Amrumer Details 04 – Die Amrumer Notfallpunkte …


Auf der Insel Amrum gibt es rund 170 Notfallpunkte.

Sie fallen eigentlich jedem Wanderer oder Spaziergänger auf, die kleinen rechteckigen grünen Täfelchen, auf denen die bekannte Notrufnummer „112“ und eine Standortbezeichnung vermerkt sind.

In Zusammenarbeit mit den insularen Rettungskräften hat die Amrum Touristik zusammen mit den  Amrumer Sicherheitsorganisationen im Jahr 2014 an allen markanten Stellen der Insel die Notfallpunkttafeln aufstellen lassen.

Vergleichbar sind diese Stellen vielleicht mit den früher an den Autobahnen aufgestellten Notrufsäulen. Von diesen aus konnte und kann man Notrufe absetzten, was in den „Vor-Handy-Zeiten“ eine äußerst sinnvolle Einrichtung war. Diese in Deutschland an 35.000 km Straße installierten Notruf-Telefone, wie auch die Einführung der bundeseinheitlichen Notrufnummern 110 (Polizei) und 112 (Feuerwehr und Rettungsdienst), gehen auf die Initiative der „Björn-Steiger-Stiftung“ hervor. Es war im Mai 1969, als der achtjährige Björn Steiger von einem Auto erfasst wurde.  Zwar alarmierten sofort nach dem Unglück Passanten die Polizei und einen Krankenwagen, es dauerte jedoch nahezu eine Stunde, bis dieser eintrifft. Der Junge verstarb, nicht an seinen Verletzungen, sondern an einem Schockgeschehen. Damals gab es noch keine einheitlichen Notrufnummern, keine überregionalen Rettungsleitstellen, keinen vereinheitlichten Rettungsdienst und keinen Sprechfunk. Die Eltern des Jungen gründeten die „Björn-Steiger-Stiftung“, dessen Ziel es war, und heute auch noch ist, Veränderungen und Verbesserungen im Rettungswesen anzustoßen. Unterstützung hierzu erhielten sie von Hilda Heinemann, der Ehefrau des  damaligen Bundespräsidenten Gustav Heinemann. 1971 wurden die ersten Notruftelefone installiert, im gleichen Jahr ging in Stuttgart der ersten Notarztwagen an den Start, dies war quasi die Geburtsstunde des heutigen Rettungsdienstes. 1972 beginnt in Deutschland die moderne Luftrettung, die Deutsche Rettungsflugwacht (heute DRF Luftrettung) wird gegründet. Erst ab 1973 werden die flächendeckenden Notrufnummern 110 / 112 eingeführt und schrittweise wird die moderne außerklinische Notfallmedizin vereinheitlicht, gesetzlich geregelt und mit jeweils weiter entwickelten technischen und personellen Vorgaben versehen, so wie wir sie heute kennen und überall in Deutschland in Anspruch nehmen können.

Auch Amrum ist ein Teil Deutschlands und so gibt es auch auf Amrum schon lange strukturierte Rettungsverfahren. Die Umsetzung dieser vorgegebenen Anforderungen obliegt in unserem föderalistischen Staat den Ländern, die diese Aufgabe an die jeweiligen Kreise bzw. kreisfreien Städte weitergeben. Die Insel Amrum gehört zu  Nordfriesland, und so ist es die Aufgabe des Rettungsdienstes des Kreises Nordfriesland die Sicherstellung der notfallmedizinischen Versorgung der Bevölkerung gemäß den Vorgaben des Rettungsdienstgesetzes des Landes Schleswig-Holstein zu gewährleisten. Nicht zu verwechseln ist der „Rettungsdienst“ oder „Notarztdienst“ mit der medizinischen Grundversorgung (sprich „Hausarzt“), der von der Kassenärztlichen Vereinigung des Landes organisiert wird. Dieser „ärztliche Bereitschaftsdienst“ oder „kassenärztliche Notdienst“ kann bundesweit unter der Rufnummer 116 117 erreicht werden.

Auf der Insel Amrum hat der Rettungsdienst einen in 24 Stunden / 365 Tage  RTW (Rettungstransportwagen) mit entsprechend ausgebildetem Rettungsdienstpersonal stationiert, zudem ein NEF (Notarzteinsatzfahrzeug), das im Selbstfahrermodus von einer Ärztin oder einem Arzt mit der fachlichen Zusatzqualifikation „Notfallmedizin“, besetzt wird. Beide Fahrzeuge sind geländegängig und können so auch, begrenzt, am Kniepsand eingesetzt werden.  Ein zweiter RTW steht als Reservefahrzeug zur Verfügung. Zudem kann im Tagesgeschäft auch „Hilfe von außen“ in Form eines arztbesetzten RTH (Rettungstransporthubschrauber) nach Amrum geschickt werden. Derzeit sind in Schleswig-Holstein vier RTH stationiert, davon 2 auch mit Nachtflugerlaubnis. „Christoph Europa 5“, Station Niebüll und „Christoph 42“, Station Rendsburg, sind die am häufigsten auf Amrum anzutreffenden RTH. Im Bedarfsfall werden auch weitere mit medizinischem Equipment ausgestattete Helikopter, z. B. ein für die Offshore Anlagen vorgehaltener RTH (Northern Rescue), oder die Bundesmarine auf die Insel entsandt.

