Neubau „Haus des Gastes“ in Nebel


Das Haus des Gastes

In den vergangenen Monaten gab es einige Berichte über den Neubau des“ Haus des Gastes“ in Nebel. Nachdem vor einigen Tagen ein ausführlicher Artikel von Georg Quedens über die Historie des Hauses in Amrum News erschien, gab es eine Reihe von Leserbriefen und auch Meinungen auf Internetportalen, die sich teilweise sehr kritisch mit der Entscheidung der Gemeinde Nebel über dem Abriss und Neubau auseinandersetzen.

Das Haus des Gastes wurde 1905 erbaut und hat eine sehr wechselvolle Geschichte. Im Jahr 1986 kaufte schließlich die Gemeinde Nebel das Haus, um dort eine Kur- und Gemeindeverwaltung unterzubringen. Mit einer Grundfläche von 400 qm und einer Nutzfläche von insgesamt 800 qm gab es neben den Verwaltungsräumen einen Tagungsraum, ein Lesesaal, Räume für Kinderbetreuung, öffentliche Toiletten und auch Wohnraum für Saisonkräfte.

In einem Interview erläutert der Nebeler Bürgermeister Cornelius Bendixen die Hintergründe, die zur Entscheidung des Neubaues geführt haben.

Herr Bendixen, seit wann laufen die Planungen rund um das „Haus des Gastes“?

Anfang 2000 gab es erste Planungen für eine Sanierung und Umbau des Hauses. Die sogenannte Projektgruppe M hat damals ein Touristikkonzept für die ganze Insel Amrum erstellt und es kam dabei unter anderem auch heraus, dass das Nebeler „Haus des Gastes“ den Ansprüchen an den Tourismus nicht mehr gerecht wird.

Wie ging es dann weiter?

In den darauffolgenden Jahren gab es viele Diskussionen, wie die Empfehlung der Projektgruppe M umgesetzt werden sollte. Im Jahr 2011 wurde es dann konkreter. Die Gemeinde beauftragte Untersuchungen, um die beste Lösung zu finden:  eine Sanierung, ein kompletter Neubau oder eine Sanierung mit Teilneubau. Im Jahr 2012 wurde dann der Beschluss gefasst das Gebäude zu sanieren und einen Teilneubau zu errichten.  Es wurde ein Finanzrahmen von 2,4 Mio. € hierfür veranschlagt.

Warum wurde diese Entscheidung der Gemeindevertretung dann nicht umgesetzt?

Nach der Entscheidung für eine Sanierung mit Teilneubau begannen die detaillierten Umbau- und Sanierungsplanungen. Leider stellte sich heraus, dass die Substanz des Gebäudes deutlich schlechter war als angenommen. Auch die Berücksichtigung von neuen Brandschutzrichtlinien und insbesondere der behindertengerechte Zugang zu allen Räumlichkeiten des 3-geschossigen Gebäudes war deutlich aufwendiger als angenommen. Von Oktober 2012 bis Oktober 2013 erhöhten sich die Kosten von angenommenen 2.4 Mio. € schrittweise auf 3.5 Mio. €, dann 4.2 Mio. € und schließlich auf 5.5 Mio. €.

Wann wurde beschlossen von einer Sanierung abzusehen?

Im Oktober 2013 hat der Gemeinderat dann beschlossen, dass eine Sanierung aus wirtschaftlichen Gründen zu aufwendig ist und das Projekt wurde gestoppt.

Wann begannen dann die Planungen für einen Neubau?

Natürlich war mit der Entscheidung, die Sanierung nicht durchzuführen, das Problem nicht gelöst. In den darauffolgenden Jahren wurden die baulichen Defizite des vorhandenen Hauses mehr und mehr deutlich. 2018 fasste die Gemeindevertretung dann den Beschluss für einen Neubau.

Hat Denkmalschutz für das Gebäude bei all den Planungen eine Rolle gespielt?

Das Gebäude wurde vom Landesamt für Denkmalschutz nicht als ein Denkmal eingestuft, daher gab es von der Behörde keine Bedenken gegen einen Abriss. Ein Neubau ist jedoch im Umgebungsschutzbereich denkmalrechtlich genehmigungspflichtig.

Gibt es schon Vorstellungen wie das neue „Haus des Gastes“ aussehen soll?

Wir sind uns bewusst, dass das Haus des Gastes ein Stück Nebeler Geschichte ist. Der Baustil des Hauses und der exponierte Standort unten am Watt neben der Kirche sind schon etwas Besonderes. Wir haben daher auch vorab mit allen an der Genehmigung beteiligten Behörden gesprochen, um die Ausschreibung für den Architektenwettbewerb so exakt wie möglich zu definieren. Es war uns wichtig, dass sich die Architekten vor Ort ein genaues Bild von der Umgebung machen können. Von den über 100 eingereichten Vorschlägen waren fast die Hälfte der Architekten vor Ort und haben sich mit den Gegebenheiten vertraut gemacht.

Was genau sieht die Ausschreibung dafür vor?

