Der Winter 2023/24 blieb, wie schon die vorherigen Winter, größtenteils ohne Eis und Schnee. Es gab nur ganz wenige Frosttage, was die Erwärmung des Erdklimas wieder einmal bestätigte. Winter ohne Schnee – aber das einzige Zeichen der Klimaveränderung. Denn im Übrigen hat sich das Klima im Breitengrad von Amrum kaum verändert. Dies wird auch von Amrumer Landwirten und eigenen Beobachtungen aus einem langen Inselleben bestätigt.
Verstärkt wurde das “Gänseproblem” allerdings durch einen ideologisch bedingten Naturschutz, wie er teilweise durch das Nationalparkamt betrieben wurde, indem die Salzwiesen am Wattenmeer von Inseln und Halligen von der Beweidung ausgeschlossen wurden, was verheerende Folgen für die einheimische Vogelwelt, Wildgänse und Wiesenbrüter hatte. Denn das Ende der früher betriebenen Beweidung führte dazu, dass nun einige invasive, ursprünglich landesferne Salzpflanzen wie die Salzquecke und das Schlickgras hoch aufwachsen, so dass hier keine Wildgänse mehr äsen und keine Wiesenvögel mehr brüten können. Denn diese benötigen eine niedrige, übersichtliche Vegetation.

Die Salzwiesen vor Nebel, auf dem “Annland” und vor dem Wattendeich bei Norddorf wurden extensiv als Schafweiden genutzt und waren Lebensraum einer reichen Vogelwelt. Hier gab es mehrere Kolonien der Säbelschnäbler und Lachmöwen sowie zahlreiche Brutreviere von Austernfischern und Rotschenkeln, so wie es von einer Landschaft am Wattenmeer erwartet wird. Aber das Ende der Beweidung hat alle Vögel vertrieben, und die Wildgänse wichen auf die landwirtschaftlichen Weiden aus.
Bemerkenswert: Naturschutzführungen (Vogelkiek) und Naturschutzbeauftragte stehen seit Jahren in jedem Frühjahr vor diesem Problem und melden keine Proteste an. Respekt oder Angst vor den Ideologen im Nationalparkamt? Wie sagte doch ein Amrumer vor einigen Jahren bei einer Nationalparkveranstaltung in der damaligen Wittdüner Nordseehalle: “Naturschutz ja, aber nicht mit diesen Herrschaften, denen wir unsere heimatliche Natur nie und nimmer anvertrauen dürfen!”
Sammeln von Gänseeiern verboten!
Ein weiteres Beispiel, das am Sachverstand “höherer” Naturschutzbehörden zweifeln lässt, ist das Verbot des Gänseeiersammelns im Naturschutzgebiet Amrumer Dünen. Bekanntlich verursachte das Anwachsen der auf Amrum brütenden Grauganspopulation zunehmende Probleme in der Landwirtschaft. Seitens der Behörden wurde dann als Regulierungsmaßnahme das Absammeln der Gelege genehmigt. Im Revier Norddorf wurden deshalb – auch im NSG Dünen – in den letzten Jahren jährlich um die 2000 Eier, entsprechend rund 500 Gelegen – von den Jagdpächtern gesammelt und damit die übermäßige Vermehrung der Graugänse erfolgreich verhindert.

Im Revier Norddorf brüten die meisten Grauganspaare in den Dünen und wandern dann mit ihren Jungen in die Marsch, wobei sie nicht selten das Dorf durchqueren. Nun haben aber Natur- und/oder Jagdbehörden entdeckt, dass die Dünen zum Naturschutzgebiet gehören und hier der unbedingte Vogelschutz einzuhalten ist. Also wurde auch die Gänseregulierung verboten, um die Gesamtnatur nicht zu behelligen. Graugänse beginnen aber lt. Beobachtung von Reinhard Jannen schon im März zu brüten, so dass die erst ab Mai brütenden Möwen, Brachvögel und andere gar nicht gestört werden.
Die Insel der Seevögel