Zu bedenken ist aber, dass es immer wieder, v. a. wetterbedingte Situationen gibt, bei denen ein Hubschrauberflug nach oder von Amrum nicht möglich ist. Dann hilft, wenn ein dringender Transport eines Patienten ans Festland notwendig ist, die DGzRS mit dem auf Amrum stationierten Seenotrettungskreuzer „Ernst Meier-Hedde“ aus.

Die Einrichtung der Notfallpunkte auf Amrum hat sicherlich schon manches Leben gerettet, ist doch eine genaue Kenntnis eines Notfallortes vor herausragender Bedeutung um gezielt die Rettungskräfte an den Ort des Geschehens leiten zu können. Wird auf Amrum ein Notruf abgesetzt, so landet dieser in der integrierten Leitstelle für Feuerwehr, Rettungsdienst und Polizei in Harrislee bei Flensburg, die u. a. auch für Nordfriesland zuständig ist. Von hieraus ergehen dann die Alarmierungen an die Rettungskräfte. „Notruf 112, wo genau ist der Notfallort?“ ist der erste Satz, den ein Anrufer der 112 zu hören bekommt. Angaben wie „ich bin am Strand und kann den Leuchtturm sehen“ helfen dem Leitstellendisponenten kaum weiter, denn der Leuchtturm ist von ganz vielen Stellen aus auf der Insel zu sehen. Da ist es eine große Hilfe, wenn der Anrufen melden kann, ich bin am „Notfallpunkt „X.YZ“. Diese Standortkennziffer ist in der Leitstelle mit Geo-Koordinaten hinterlegt, und so können die Rettungskräfte gezielt an den Notfallort geleitet werden. Heutzutage hat fast jeder ein Handy oder Smartphone oder kann einen Passanten darum bitten entsprechende Notrufe abzusetzen. Zwar besteht seitens der Rettungsleitstelle auch die Möglichkeit Anrufer über ein Smartphone zu orten, dies ist aber mit einem verzögernden Zeitaufwand verbunden.

Die Insel Amrum wurde in 4 Zonen aufgeteilt und die Notrufschilder hierin flächendeckend an nahezu allen Wander-, Rad- oder Reitwegen und auch an vielen Stellen des riesigen Kniepsandes aufgestellt. Man findet sie also eigentlich überall, am Stand, an den Dünen- und Bohlenwegen, im Wald, auf der Geest und an der Wattseite.  Als Beispiel sei hier der Punkt 4.43 genannt (Koordinaten 54°42´40´´ N / 8°21´31´´ E), der an der Nordspitze, der Amrumer Odde, steht . Auch gibt es eine kleine Faltkarte, die bei der Amrum Touristik erhältlich ist, auf der alle Notfallpunkte verzeichnet sind.

In Kombination mit Hinweisschildern

Oftmals sind die Notfallpunkte auch mit anderen Hinweisschildern kombiniert, und manchmal ergeben sich hier auch amüsante Variationen. Der Notruf sollte aber immer nur bei tatsächlichen Notsituationen, die Leben und Gesundheit gefährden, gewählt werden. Ein dringender Toilettenbesuch zählt hierzu sicherlich nicht.

Über Peter Totzauer

Dr. med. Peter Totzauer, Facharzt für Allgemeinmedizin, Facharzt für Anästhesie, Notfallmedizin, Spezielle Schmerztherapie, geb. 1954 in Fürth/Bay.,hat, bedingt durch den Beruf des Vaters, als Kind u.a. 4 ½ Jahre in Frankreich gelebt. Abitur 1974 in Köln, Studium der Humanmedizin an der Universität Bonn. Seit 1982 ärztlich tätig, davon viele Jahre als Oberarzt in der Anästhesie und als Leitender Notarzt in Euskirchen. War 2007 für ein halbes Jahr im Rahmen einer „Auszeit“ vom Klinikalltag bei seiner Lebensgefährtin Claudia auf Amrum. Dies hat ihm so gut gefallen, dass er seit Ende 2008 seinen Lebens- und Arbeitsmittelpunkt ganz auf die Insel verlegt hat und hier seit 2010 mit in der „Praxis an der Mühle“ arbeitet. Er hat zwei erwachsene Kinder, sein Sohn ist niedergelassener Physiotherapeut in Neuss, seine Tochter ist Lehrerin an der Öömrang Skuul.

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