„Mein Land, das ferne leuchtet…“ Dritte Sommerausstellung in der Nebeler Mühle: Rüdiger Skadow …


Rüdiger Skadow vor der Nebler Mühle

Rüdiger Skadow ist auf Amrum kein Unbekannter. Er lebt und arbeitet im Sommerhalbjahr in Süddorf, im Winter in der Pfalz. Seine Werke schmücken auf der Insel so manche Wohnung und sind regelmäßig im Norddorfer Gemeindehaus zu sehen, seit dem 25. August nun auch zum zweiten Mal in der Nebler Mühle.

Hartmut Schwochow vom Verein zum Erhalt der Amrumer Mühle eröffnete die letzte Sommerausstellung dieses Jahres und wünschte den Gästen der Vernissage viel Spaß beim Anschauen der Bilder, vorzugsweise große Aquarelle in kräftigen Farben, die einen „lebendigen Ausdruck von der Insel- und Halligwelt“ zeigen.

Hartmut Schwochow eröffnet die 3. Sommerausstellung 2019

„Es ist ein beglückendes Gefühl, mich hier in dieser Natur mit dem Suchen zu beschäftigen, was hinter den Dingen steckt“, erzählt der Künstler und zitiert in seiner Ansprache den deutschen Frühromantiker Caspar David Friedrich: „Der Maler soll nicht bloß malen, was er vor sich sieht, sondern auch was er in sich sieht. Sieht er aber nichts in sich, so unterlasse er auch zu malen, was er vor sich sieht.“

Rüdiger Skadow bezeichnet sich selbst als „Spätexpressionist“, orientiert sich an Malern wie Emil Nolde und Max Pechstein. Seine Arbeiten umfassen auch Federzeichnungen, Holzschnitte und Acrylbilder, doch seine wahre Leidenschaft gilt den Aquarellen – und von denen sind 23 in der Mühle zu sehen. Große Formate in leuchtenden Farben, vorwiegend „nass in nass“ mit großer Bewegung lässig gemalt auf grobem Büttenpapier – weiße Aussparungen als Zäsur – und lange Querformate, die sich geradezu anbieten für die im niedrigen Mühlenanbau ausgestellten nordischen Landschaften.

„Wintersonne“

 

„Aquarellfarben sind wie das Wetter hier eine flüchtige Erscheinung, haben Leichtigkeit, Vergänglichkeit. Man muss vorsichtig sein, dass man im richtigen Moment aufhört. Das fällt einem Maler schwer. Doch die Spontanität geht dabei verloren, wenn man nochmal zum Pinsel greift und nacharbeitet“, sagt Rüdiger Skadow, der vor allem auf Amrum und gern draußen malt. „Aufhören, aufhören!“, riefe dann manchmal seine Frau und nehme ihm den Pinsel weg.

Schon als junger Mann hat er begonnen, mit großformatigen Aquarellen zu experimentieren. „Ich liebe das Spontane, Unerwartete an der Aquarelltechnik“, sagt der gebürtige Mecklenburger, der 1960 auf Hiddensee zu malen begann. Er hatte in Cottbus Bildende Kunst bei Hilde Möller studiert, schwerpunktmäßig aber Architektur und Bauingenieurwesen. 1961 floh der 24-Jährige über Stockholm nach Westdeutschland und kam als junger Ingenieur zunächst nach Eckernförde, dann nach Husum – immer auch auf der Suche nach einer neuen Insel, bis er 1963 Amrum für sich entdeckte.

„…mein Land, das ferne leuchtet“

„.Mein Land, das ferne leuchtet“ hat er ganz bewusst eines der Bilder der Mühlen-Ausstellung betitelt und rezitiert die erste Gedichtstrophe aus dem Gesang Weylas in Mörikes Novelle „Maler Nolten“: „Du bist Orplid, mein Land! Das ferne leuchtet; vom Meere dampfet dein besonnter Strand – den Nebel, so der Götter Wange feuchtet.“Die Sehnsuchtsinsel als Motiv. „Mir ist die Farbe ganz von selbst auf’s Papier spaziert“, erzählt Rüdiger Skadow. „Eigentlich ist der Strand auf Amrum ja nicht rot, aber Rot, das ist lebendig, drückt Freude und Glück aus“, und das Dunkle, was da alles am Strand angespült wird, nenne man in Husum tek (friesisch: Seedeich mit Stroh besticken), erläutert der Maler dieses, für ihn eher a-typisch „nass in trocken“ gemalte Aquarell mit dem Amrumer Leuchtturm, das mehr an Pechstein als an Nolde erinnert. Ein „Schlüsselbild“.

Amrum hat Rüdiger Skadow viel zu verdanken.

Was viele Leserinnen und Leser vielleicht gar nicht wissen: Bis Rüdiger Skadow 1993 in den Vorruhestand ging und sich ganz der Malerei widmete, war er leitender Baudirektor des Landkreises Nordfriesland. Als 1971 die Amrumer Südspitze im Wahn der Zeit mit drei Y-Hochhäusern bebaut werden sollte – Skadow war frisch als Kreisbauleiter auf Amrum angekommen – lehnte er diesen Bauantrag ab. Die Y-Hochhäuser in Wittdün wurden dann ebenso wenig gebaut wie das gigantische „Atlantis“-Hochhaus in Westerland, doch der Abriss des schönen, aber unrentabel gewordenen Gründerzeit-Kurhauses auf der Wittdüner Südspitze konnte nicht verhindert werden. „Dafür gab es damals keine Rechtsgrundlage, möglicherweise wäre das heute anders“, meint der ehemalige Kreisbaudirektor.

Skadow ermutigte die Gemeinden, eigene Ortsgestaltungssatzungen zu entwickeln und arbeitete an den Bebauungsplänen mit. Einige Flächen, an denen die Spekulanten bereits Schlange gestanden hatten, wurden aus den B-Plänen wieder herausgenommen. „Mein Anliegen stieß auf Amrum, besonders in Nebel, auf fruchtbaren Boden“, sagt der ehemalige leitende Kreisbaudirektor Nordfrieslands bescheiden, der viel dazu beigetragen hat, dass Amrum nicht so zugebaut wurde wie Sylt. „Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass man damals hier nicht so geldgierig war wie auf Sylt.“

„Stimmig und rund“ sei die Ausstellung, kommentierte die im Alten Pastorat in Nebel ansässige Künstlerin Susanne Jahn. „Rüdiger Skadow schwelgt mit Wonne in reiner Farbe – und das ist stimmig.“

Zu sehen (und käuflich zu erwerben) sind die Aquarelle noch bis zum 25. Oktober 2019 in der Nebler Mühle, täglich von 10.30 Uhr – 13.00 Uhr und 14.30 – 17.00 Uhr, montags bis 16.00 Uhr und sonntags ab 11.00 Uhr.

 

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Über Astrid Thomas-Niemann

Astrid Thomas-Niemann ist gelernte Schifffahrtskauffrau sowie studierte Sprach- und Erziehungswissenschaftlerin. Sie hat viele Jahre als Schifffahrtsanalystin gearbeitet und lebt seit 2015 in Wittdün. Als junge Frau kam Astrid 1981 das erste Mal auf die Insel und besuchte auf Zeltplatz II die Niemanns aus Hamburg, die Amrum seit 1962 urlaubsmäßig die Treue halten, inzwischen bereits in der 4. Generation.

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