Es gibt auf Amrum eine große Anzahl von Sitz- und Ruhebänken die Wanderer oder Spaziergänger animieren sollen innezuhalten, sich auszuruhen oder die Aussicht zu genießen. Man findet sie überall. An der Wattseite, an der Seeseite, im Wald, an den Bohlenwegen, auf der Geest, in den Orten und natürlich auch an den Promenaden. Nun sind derartige Bänke eigentlich nichts Besonderes und man kennt sie von zu Hause oder von anderen Urlaubsorten.

Auf Amrum gibt es allerdings einenbesondere Arten von Ruhebänken, die man eben nur hier auf der Insel antrifft: Die „Friesenbänke“ 30 an der Zahl. Man erkennt sie daran, dass an der Rückenlehne jeweils eine schwarze Kunststoffplakette angebracht ist, auf der ein, für die allermeisten Betrachter, völlig unverständlicher Satz steht. Die Sprache dieser Sprüche ist „öömrang“, so heißt die Amrumer Variante des Friesischen.

Bewusst wurde bei der Errichtung dieser Bänke darauf verzichtet eine Übersetzung hinzuzufügen. Das Ziel der Aktion ist es, sich für den Erhalt der Minderheitensprache „Friesisch“ einzusetzen und anzuregen die einzelnen Bänke aufzusuchen um Übersetzungs- und Deutungsversuche zu starten. Hilfe bei der Detektivarbeit kann der Interessierte durch einem Themen-Flyer der Amrum Touristik erhalten. „Der Amrumer Friesenbank-Weg“ liegt kostenlos in allen Touristikstellen aus. Der Flyer zeigt mittels Kartenmaterial nicht nur die Standorte der Bänke aus, neben den Übersetzungen der Sprüche wird auch die Bedeutung der Worte geliefert. Dies ist auch notwendig, denn viele der Texte sind nicht auf öömrang wie es heute noch von rund 500 Amrumern gesprochen wird. Da sich das Amrumfriesisch, wie viele andere Sprachen auch, im Laufe der Zeit verändert hat, sind viele Worte in Vergessenheit geraten, und selbst alte Amrumer verstehen manchmal den Wortlaut oder den Sinn des Spruches nicht mehr.

Manche Sprüche kann man sich gut herleiten: „Diar san muar lidj uun a butel drinket, üs uun a waas“ = „Es sind mehr Leute in der Flasche ertrunken, als im Wattenmeer“. Der Sinn dieses Spruchs erschließt sich von selbst. Anders sieht es beispielsweise mit folgendem Satz aus: „Ham skal ham ei uftji, iar am tu baad gongt“ = „Man soll sich nicht ausziehen, ehe man zu Bett geht“. Gemeint ist damit, dass nicht vor seinem Tod alles an die Erben verteilt werden soll.

Friesisch ist kein Dialekt sondern eine eigenständige Sprache. Ursprünglich gab es allein in Nordfriesland 12 Unterformen wie eben auch öömrang (auf Amrum), fering (auf Föhr) oder sölring (auf Sylt). Interessant und erwähnenswert ist, dass sich öömrang und fering sehr ähnlich sind und sich die Amrumer und Föhrer gut untereinander verständigen können. Beide Inseln waren schon immer eng miteinander verbunden und ein reger Austausch konnte stattfinden, da zwischen beiden Inseln ja das Wasser etwa alle 6 Stunden weggeht und die Bewohner schon immer über das Watt zu Besuch kommen konnten und sich die Sprachen quasi parallel haben entwickeln können. Anders war und ist es zwischen den Inseln Amrum/Föhr und Sylt. Hier geht das Wasser der Nordsee nie weg, das sogenannte Hörnumtief hat Sylt schon immer von den Nachbarinseln abgetrennt und so fand auch kaum ein persönlicher Austausch zwischen den Bewohnern statt und die Sprachen haben sich unterschiedlich entwickelt. Auch heute ist es noch schwierig zwischen den Schwesterinseln Föhr und Amrum, die ja auch zu in einem gemeinsamen Amt zusammengefasst sind, und der („Halb-“) Insel Sylt zu reisen. Zwar verkehrt zwischen Wittdün auf Amrum und Hörnum auf Sylt während der Saisonmonate die Schnellfähre „Adler-Express“, dies jedoch nur 2x täglich. Im Winter muss man dagegen stets die bis zu 4 Stunden dauernde Verbindung über das Festland und den Hindenburgdamm nehmen.
Die ersten zehn Friesenbänke wurden entlang dem eigentlichen „Friesenbank-Weg“ im Jahr 2019 auf Initiative des Amrumer Heimatvereins „Öömrang Ferian“ aufgestellt. Die Idee zu dieser Aktion kam von einem Mitglied des Norddorfer Gemeinderats, der während eines Aufenthaltes im Harz auf einem Wanderweg ähnliche Ruhebänke entdeckt hatte. Der langjährige Leiter des Heimatvereins, Jens Quedens, hat dann eine Auswahl alter Amrumer Sprüche getroffen, und im Jahr 2024 haben dann, anlässlich des Jubiläumsjahrs „50 Jahre Öömrang Ferian“, auch die Gemeinden Nebel und Wittdün jeweils 10 Bänke aufstellen lassen.
Diese einfachen, aus massiven Holzbohlen bestehenden Sitzbänke sind vom Amrumer Handwerker Malte Schnoor angefertigt worden, sind alle unterschiedlich gestaltet und sind somit Unikate. Sie stehen zumeist an exponierten Stellen mit grandioser Aussicht. Da sie stets den Amrumer Witterungsbedingungen, zwar mit viel Sonne, aber auch Wind und Regen, sowie Sand und Salz ausgesetzt sind, verändern sie oft ihre ursprünglich strahlende helle Holzfarbe im Laufe der Zeit in ein dunkles, z. T. moosbewachsenes Braun und müssen von Zeit zu Zeit aufgearbeitet oder gar ersetzt werden.
Machen Sie sich bei ihrem nächsten Amrum Urlaub doch mal auf die Suche. Sehr spannend.