Seit einigen Jahren werden im Frühsommer durch die hiesigen Naturschutzvereine (Öömrang Ferian, Schutzstation Wattenmeer und Verein Jordsand) sowie zahlreiche Helfer im NSG Amrumer Dünen und auf der Odde in der Brutzeit die Möwen und andere Vogelarten gezählt. Die Zahlen bei den Brutpaaren müssen allerdings bei etlichen Arten wesentlich niedriger angesetzt werden. Insbesondere sind die Brutgebiete der Möwen nach Kenntnis des Verfassers immer auch von zahlreichen Nichtbrütern besetzt.
Unter den Möwen weiterhin sehr stark vertreten ist die Heringsmöwe (Larus fuscus). Im NSG Amrumer Dünen wurden 7641 und auf der Odde 1289 Exemplare gezählt. Damit ist die Heringsmöwe unverändert der weitaus häufigste Brutvogel auf Amrum. Aber den Möwen ging es früher besser. Da gab es noch den Wasenplatz mit den Fleischabfällen bei Klööwenhuuch, den offenen Müllplatz dortselbst und den “Discard” der holländischen und deutschen Fischereiflotten, die auf der Amrumbank tätig waren. Die Möwen profitierten von den Abfällen und dem über Bord geworfenen Beifang. Nach dem behördlich verordnetem Verbot dieser durch den Menschen geschaffenen Nahrungsquellen gerieten die Möwen in erhebliche Nahrungsnot. Durch die Markierung von Heringsmöwen wurde ermittelt, dass die Vögel in der Brutzeit teilweise bis nahe Flensburg und Tondern fliegen, um dort Nahrung (Regenwürmer etc.) zu suchen. Und bekannt wurde auch die Zunahme von Kannibalismus in den Kolonien, wo Möwenpaare sogar eigene Eier und Jungvögel auffressen und hochgradig abgemagert sind. Anfang der 1990er Jahre dagegen zogen Heringsmöwenpaare noch zwei, oft sogar alle drei Jungvögel aus einem Gelege groß.

Von der heute an der Nordseeküste häufigsten Möwenart, der Lachmöwe (Larus ridibundus), meldet die Liste für Amrum nur fünf Exemplare. Damit ist diese Art faktisch als Brutvogel von Amrum verschwunden. Ihr Hauptbrutgebiet, die Salzwiesen am Wattufer, sind von hochwachsenden Pflanzen überwuchert, und die Kolonien auf dem Kniepsand wurden von nächtlichem Fuchsbesuch zerstört.
Die Zählung verzeichnet aber 81 Kiebitze (Vanellus vanellus) und verrät damit, dass es sich um eine Anwesenheitszählung, nicht um eine Brutvogelliste handelt. Denn die Brutvögel wurden vom Verfasser 2024 nach intensiver Beobachtung genau gezählt. Wittdüner Marsch und Guskölk jeweils Null, Inselgeest von Norddorf bis Steenodde ebenfalls Null. Nur auf den an das Annland angrenzenden Ländereien konnten zwei (2!) Brutpaare festgestellt werden. Hauptbrutgebiet für Kiebitze war aber seit jeher die Norddorfer Marsch mit früher 60-80 Paaren, in den letzten Jahren immerhin noch mit 8-10 Brutpaaren. Wie schon in den vergangenen Jahren gingen die ersten beiden Bruten durch ein in der Nachbarschaft nistendes Krähenpaar verloren. Aber am 10. Mai 2024 konnten doch immerhin fünf halberwachsene, schon selbständige Jungvögel vermerkt werden.
Bemerkenswert ist auch der bei früheren Zählungen gemeldete Rothalstaucher (Podiceps grisegena) im Kniepsandsee am Hörn. Dieser See bildet sich ausschließlich durch Grund- und Regenwasser und ist in manchen Jahren einige Hektar groß und bis zu einem halben Meter tief. Hier leben aber keine Fische, vielleicht von kurzzeitig vorkommenden Stichlingen abgesehen, die als Laich im Gefieder von Wasservögeln eingetragen werden. Deshalb ist eine Brut nicht möglich, denn der Taucher benötigt Fische als Nahrung.
Ein neuer und ungewöhnlicher Brutvogel auf Amrum ist dagegen der Löffler (Platalea leucoradia). Das Foto einer Drohne zeigt im Langtal der Odde auf und zwischen Holunderbüschen bereits 14 Brutpaare.

Berichte über die Amrumer Brutvogelwelt haben sich in den letzten Jahren immer wieder mit den absonderlichsten Brutplätzen auf der Südspitze befasst – Blumenkübel am Wilmersdorfer Nordseeheim, an der Strandpromenade rund um Wittdün, auf dem nackten Gestein des Fähranlegers, auf dem Dach des W.D.R.-Gebäudes und am belebten Strand an der Paddelstation, die von Austernfischern (Haematopus ostralegus) besetzt wurden, die mit insgesamt 8 Brutpaaren auch eine optimale Besiedlungsdichte vermittelten. Krähen und Möwen wurden dank der Nähe zum Menschen ferngehalten, so dass auch ein überdurchschnittlicher Bruterfolg mit flügge werdenden Jungen erreicht werden konnte. Aber nun haben Möwen und Krähen doch Möglichkeiten zum Beutemachen entdeckt und zusammen mit Sturmfluten und Unwettern (kalter Nordregen) schon im vorletzten und auch im letzten Jahr dafür gesorgt, dass die Anzahl der Brutpaare zurückgegangen und der Nachwuchs beim Austernfischer selten geworden ist.
Die Ausrottung der Singvögel
Im Gegensatz zu den großen und auffälligen Seevögeln sind die kleineren Singvogelarten fast alle aus den Insellandschaften und den Dörfern verschwunden. In den 1960er Jahren wurden noch fast 800 Reviere der Feldlerche auf Amrum notiert. Heute ist die Lerche ein nur noch vereinzelt und zufällig vorkommender Singvogel.

