Schade eigentlich, dass der Eingang zum Büro der Firma Arfst Bohn in Wittdün in einem Hinterhof liegt. Denn so sehen nicht alle das besondere Schild neben der Eingangstür: “Partner der Feuerwehr” steht drauf. Weiß auf rotem Grund, mit dem vierteiligen Retten-löschen-bergen-schützen-Logo der Feuerwehr. Alles nicht groß, aber von großer Bedeutung. Denn solch eine Auszeichnung bekommen Betriebe, die der Feuerwehr besonders positiv gegenüberstehen. “Die haben wir schon zu Zeiten unseres alten Chefs bekommen”, sagt Jan Martinen, einer der beiden Geschäftsführer der GmbH. “Arfst Bohn hat hier, was Feuerwehrarbeit angeht, sehr viel toleriert und auch immer aktiv begleitet”, ergänzt sein Geschäftspartner Thomas Oelers. Für solch eine Auszeichnung wird man von der örtlichen Wehr vorgeschlagen, verliehen bekommt man sie vom dann vom jeweiligen Landesfeuerwehrverband – in diesem Fall Schleswig-Holstein.
Auf Amrum haben neben der alt eingesessenen Heizungs- und Sanitärfirma Arfst Bohn noch die AOK-Nordseeklinik und die Wyker Dampfschiffs-Reederei solch eine Ehrung erhalten. Was bedeutet: Großes Mitarbeiter-Engagement in der Feuerwehr, unkomplizierte Freistellung bei Alarm und natürlich auch für Übungsdienste und Fortbildungen. Wenn Mitarbeiter einsatzbedingt ausfallen, kostet das die Firma Geld. Was wiederum über die Amtskasse erstattet werden kann. “Arfst war lange Gruppenführer in Wittdün, der hat nie Stress mit den Abrechnungen gemacht und immer durchbezahlt”, sagt Oelers über die scheinbar nicht überall selbstverständlichen Gepflogenheiten seinen langjährigen Chef Arfst Bohn, der die Firma, die sein Vater 1950 gründete, fast fünfunddreißig Jahre führte. In der Firma sind von 18 Festangestellten derzeit fünf in der Feuerwehr, darunter Norman Peters, der Feuerwehr-Jugendwart (Amrum News vom 14. Juni) – und die beiden Chefs.
Thomas Oelers und Jan Martinen haben das Unternehmen Anfang 2016 als Geschäftsführer übernommen. Oelers, Jahrgang 1966 und noch ein echtes Inselkind, hat dort schon gelernt. Der Zentralheizungs- und Lüftungsbaumeister, der auch seit Jahren für Amrum News und den Inselboten schreibt, ist verheiratet und hat zwei Kinder im Teenager-Alter. Jan Martinen, Jahrgang 1979, “leider nur in Niebüll geboren”, wie er lachend sagt, ist ebenfalls verheiratet und hat eine ganz kleine Tochter. Der Heizungsinstallateurmeister arbeitet seit 2008 in der Firma in der Wittdüner Inselstraße.
Wenn auf der Insel Alarm ist, verlässt also der Busfahrer seinen Bus und die Firma Bohn den Wasserrohrbruch? “Nicht ganz so”, sagen die Chefs. “Wir versuchen dann natürlich, Mitarbeiter zu tauschen. Und für die Jobs, die liegen bleiben, weil einer unserer Leute zum Einsatz muss, jemand kommen zu lassen, der gerade nicht unterwegs ist”, sagt Martinen. “Außerdem gibts Unterschiede”, sagt Oelers. “Eine defekte Wasserversorgung muss trotz Alarm schneller wieder fit gemacht werden als ein leise tropfender Wasserhahn.”
An ein paar Situationen erinnern sich die beiden, wo man es im Betrieb doch gemerkt hat, dass auf der Insel Not am Mann war. Zum Beispiel als in Norddorf vor zig Jahren ein altes Wirtshaus brannte, oder 2013 die Stürme Xaver und Christian tobten. “Während der Stürme haben wir hier die ersten zwei Tage komplett ausgesetzt”, sagt Oelers. 2014 rammte das Fährschiff Adler-Express den Wittdüner Anleger. “Da klingelten hier alle Handys, alle Rufmelder gingen los, da war inselweiter Alarm für alle Rettungskräfte”, sagt Thomas Oelers, der dabei war.
Was in diesem Zusammenhang immer wieder wert ist, erwähnt zu werden: Die Amrumer Feuerwehren werden regelmäßig von den ehrenamtlichen Notärzten der Insel und dem Rettungsdienst vom Kreis Nordfriesland für Unfalleinsätze mit vielen Verletzten geschult. “Das hat sich schon oft ausgezahlt”, sagt Oelers.
