. Besonders begrüßt wurden die Vertreter*innen der Amrumer Gemeinden und der Amrum Touristik, die der Einladung gefolgt waren und einem Dialog mit der Bürgerinitiative offen gegenüberstehen.
Zu konkreten Fragen der Wohnraumknappheit und Energieversorgung kam man auch gleich in die Diskussion. Was geschieht mit den in den 1990er Jahren gebauten Wohnungen der Wohnungsbaugenossenschaft Eiderstedt, wenn sie aus der Sozialbindung herausfallen? Es besteht baldiger Handlungsbedarf. Die Gemeinden könnten bestimmte Quartiere zu „sozialen Erhaltungsgebieten“ erklären, mit Auflagen für die künftige Nutzung der Wohnungen, so eine Anregung aus der Versammlung. In Großstädten wie Hamburg oder Berlin ist das bereits gängige Praxis.
Die Gruppe „Wohnen“ befasste sich mit Möglichkeiten der Politik und vielfältigen Ideen zur Schaffung von Dauerwohnraum auf Amrum, unter anderem durch Anregung neuer Formen des Zusammenlebens. Mit einem Offenen Brief will man sich an das Amt Föhr-Amrum wenden, damit Änderungen der hiesigen B-Pläne zügiger bearbeitet werden. Und die Arbeitsgruppe „gGmbH“ ist derzeit dabei, alle strukturellen und personellen Vorraussetzungen zu schaffen, um die Gesellschaft im Falle einer Immobilien- oder Großspende unverzüglich gründen zu können.
Was ist von den „energetischen Quartierskonzepten“zu erwarten, die vom Amt auf den Weg gebracht wurden, und wie soll die Energieversorgung der Zukunft aussehen? Auf Sylt und Föhr hat die Diskussion über Klimaneutralität schon begonnen. Auf Amrum steht die Bestandsaufnahme noch bevor, soll aber zügig umgesetzt werden, sagte Nebels Bürgermeister Cornelius Bendixen in der Diskussion.
Christoph Hagenbruch stellte für die Arbeitsgruppe „Infrastruktur“ die aktuellen Möglichkeiten und Diskussionen für eine nachhaltige Energieversorgung der Insel dar. „Wir sind noch ganz am Anfang“, sagte er. Die Initiative könne noch einwirken, wo die Schwerpunkte liegen.
Derzeit sei unter anderem eine Studie in Arbeit, die beiden Amrumer Klärwerke zusammenzulegen. Wenn es mit der neuen Anlage gelänge, langfristig 70% der Energie als Eigenenergie zu erzeugen, würde ein neues Klärwerk zu 60% aus Fördermitteln finanziert.
Soll man in dem Zusammenhang eine eigene Energiegenossenschaft für die Gewinnung und Einspeisung erneuerbarer Energien auf Amrum gründen? Mindestens sieben dauerhaft engagierte und fachkundige Bürger*innen bräuchte man dafür. Oder soll man sich besser den kommunalen Inselwerken Föhr Amrum anschließen, deren Mehrheitsgesellschafter mit 51% das Amt Föhr-Amrum ist, während 49% der Anteile bei den beteiligten Gemeinden liegen?
Dass diese Fragen komplex und nicht einfach zu beantworten sind, zeigt die Anzahl der empfohlenen Links zum Thema, die viel Stoff für eine anregende Diskussion bieten:
Video über die Bürgerwerke | Über die Bürgerwerke (buergerwerke.de)
Energiegenossenschaft Föhr eG (energiegenossenschaft-foehr.de)
Inselwerke Föhr-Amrum GmbH – Ihr regionaler Partner im Klimaschutz (inselwerke-foehr-amrum.de)
Amt Föhr-Amrum – Energetische Quartierssanierung (amtfa.de)
PowerPoint-Präsentation (verwaltungsportal.de)
Sie engagiere sich in der Bürgerinitiative, um ein lebenswertes Amrum zu schaffen und zu erhalten, sagte Inselärztin Claudia Derichs als Sprecherin der Arbeitsgruppe „medizinische Versorgung“. Dazu gehöre auch die Gesundheit. Die Aufgabe der verbliebenen Zahnarztpraxis zum Jahresende habe allen die Dringlichkeit vor Augen geführt. Sie wolle 2025 zwar nicht aufhören zu praktizieren, man müsse aber bedenken, dass das Durchschnittsalter der beiden zugelassenen Kassenärzte auf Amrum derzeit bei 66 Jahren liege. Ihr Ziel sei eine größere Gemeinschaftspraxis auf der Insel, die auch langfristig für die Work-Life-Balance angestellter junger Ärzt*innen attraktiv ist. Die Bereitschaftsdienste ließen sich dann besser aufteilen, und man hätte mehr Möglichkeiten für medizinische Sprechstunden von Fachärzt*innen, die auf die Insel kommen, und Kooperationen im Bereich der Tele-Medizin. Für diese Projekte erwarte sie Unterstützung.
Nachhaltiger Tourismus, ein respektvoller Umgang, Individual- und Öffentlicher Personen-Nahverkehr, Denkmalpflege, Erinnerungskultur und die rückläufige Geselligkeit auf der Insel bewegten die Arbeitsgruppe „Natur, Tourismus und Kultur“ – thematisch ein sehr weit gefasstes Feld. Vielleicht zu weit, die Interessen innerhalb der Arbeitsgruppe sind vielfältig. Als erste Arbeitsergebnisse wurden dennoch bereits zwei konkrete Vorhaben vorgestellt: eine Art „Rote-Punkt-Aktion“ und ein „Amrumer Klönschnack“ in der Vorweihnachtszeit.
Die Gruppe will eine inselweite Mitfahr-Initiative von Autofahrer*innen organisieren, um auf die Defizite des Nahverkehrs und der wenig genutzten Mitfahr-Bänke aufmerksam zu machen. Als Erkennungszeichen soll ein Auto-Aufkleber entworfen werden, der symbolisiert „Ich nehme mit“, anlehnend an die Rote-Punkt-Aktion Ende der 1960/Anfang der 1970er Jahre.
Und am Mittwoch, dem 7. Dezember, um 19:00 Uhr findet der erste „Amrumer Klönschnack“ statt, ein geselliger Abend im neuen Saal der Gemeinde Wittdün, zu dem alle Amrumerinnen und Amrumer herzlich eingeladen sind. Gegen einen kleinen Kostenbeitrag trifft man sich hier bei Glühwein und Schmalzbroten, lauscht einem humorigen Kurzvortrag von Kai Quedens und bringt etwas Überschüssiges aus dem eigenen Haushalt zum „Schietwichteln“ (hochdeutsch: Gräuel-Julklapp oder Schrottwichteln) mit. Um Anmeldung wird gebeten. In Norddorf, Nebel und Wittdün wird das möglich sein.
„Auch wenn nicht immer alle zu jeder Veranstaltung kommen können, ist es wirklich großartig, wie viele Bürger*innen sich in oder für die BiLA einsetzen“, sagte Anke Tadsen, als man sich zum Abschluss der Versammlung um Martina Otts Entwürfe für das Logo der Bürgerinitiative scharte. Die BiLa freue sich auch über weitere Interessierte und neue Mitstreiter*innen.
Auf welche Weise der Dialog mit der Politik inselweit fortgeführt werden kann, blieb einstweilen offen. Die nächste Gelegenheit bietet sich Anfang November, wenn die Amrum Touristik im Gemeindehaus Norddorf die Ergebnisse der Einwohner-Befragung (Erst- und Zweitwohnsitz) zum Tourismus auf Amrum öffentlich vorstellen wird.