Für den Bau eines neuen Gebäudes für das neue Medizinische Versorgungszentrum muss in Wittdün ein neuer B-Plan erstellt werden. Die Gemeindevertretung Wittdün hatte in ihrer Sitzung am 09.04.2024 die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 15 „Medizinisches Versorgungszentrum am Schwimmbad“ der Insel Amrum beschlossen.
Der geltende Flächennutzungsplan stellt für den Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr.15 derzeit Gemeinbedarfsflächen dar und muss somit geändert werden. Zur Beratung und Beschlussfassung über diese Änderung trafen sich die Gemeindevertretungen von Nebel und Wittdün zu einer gemeinsamen Sitzung. Die Gemeinde Norddorf konnte aus terminlichen Gründen nicht an diesem Treffen teilnehmen und stimmte dieser Änderung eine Woche später in einer separaten Sitzung zu.
Am Anfang der Sitzung wurde nochmals klargestellt, dass mit dem kommunalen Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) nicht die Gebäude gemeint sind, sondern die Organisationsform, in der die Ärzte gemeinsam ihre Tätigkeit ausüben. Das MVZ mietet dann die Räumlichkeiten an und wird im Rahmen einer gGmbH betrieben. Die gGmbH trägt die wirtschaftliche Verantwortung, sie stellt das Personal ein (Ärzte, Arzthelferinnen usw.), schließt die Pachtverträge für die Gebäude ab und ist auch für die Abrechnung mit den Krankenkassen verantwortlich. Diese administrativen Management-Tätigkeiten werden typischerweise an eine externe Stelle vergeben. Hierfür läuft bereits eine Ausschreibung.
Zurzeit darf ein kommunales medizinisches Versorgungszentrum nur von einer Gemeinde betrieben werden. Alleiniger Gesellschafter der gGmbH wird die Gemeinde Wittdün sein. Im Rahmen eines Vertrages wird das Risiko sowie eventuell auftretende Verluste auf alle drei Amrumer Gemeinden verteilt. Alternativ zeichnet sich auch die Möglichkeit ab, dass zukünftig eventuell mehrere Gemeinden Gesellschafter der gGmbH eines MVZ werden können. Hierzu finden Anfang August 2024 entsprechende Gespräche statt, eine Entscheidung wird für den 8.August erwartet.
Bauherr des Gebäudes wird die Gemeinde Wittdün sein, die dann die Räumlichkeiten an das MVZ verpachtet. In diesem Ärztehaus können auch weitere Partner aus dem Bereich des Gesundheitswesens Räumlichkeiten anmieten.
Erste Entwürfe zeigen ein 2-geschossiges Gebäude mit einer Grundfläche von 12m x 39 m. Im Erdgeschoss sind Räumlichkeiten für die Medizinische Versorgung vorgesehen, im Obergeschoss 6 Personalwohnungen verschiedener Größe.
Im neuen B Plan Nr.15 wird die Art der baulichen Nutzung mit Sondergebiet (SO) für MVZ und Wohnen beschrieben. Das Maß der baulichen Nutzung legt eine Grundflächenzahl (GRZ) von 0,4 sowie eine maximal 2- geschossige Bauweise fest.
Im Sondergebiet „MVZ und Wohnen“ sind ausschließlich folgende Nutzungen zulässig:
- Medizinische Versorgungs- und Vorsorgeeinrichtungen (Gemeinschafts- und Facharztpraxen, Therapieeinrichtungen, Beratungsstellen, Apotheken und Sanitätshäuser)
- Mit der Hauptnutzung im Zusammenhang stehende Betriebs- und Versorgungseinrichtungen (Büroräume, Personalräume, Gemeinschaftsräume)
- Wohnungen für das im MVZ beschäftigte Personal
Am 13.8.2024 gibt es eine gemeinsame Sitzung der Arbeitsgruppe, in der der Businessplan und der Gesellschaftervertrag besprochen werden. Der Businessplan wird zurzeit auf Grundlage der Abrechnungszahlen der Praxis an der Mühle der vergangenen 5 Jahre erstellt.
In einem Abwägungsbericht beurteilt die Kommunalaufsicht dann die wirtschaftlichen und rechtlichen Randbedingungen des geplanten MVZ. Hierfür hat sie 6 Wochen Zeit. Da viele Informationen schon vorab mit der Kommunalaufsicht abgestimmt wurden, könnte eine abschließende Beurteilung auch früher vorliegen.
Es ist geplant, dass das kommunale MVZ am 1.1.2025 seine Tätigkeit aufnimmt, zunächst in den Räumen der jetzigen Praxis an der Mühle. Die gGmbH muss bis Ende Oktober gegründet werden, damit alle notwendigen Verträge für den Betrieb des MVZ vorher abgeschlossen werden können.
Das neue Gebäude nördlich des Amrumer Badelandes soll bis zum Ende des Jahres 2026 fertiggestellt werden.
Dieses ambitionierte Projekt ist jetzt in der entscheidenden Phase und stellt für alle Beteiligten eine große Herausforderung dar. Es zeigt sich aber auch, dass Vieles möglich ist, wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen.
MVZ …nimmt Fahrt auf
Die medizinische Grundversorgung ist auf der Insel zu sichern. Sind privat wirtschaftliche Interessenslagen nicht ausreichend darstellbar, ist die Gemeinde / sind die Gemeinden der Insel aufgefordert Lösungen, für die Primärversorgung zu entwickeln und umzusetzen.
Entschieden wurde die Lösung einer Gründung eines MVZ und den Bau eines Gebäudes, indem das MVZ seine Tätigkeit ausführt.
Man kann die Entscheidungen zur Diskussion stellen, ob die Gründung eines MVZ das Optimum darstellt, ob es bereits Gebäude gibt, indem die medizinische Nutzung möglich wäre oder ob eine Auslagerung der administrativen Tätigkeiten sinnhaft ist. Unter dem gegebenen Zeitkorridor sind Diskussionen wenig hilfreich, da jetzt ziel- und ergebnisorientiert gehandelt werden muss.
In der gemeinsamen Gemeinderatssitzung in Wittdün wurden hierfür die ersten Schritte beschlossen. Irritierend war schon, dass die ungefähren Kosten für diese Beschlüsse und Umsetzung nicht mitgeteilt wurden, der Vortragende Herr Stemmler sprach von erheblichen wirtschaftlichen Belastungen aus dem operativen Betrieb des MVZ. Auch hier wurden Zahlen vermieden.
Es wäre hilfreich, wenn die Gemeinde die Kostenhöhe als Einschätzung mitteilt und gleichzeitig erläutert, wie diese Kosten im Gemeindehaushalt aufgefangen und wie hoch voraussichtlich die Belastungen der Haushalte zukünftig werden.
Wir sollten alle an dem gemeinsamen Strang der Sicherung der Primärversorgung auf der Insel Amrum ziehen, doch es sollte keine coûte que coûte Mentalität aufkommen.
Carl Lorenzen, Nebel