Für Jan Martinen waren die Stürme ein Schlüsselerlebnis. Genau so ein Schüsselerlebnis brauche man wohl, damit man mal begreife, wo man noch helfen könne. “Wenns über die Vernunft nicht geht, dann hilft einem vielleicht das”, sagt Martinen ganz selbstkritisch und offen. Während der Stürme sah er, was seine jetzigen Kameraden alles leisteten. “Alle waren unterwegs – nur ich nicht”, stellt er fest und übertreibt bewusst. “Da kommt man sich ja doof vor.” Als ihn dann Lennard Langfeld, damals Ortswehrführer in Nebel, 2014 ermunterte, doch mal bei der Feuerwehr vorbei zu kommen, habe er das gemacht. “Es war echt an der Zeit, was zu tun.”, sagt Jan Martinen.
Die Herren aus dem Gas-Wasser-Installationsbusiness sind natürlich prädestiniert für den Feuerwehr-Job. “Wir kennen viele Häuser, die Anschlüsse, die Nebeneingänge und manchmal wissen wir auch, wenn irgendwo Türen oder Wände versetzt wurden. Gerade wenn wir im Ohne-Sicht-Verhältnis reingehen, ist das natürlich wichtig”, sagt Oelers. “Reingehen, Gashahn zudrehen, natürlich wissen wir, wo der sitzt”, ergänzt Martinen.
Für die beiden ist die Feuerwehr im Moment ein manchmal harter Zusatz-“Job”. Ehrenamt hin oder her. Martinen sagt von sich, er stecke ja noch voll drin, habe gerade erst Truppmann 1 und Atemschützer-Lehrgang gemacht. Und merke natürlich, wie das Ehrenamt nicht immer zusammen geht mit der großen neuen Verantwortung und Strukturierung der frisch übernommenen Firma, dem eigenen Hausbau und dem Leben dabei.
Thomas Oelers war bis Jahresanfang Funkobmann in Wittdün und ist das jetzt nicht mehr, weil Firma und Gesundheit gerade mal vorgehen müssen. Oelers ist seit 27 Jahren bei der Feuerwehr und hat – grob gesagt – alles einmal durch: Gruppenführer 1 und 2, Kettensäge, Atemschutz, technische Hilfe, Schiffsbrandbekämpfung, Maschinist, Sprechfunk. “War zeitlich alles machbar”, sagt er. Auch weil die Grundausbildung und viele technische Lehrgänge auf der Insel stattfinden. An seine Anwerbezeit kann er sich noch erinnern: “Das war irgendein Feuerwehrball, wo Nachbarn und Bekannte so ein bisschen Druck ausgeübt haben”, sagt Oelers und grinst. “Meine drei Kumpels haben sie gleich weichgekocht, ich hab’ immerhin eine Nacht überlegt, aber dann war ich auch drin.”
“Und wenn man erst mal drin ist, dann hat man auch Lust, sich weiterzubilden”, sagt Jan Martinen. Natürlich muss jeder selbst überlegen, wie viel er bereit ist, in dieses Ehrenamt zu stecken. “Klar muss man seine eigenen Grenzen überdenken”, sagt Oelers. “Aber ich kann sie auch in Relation setzen zu dem, was andere an Krankheiten und Schicksalen zu tragen haben. Und manchmal ist das dann echt Jammern auf hohem Niveau.”
Bei der Bandbreite der Feuerwehr-Jobs sehen beide auch Einsatzmöglichkeiten für jedes Alter. “Wer gesund ist und geradeaus laufen kann, kann bei der Feuerwehr ‘was bewirken”, sagt Oelers. Natürlich gehen viele ältere aus dem aktiven Dienst, und jüngere zu akquirieren ist nicht so einfach. “Aber es gibt auch so viel Nebenarbeit, die von wirklich jedem zu leisten ist. Solche Leute brauchen wir”, sind sich beide einig. “Technische Hilfe, Schläuche abrollen … muss ja nicht gleich jeder Atemschützer werden”, sagt Jan Martinen. Tragehilfe, zum Beispiel. Hätten sie gerade kürzlich geleistet, für eine schwere Person, die transportiert werden musste. “Da kam der Sohn raus und hat sich so bedankt, dass wir geholfen haben.” Diesen Zuspruch schätzen beide: Die Anteilnahme der Leute, die Kameradschaft, das Wir-Gefühl. Ist wichtig. “Ich finde es gut, zu einer Organisation zu gehören, wo man helfen kann, und wo du einer von ihnen bist”, sagt Jan Martinen.
Partner der Feuerwehr also. Könnte es eigentlich noch mehr geben. Denn positiv der Feuerwehr gegenüber eingestellt, sind doch bestimmt alle Betriebe auf Amrum. “Wir sind uns ja schon im klaren, dass wir hier alleine sind, wenns brennt”, sagt Thomas Oelers.
Worüber sich beide freuen: Über den neuen Auszubildenden ab 1. September. Den Amrumer Marvin Rehberg. Der ist nämlich in der Feuerwehr.