Der Charakter des Gebäudes soll sich an die örtlichen und kulturellen Gegebenheiten anpassen. Die Themen Kultur, Heimat, Natur und Wattenmeer sollen sich konzeptionell in der neuen Architektur wiederfinden. Mit dem Neubau sollen auch die parkartigen Außenanlagen durch eine maßvolle Überarbeitung aufgewertet bzw. dem Bedarf angepasst werden. Der Baumbestand soll möglichst beibehalten werden. Die Größe des neuen Gebäudes ist vergleichbar mit der heutigen. Es ist ein Finanzrahmen von max. 4 Mio. € vorgegeben.

Welche Kriterien wurden hinsichtlich der Nutzung des neuen Gebäudes festgeschrieben?

Die Gemeinde Nebel plant mit dem Neubau des Hauses des Gastes, den Treffpunkt und Veranstaltungsort für das touristische und kulturelle Angebot weiter auszubauen und noch attraktiver zu gestalten.  Neben den Räumlichkeiten für die Gemeinde- und Tourismusverwaltung sind folgende Nutzungen vorgesehen:

  • Veranstaltungsraum mit kleiner Bühne
  • Leseraum/multimedialer Raum
  • Kinderbetreuung
  • Servicecenter Frontoffice/Backoffice
  • Künstlergarderobe
  • Café/Bistro
  • öffentliches WC / barrierefrei

Wie sieht der Zeitplan für den Architektenwettbewerb aus?

Eigentlich war vorgesehen, dass wir schon im April die 1.Phase des Wettbewerbes abschließen. Das hat sich durch die Coronakrise etwas verzögert. Das Expertenteam wird nun Anfang Juni 8-12 Vorschläge aus den über 100 eigereichten Entwürfen auswählen. Diese Vorschläge müssen dann konkreter ausgearbeitet werden und Anfang September wird dann der Sieger bekanntgegeben.

Herr Bendixen, vielen Dank für die Informationen.

 

 

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Über Ralf Hoffmann

Ralf Hoffmann wurde 1955 in Schleswig geboren und zog mit seinen Eltern und Geschwistern 1962 nach Amrum. Nach dem Abitur in Niebüll studierte Ralf Luft und Raumfahrttechnik in Berlin. Die ersten 6 Berufsjahre verbrachte er als Entwicklungsingenieur bei VW und danach wechselte er als Aerodynamischer Entwicklungsingenieur zu Ford nach Köln. Als Leiter der Aerodynamischen Entwicklung für Ford Europa und die letzten 15 Jahre als Manager Aerodynamik und Motor- und Komponentenkühlung war er weltweit verantwortlich und viel unterwegs, um die jeweiligen Prototypen unter Hitze und Kälte zu testen. Nach all den Jahren auf dem Festland sind Ralf und seine Frau Karin nun wieder nach Amrum zurückgekehrt.

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4 comments

  1. Seit fast 40 Jahren kommen wir nach Amrum. Wenn jetzt dieses tolle historische Gebäude abgerissen werden soll, fehlt uns ein wertvolles Stück Insel. Es ist mir unbegreiflich warum man dieses Gebäude nicht erhalten will. Zwischen den Kosten eines Neubau, der jetzt veranschlagt ist mit 4 Mio., wobei dies erst eine Schätzung ist und der Restaurierung ist der Unterschied so groß auch nicht mehr. Warum lassen Sie die Bürger und Gäste nicht darüber abstimmen ?? Schauen Sie sich doch die Nachbarinsel an, wie dort “Neubauten” den Charakter der Inseln verunstaltet !

  2. Hallo Amrum, sehr geehrter Leser.
    Ich habe mich zum 1 Bericht schon geäußert und auch diesmal bin ich verwundert zugleich verwirrt. Was die Kosten betrifft und deren höhe liegt auch an der Beschaffung des Materials was teuer transportiert werden muss. Dennoch wie Paul schon sagt, zwischen modernisieren und Neubau liegen Preise die nicht mehr weit auseinander gehen.

    Schade für Amrum, Nebel und den Urlaubern die ein Original vermissen werden.

    MfG Th Zeutzem

  3. Ich komme jetzt seit 24 Jahren nach Amrum und kann verstehen, das es Menschen gibt die an alten Gebäuden hängen. Die Sanierungskosten von solchen Gebäuden lässt sich aber nicht so genau planen und steigen oft erst während der Bauphase wegen unerwarteter Probleme. In den letzten Jahren war ich nur dort um mir den Gezeitenplan und die Veranstaltungsheftchen zu holen. Also höchstens 5 Minuten pro Woche. Man muss auch mal vorwärts schauen und nicht immer nur am Alten festhalten. Ich freue ich mich auf ein neues Zentrum für die Touristen. Ein Ort für kleine Veranstaltungen, der auch für meine inzwischen gehbehinderte Mutter gut zu besuchen ist. Auch die barrierefreie Toilette finde ich sehr wichtig.

    Viele Grüße
    Iris Fromm

  4. Hanne Gloger

    Ich hätte eine Sanierung – vielleicht mit Teilneubau – auch seeeeehr begrüßt. Meine Lieblingsinsel Amrum und dieses traditionsreiche Gebäude kenne ich seit mehr als 30 Jahren. Sehr viele Veranstaltungen haben wir im Haus des Gastes besucht. Ich würde es wirklich bedauern, wenn dieses Gebäude weichen müsste. Bitte denken Sie nochmal nach … was weg ist, ist weg.
    Viele Grüße – und hoffentlich bis bald mal wieder
    Hanne Gloger

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