Nachhaltigkeit war auf Amrum schon immer ein Thema. Vor der Tourismusära war die Insel arm. Allenfalls die zur See fahrenden Kapitäne konnten es sich leisten Häuser zu bauen um mit ihren Familien in einem für unsere heutigen Vorstellungen höheren sozialen Stand zu leben. Der Boden war karg und die Fischgründe waren nicht immer ertragreich. Das Sammeln von Möweneiern, Krabbenfang und das Fangen von Enten in den Vogelkojen waren für die Nahrungsbeschaffung unabdinglich. Es gab keinen Wald, Baumaterialien und Brennstoff waren knapp. Besenheide und Ilex wurden in mühevoller Arbeit „geerntet“ um die hölzernen Bestandteile zu verarbeiten. Weggeschmissen wurde nur, was überhaupt nicht mehr zu reparieren war. Überwiegend lebte die Bevölkerung von dem, was das Meer hergab. Das Bergen von gestrandeten Schiffen und das eigentlich verbotene Sammeln von Strandgut („Strandräuberei“) waren für ein Überleben auf der Insel in früheren Zeiten unabdingbar.
Auch in der „Neuzeit“ gibt es Bespiele für die vielleicht nicht immer legale Art und Weise um für scheinbar unbrauchbar gewordene Dinge eine weitere Verwendung zu finden. Nach dem Strandungsunfall der „Pallas“ im Jahr 1998 wurde aus angeschwemmtem Holz so mancher Zaun oder Carport gebaut, und nachdem 2012 vor Helgoland ein Schiff Container verloren hatte und am Kniepsand jede Menge hochwertige aber völlig durchnässte Schuhe angetrieben wurden, haben viele Amrumer Damen eine Zeitlang die gleichen Schuhe getragen.
Es ist in den Köpfen der Amrumer*innen quasi als „vererbt“ anzusehen, das sich auch heute noch, für dem Empfinden nach ausgemusterte Dinge, eine weitere sinnvolle Verwendung findet. So eben auch für Wannen, die nach der Renovierung eines Badezimmers „übrig“ geblieben sind. Sie werden gerne von den Landwirten und Pferdebesitzern weiterbenutzt und kommen sinnvollerweise als Tiertränken zum Einsatz. Wenn man den Klimawandel betrachtet und sich den trockenen und heißen Sommer 2022 mit mangelnden Regenfällen zwischen April und September vor Augen hält, so kann man sich gut vorstellen, dass der Einsatz der ausrangierten Amrumer Badewannen von Pferden, Rindern und Schafen gerne angenommen wird. Und mit Sicherheit kann man davon ausgehen, dass diese zu Tränken umfunktionierten Wannen so manche Kaninchen, Hasen oder auch Vögel vor dem Verdursten bewahrt haben.
Diese Tiertränken gibt es auf Amrum schon lange, und viele Amrumer*innen erinnern sich daran, dass sie als Kinder an heißen Sommertagen gerne mal zur Abkühlung in die Wannen gestiegen sind. Sicher ist die eine oder andere Wanne im Laufe der Jahre und Jahrzehnte unbrauchbar geworden und könnte die letzte Reise auf den Schrottplatz antreten, aber grundsätzlich kann man behaupten, dass die „nachhaltigen Badewannen“ auf den Feldern genauso zum Erscheinungsbild der Insel Amrum gehören wie die modernen Wannen in den Häusern. Und nachhaltiger sind sie gegenüber industriell hergestellten Kunststoffbehältern allemal.