Amrum wird erobert; lautlos, heimlich und fast unbemerkt. Sie kommen aus Ostasien, Nordamerika und Süd-Afrika. Sie sind in Amrums Wald, in den Dünen und an Straßen- und Wegrändern.
Die Rede ist von verschiedenen Pflanzenarten. Oft sind es altbekannte Arten, die auch in Gärten gepflegt werden und dann verwildern und sich in der Natur ausbreiten. Dies geschieht meist durch die Samenverbreitung durch Wind oder Vögel, aber auch durch unbedachtes Ablagern von Gartenabfällen. Zu diesen Arten zählen unter anderen die Kartoffel-Rose (Rosa rugosa), die Spätblühende Traubenkirsche (Prunus serotina), Topinambur (Helianthus tuberosus), die Kanadische Goldrute (Solidago canadensis), die Vielblättrige Lupine (Lupinus polyphyllus), die Sand-Nachtkerze (Oenothera oakesiana), der Japanische Staudenknöterich (Fallopia japonica), der Schmetterlingsflieder (Buddleja davidii) und das Kaktusmoos (Campylopus introflexus).
Das Problematische an diesen sogenannten gebietsfremden invasiven Arten ist, dass sie heimischen Pflanzen den Lebensraum und Nährstoffe streitig machen, aber auch Schäden an Wegen und Gebäuden hervorrufen und sogar gesundheitsgefährdend sein können. So wächst z.B. in den ausgedehnten Büschen der Kartoffel-Rose kaum eine andere Pflanze, die Spätblühende Traubenkirsche bildet große Teile des Unterwuchses in den Amrumer Wäldern und nimmt anderen Arten Licht und Platz zum Wachsen. In den Amrumer Dünen bedeckt das Kaktusmoos weite Teile und verhindert die Keimung von Gräsern und anderen Pflanzen.
Die Vielblättrige Lupine enthält Alkaloide, die für Weidetiere giftig sind. Der Schmetterlingsflieder und andere für Insekten attraktive Arten bieten zwar vielen Schmetterlingen, Bienen und anderen Bestäubern eine Nahrungsquelle, verhindern aber somit gleichzeitig eine Bestäubung der heimischen Arten. Die Sand-Nachtkerze dringt mit ihren dicken und langen Wurzeln in die Uferbefestigung an der Wittdüner Wandelbahn ein und kann diese dadurch destabilisieren. An einigen Häusern findet sich der Japanische Staudenknöterich, der mit seinen Wurzeln Mauerwerk und dicke Betonwände sprengen kann und im schlimmsten Fall den Abriss der Gebäude nötig macht. Allen Arten ist gemein, dass sie keine oder nur ganz wenige heimische Feinde haben, z.B. Insekten oder Pilze, die sie schädigen und „kurz halten“. Oft sind sie auch sehr schnell wachsend und haben so einen Wachstumsvorteil gegenüber heimischen Pflanzenarten.
Die Bekämpfung solcher Arten ist oft sehr kostenintensiv und erfolgt meist zu spät, so dass eine erfolgreiche Bekämpfung unmöglich ist. Zum Beispiel sind die Kartoffel-Rose und die Spätblühende Traubenkirsche auf Amrum bereits so weit verbreitet, dass eine Bekämpfung aussichtslos ist. Bei der Spätblühenden Traubenkirsche reicht es z.B. nicht, sie nur abzusägen, sie treibt dann im nächsten Jahr umso stärker aus. Sie müsste regelmäßig geschnitten werden und möglichst auch noch chemisch bekämpft werden. Beides ist aus Kosten- und Naturschutzgründen fast unmöglich. Zudem werden die Samen, wie auch die der Kartoffelrose, von Vögeln verbreitet und gelangen so in jeden Winkel der Insel.
Laut Bundes- und Landesnaturschutzgesetz ist die Ausbringung von invasiven Arten in die Natur nicht gestattet bzw. genehmigungspflichtig. Leider gibt es in Deutschland, im Gegensatz zur Schweiz oder Belgien, keine offizielle Liste von invasiven „verbotenen“ Arten. Somit können sie weiterhin im Handel erworben und auch, zumindest in Gärten, angepflanzt werden.
Die Kosten der Bekämpfung und Schäden, z.B. an Wegen und öffentlichen Gebäuden, aber auch in der Natur, trägt dann meist die Allgemeinheit, da die Behörden verpflichtet sind, diese Arten zu bekämpfen.
Mehr Informationen über die Problematik der gebietsfremden invasiven Arten finden Sie z.B. im Internet auf den Seiten des Bundesamtes für Naturschutz (http://www.bfn.de/0302_neobiota.html).
Dr. Thomas Chrobock
Carl Zeiss Naturzentrum Amrum
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