Der kräftige Gesang der Stare, die im Frühjahr unter Einflechtung auch anderer Vogelstimmen in fast jedem Dorfgarten ihr Revier markierten und für die Brut um ein Weibchen warben – verschwunden! Nur in Süddorf ist noch ein Star der Insel treu geblieben. Der Jäger und Naturkenner Gerhard Gerrets (“Geke”) meldete auch 2024 diesen Star, der zunächst allerdings zweimal das “eroberte” Weibchen verlor, vermutlich durch Sperber, sich aber unermüdlich weiter bemühte und am Ende doch noch eine Partnerin für eine erfolgreiche Brut fand.
Ein kleines Paradies für Singvögel ist unverändert auch der ausgesiedelte landwirtschaftliche Hof der Familie Schult. Bis zu 10 Paare des Haussperlings und einige Rauchschwalbenpaare bevölkerten Scheune und Ställe. Ansonsten wurde in Norddorf nur noch am Hotel Seeblick eine fütternde Rauchschwalbe notiert. Früher war das große Gebäude von etlichen Brutpaaren der Rauch- und Mehlschwalben besiedelt.
Besonderheiten
Mitte Juli wimmelte es mehrere Tage lang im Inselhimmel von aufgeregt hin- und herfliegenden Sturm- und Lachmöwen. Früher wurde dies als Vorzeichen eines aufziehenden Unwetters und als Möwenflucht von der See zum Lande gedeutet. Heute wissen wir, dass die beiden Möwenarten hoch in der Luft auf der Jagd nach Ameisen sind, die bei schönstem Wetter Ende Juli/Anfang August mit Flügeln ihre Paarungsflüge betreiben. Ganz plötzlich ist es damit dann wieder vorbei, und der Himmel bleibt leer.
Am 15. Oktober meldete Geke einen Fuchs in der Gegend um Guskölk, und es wurde die Erinnerung an die Verluste unter den Brutvögeln auf Amrum wach, als eine Fuchsfamilie in den Amrumer Dünen während der Brutzeit 1996/97 unterwegs war. Der aktuelle Fuchs konnte aber trotz Fotofallen und Ansitzen an Luderplätzen bis dato nicht wieder bestätigt werden.
Ebenso ließ sich der von Geke Ende Juni gemeldete Rehbock nicht noch einmal sichten. Rehe kommen immer mal wieder von der Nachbarinsel Föhr über das Watt nach Amrum, wechseln dann aber meistens wieder zurück, wenn sie nicht auf Amrum auf der Straße überfahren werden, wie einige Male geschehen. Gelegentlich werden aber auch ertrunkene Rehe am Strand gefunden.
Fast ganzjährig, besonders aber im Herbst, wurden tausende Brandgänse in der Wattenbucht zwischen Norddorf und der Odde gezählt. Aber als Brutvogel ist die früher häufige Brandgans auf der Insel heute unverändert selten, trotz der anwesenden Mengen und dem reichlichen Angebot an Bruthöhlen dank der Wildkaninchen, die seit Jahren durch Myxomatose und Chinaseuche dezimiert werden. Warum brüten die Brandgänse auf Amrum nicht mehr wie früher?
Entenkuhle in der Norddorfer Marsch
In der Norddorfer Marsch befindet sich eine Wasserkuhle, die fast immer von verschiedenen Wildenten besiedelt ist. Die Bevorzugung ist rätselhaft, denn die Kuhle trocknet im Sommer aus, wird nur im Herbst und Winter von Regenwasser gefüllt und ist nicht größer und tiefer als die anderen zahlreichen Tümpel in der Norddorfer Marsch.
Neben den üblichen Stockenten wird die Kuhle im Winterhalbjahr von Pfeifenten bevölkert, die als Vegetarier auf den angrenzenden Wiesen äsen, außerdem werden hier auch Einzelpaare von Löffelenten registriert und im vergangenen Jahr erstmals auch Spießenten, die bis vor ca. 100 Jahren mit fast 90% den größten Anteil an den gefangenen Enten in der Vogelkoje Meerum bildeten. Nach der von den Nazis betriebenen Stilllegung der Vogelkoje verschwanden die Spießenten als Zugvögel weitgehend aus dem hiesigen Wattenmeer, weil sie andere Zugwege und Rastplätze fanden, und sie blieben bis dato im nordfriesischen Watt eine seltene Erscheinung. Auch der Teich der Vogelkoje Meerum wird nur noch vereinzelt aufgesucht. Aber dank ihrer früheren Bedeutung erhielt die Spießente sogar einen inselfriesischen Namen, nämlich “Gräfögel”.
2025 Georg Quedens Urheberrecht beim Verfasser