
Eisige, sternenklare Nächte sind ein echter Grund, im Winter auf Amrum zu sein. Ein anderer ist, dass alle kommen, wenn einer in dieser stillen Zeit Geburtstag hat. Und das kann auch ruhig schon ein bisschen her sein. Vor 266 Jahren wurde der schottische Nationaldichter Robert Burns geboren, und ihm zu Ehren lud Jani Maus zum jährlichen Gelage.
Der Amrumer Wirt hatte die Tische geschmückt, sich selbst und seinen Angestellten Andis gleich mit (super Kilts und schmucke Waden in Kniestrümpfen) und schottische Weisen aufgelegt.

Zwanzig Gäste, darunter Urlauber, Neu – Amrumer und Insulaner, von denen mancher seine Mauserlebnisse schon nach Jahrzehnten sortieren kann, kamen in feierlicher Stimmung. Ich notiere zweimal gebügeltes weisses Hemd – eine Besonderheit in der Maus – und einmal Krawatte mit Schottenmuster. Zum ersten Whiskey des Abends erzählt Jani aus Roberts Burns´ Leben als Bauernsohn und aus seinem eigenen gleich dazu. So wissen wir jetzt, dass der Mauswirt es hasste, als Kind beim Heu machen helfen zu müssen. Und dass dem Unwillen mit Erziehungsmethoden aus Robert Burns´ Zeiten nachgeholfen wurde.

Das Highlight des Abends und Mittelpunkt des Menüs: Der Haggis. Und unter den Neulingen die Frage: Was zum Himmel ist das? Jani zückt Fotos von schafartigen Wesen, und das Gefühl – sowas hab ich noch nie gesehen – trügt nicht. Das Haggis gibt es so wenig wie den Wolpertinger, aber nach dem mittlerweile vierten Whiskey, einem schön torfigen Bunnahabhain, bin ich mir da auch nicht mehr so sicher. Was den Verzehr von Haggis angeht, empfiehlt sich: Erst essen und dann lesen, was drin ist. Denn der Schafsmagen ist neben Haferflocken und einigem anderen auch mit Innereien gefüllt. Für Feiglinge gibt es eine Variante ohne Leber, Nierchen und Co.

Als Jani das, was aussieht wie zwei Ballons, mit dem säbelartigen dagger anschneidet, schallen feierlich Rezitationen von Robert Burns´ Gedichten durch die Maus. Der Haggis geht weg wie nix und schmeckt erstaunlich vorzüglich, leicht würzig, irgendwie anders, irgendwie nach mehr. Und so mancher geht – mutig geworden – ordentlich Nachschlag holen.

Danach liegt Whiskey Nummer fünf angenehm in der Blutbahn. Und wer sich jetzt entspannt zurücklehnt, kann das Sammelsurium an der Decke der Maus in Ruhe bewundern, während Schorsch Dittmar mit Herz und reichlich Seele schottische Lieder singt. Dass er dann noch zwei Songs seiner Band Crazy Horst – darunter die wunderschöne Eigenkomposition „Niebüll“ – nachlegt, wird ihm mit grossem Applaus gedankt.

Ein bisschen Platz braucht man jetzt noch für den gefährlichen Sticky Toffee Pie. Gefährlich deshalb, weil der Kuchen nur Alibi ist für die – sorry – geile Sauce aus Butter, Zucker und Sahne. Danach fällt Whiskey Nummer sechs auf weichen Boden. Und ihm sollen noch einige weitere folgen, denn das Mauslicht – eine kleine Insel der Wärme und Gastlichkeit im winterlichen Dunkel – bleibt an bis weit nach Mitternacht.

Und auf dem Heimweg funkeln die Sterne noch immer so hell, als schicke der Schotte einen kleinen Gruss herunter. In einem seiner Gedichte schreibt er: „Lass trinken uns, lass Freundschaft sein, auf die gute alte Zeit.“ Gruss zurück nach oben, Robert, das gilt auch noch nach 266 Jahren.
Sybille Hasenclever für Amrum-News