Vor 60 Jahren – Schiff auf Strand – Die Strandung des Erzfrachters „PELLA‟ vor Amrum und mehr!


Wrackteil des Erzfrachters “PELLA” – Foto: Archiv Gerd Arnold

Stürme im Sommer waren früher äußerst selten, aber vor 60 Jahren gab es einen Sturm mit Folgen.

Am letzten Julitag des Jahres 1964 bläst der Wind mit schweren Böen aus Westnordwest.

Diese Wetterverhältnisse führten zum Strandungsfall „PELLA‟, einem großen Frachter der etwa 7 Seemeilen südwestlich vor der Insel im Rütergatt auf Grund gelaufen war.

Die 135 Meter lange „PELLA‟ war mit 10.026 Tonnen Eisenerz beladen und fuhr unter libanesischer Flagge. Der griechische Kapitän lehnte zunächst die Hilfe des herbeigeeilten Schleppers „ATLAS‟ und von zwei Rettungsbooten („BREMEN‟ / Amrum und „HINDENBURG‟ / List auf Sylt) der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) ab.

Warum? Wusste der Kapitän nicht in welch prekären Lage er sich befand oder dachte er, dass er sein Schiff selbst wieder frei bekommt? Oder wollte er – nach Rücksprache mit seiner Reederei – das Schiff und die Ladung gar nicht retten?

Versuchsrettungskreuzer “BREMEN” – Foto: DGzRS

Der Vormann des Versuchskreuzer „BREMEN‟ (1961-1965) von der DGzRS-Station Amrum, Harry Tadsen, bliebt Angesichts der kritischen Lage auf „Standby‟. Mitten in der Nacht des 2. August kam dann auf der „PELLA‟ Bewegung auf, sie funkte SOS.

Die Gezeitenströmung hatte den Sand unter Bug und Heck weggespült und so kam es, dass mit großem Getöse die „PELLA‟ in der Mitte auseinanderbrach.

Die verängstigte Crew stand nun an der Reling und wurde von der „BREMEN‟ abgeborgen. Man bedenke es war immer noch Sturm, das Rettungsboot musste gegen den hohen Wellengang ankämpfen. 30 Mal musste das Rettungsboot die auseinandergebrochene „PELLA‟ anlaufen um die 25 Mann abzubergen und diese dann nach Wittdün an Land zu bringen.

Der dramatische Rettungseinsatz mit der großen Zahl Geretteter geht als einer der bedeutendsten in die Geschichte der DGzRS ein. Die „BREMEN‟ wird ein Jahr später außer Dienst gestellt.

Die Station Amrum erhält den Seenotrettungskreuzer „RUHR-STAHL‟ (1965-1985).

Aber warum ist die „PELLA‟ überhaupt vor Amrum gestrandet? Aus dem Ärmelkanal kommend hätte der Frachter eigentlich in die Weser und weiter zum Zielhafen nach Bremen fahren sollen, doch der Kapitän fuhr weiter an Helgoland vorbei in Richtung Nordost bis 7 Seemeilen vor Amrum.

Warum hat die Irrfahrt, trotz nautischer Geräte, keiner bemerkt? Ca. 80 Seemeilen Kursabweichung!

Da keine Bergungsarbeiten an dem Wrack vorgenommen wurden, war die „PELLA‟ für die Insel- und Halligbewohner ein herrenloses aufgegebenes Schiff. Immer wieder waren nächtliche Besucher („Seeräuber‟) auf dem Wrack.

Den Insulanern und Touristen kam die Havarie der „PELLA‟ sehr gelegen, inmitten der Sommersaison hatte man mit dem Strandungsort schnell ein neues Ausflugsziel gefunden.

Die beiden Wrackteile verschwanden sehr schnell im feinen Mahlsand, denn bereits Ende 1964 wurden die oberen Decksaufbauten von den Wellen überspült.

Das Schiff, welches als Truppentransporter im 2. Weltkrieg eingesetzt wurde, war schnell zusammengebaut worden und daher nicht sehr stabil, es lief am 27. März 1943 in Sorel (Quebec/Canada) als „ELM PARK‟ vom Stapel. Das Schiff fuhr unter die Namen: „ELM PARK‟ (1943-46), „TRICAPE‟ (1946-57), „PALMA‟ (1957-62) und „PELLA‟ (1962-64).

Die Wrackteile der „PELLA‟ wurden am 16. August 2001 dem Büsumer Fischkutter „JOKE SABINE SC 33‟ zum Verhängnis. Beide Fanggeschirre hatten sich offenbar am Wrack verfangen. Der Kutter kentert und sinkt. Beide Besatzungsmitglieder mussten ihren Kutter verlassen und machten sich mit roten Notsignalen bemerkbar. Diese werden vom Husumer Kutter „MARION HUS 19‟ gesichtet. Deren Fanggeschirr wird sofort gehievt und man macht sich auf den Weg zur Unglücksstelle und rettet die beiden Fischer. Kurz darauf trifft der alarmierte auf Amrum stationierte Seenotrettungskreuzer „EISWETTE‟ (1985-2008) vor Ort ein und übernimmt die beiden Schiffbrüchigen und nimmt sie mit nach Amrum.

Heute versieht der Seenotrettungskreuzer „ERNST MEIER-HEDDE‟ (seit 2015) von Amrum aus den Such- und Rettungsdienst im Revier rund um die Insel und bis weit in die Deutsche Bucht hinein. Er ist das Typschiff der ab 2015 in Dienst gestellten neuen 28-Meter-Klasse der DGzRS. Allein im Jahr 2023 hat die „ERNST MEIER-HEDDE‟ 45 Einsätze gefahren und dabei rund 80 Menschen geholfen, 42 von ihnen aus Seenot gerettet oder Gefahr befreit.

Da die „ERNST MEIER-HEDDE‟ sich derzeit in einer Werftzeit befindet, wird sie von der „THEO FISCHER‟ vertreten.

Über Gerd Arnold

Gerd Arnold, 1957 in Nebel auf Amrum geboren. Ein „echter“ Amrumer mit der friesischen Sprache (öömrang) aufgewachsen. Bis 1972 die Schule in Nebel besucht, danach Elektroinstallateur in Wittdün gelernt. 1976/77 in Wuppertal den Realschulabschluss nachgeholt. Ab Oktober 1977 als Berufssoldat bei der Bundesluftwaffe und seit November 2010 Pensionär. Nach vielen Jahren der verzweifelten Suche nach passenden „bezahlbaren“ Wohnraum auf Amrum endlich fündig geworden, seit Februar 2022 wieder ständig auf Amrum. 2019 ins Team der Amrum News integriert, aber das soll neben dem Angeln nicht die einzige Aktivität auf der Insel bleiben.

schon gelesen?

Regelmäßige Unterhaltungsbaggerungen am Fähranleger Wittdün …

Damit die regelmäßigen Schiffsverbindungen zwischen Dagebüll, Wyk und Wittdün aufrecht erhalten werden können, müssen in …

Schreibe einen Kommentar

WP2Social Auto Publish Powered By : XYZScripts.com